Am ersten Tag der Diözesanratsvollversammlung am 16. Oktober in Spectrum Kirche Passau-Mariahilf ging es zentral um die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Pfarreien und Seelsorge im Bistum Passau. Diesbezüglich forderten die Ratsmitglieder klare und einheitliche Leitplanken für das Pfarrleben.
Das „Pilgernde Volk Gottes“, das im Mittelpunkt der Herbstvollversammlung des Diözesanrates der Katholiken im Bistum Passau am Wochenende im Spectrum Kirche in Passau-Mariahilf gestanden ist, fühlt sich von der Diözesanleitung in der Corona-Krise weitgehend alleingelassen. Das machten viele Laienvertreter im ersten Teil der Tagung im Beisein des Bischofs unverblümt deutlich. „Die Situation hat keiner von uns je gekannt“, verteidigte Dr. Stefan Oster die Vorsicht der Bistumsspitze in Anlehnung an die gesetzlichen Auflagen. Wie Generalvikar Josef Ederer bekanntgab, dürfen Gräbersegnungen an Allerheiligen nach aktuellem Stand stattfinden, allerdings ausnahmslos mit der Pflicht zum Tragen von Mund-Nasen-Masken.
Bemängelt wurde von Versammlungsteilnehmern vor allem die von Pfarrei zu Pfarrei vielfach uneinheitliche Handhabung der Vorsichtsmaßnahmen zur Eindämmung des Corona-Infektionsgeschehen. Helmut Degenhart aus Pocking beispielsweise empfand es als störend, dass Fronleichnam in seiner Heimatpfarrei komplett ausgefallen ist. Schon während des einleitenden Aufbrechens zu Orten des Lebens in fünf Gruppen rund um das Tagungszentrum hatte sich der Wunsch nach vom Bistum bereitgestellten Leitplanken zur Orientierung während der Pandemie herauskristallisiert – gerade auch im Hinblick auf die Kinder und Jugendlichen, die sich angesichts des von der Virus-Abwehr geprägten Geschehens oft fragten, „kommt da noch was anderes als Corona.“
„Wir haben uns gefreut, als die Kirchentür wieder ein bisschen aufging“, hieß es – auch im übertragenen Wortsinn – bei der Analyse der Gruppen-Ergebnisse zu Oberbegriffen wie Freude, Hoffnung, Trauer oder Angst. Zum Ausdruck gebracht wurde große Enttäuschung darüber, wie schnell eine Gemeinschaft wegbricht, aber auch die Erkenntnis, dass Glaube Gemeinschaft braucht. Gerade in der Krise sollte die Kirche noch stärker und klarer sein. Eine Art „Beerdigung auf Schmalspur“ wurde als äußerst schmerzlich empfunden, ebenso die oft gegenwärtige Angst, Fehler zu machen, zum Beispiel durch die Befürwortung des Allerheiligen-Gräbergangs in herkömmlicher Form mit der Gefahr, dabei einen neuen Hotspot zu schaffen. Seit Freitag ist dies gottseidank kein Thema mehr. Zur Sprache kam auch die Befürchtung, dass es sich viele Menschen während der Coronazeit abgewöhnten, sonntags in die Kirche zu gehen.
„Not macht erfinderisch“, zitierte der Passauer Theologie-Professor Dr. Dr. Peter Fonk am Ende seines Impulsreferates ein allgemein bekanntes Sprichwort und ermutigte die Laienvertreter dazu, auch die Möglichkeiten zu sehen, welche Corona für die Kirche eröffne. Sein Wunsch an die Vollversammlung des Diözesanrates zielte im Beisein von Jonas Dembélé von Kayes in Mali darauf hin ab, den vom II. Vatikanischen Konzil vorgezeichneten Weg weiterzugehen und zu entdecken, welche Vielfalt in der Kirche tatsächlich besteht. „Der Kirche ist keine Siegesgeschichte verheißen, wohl aber der Beistand jenes Gottes, der in allen Höhen und Tiefen bei seinem Volk bleibt und dessen besondere Zuneigung den Armen und Bedrängten gilt“, sagte Fonk unter Hinweis auf Matthäus 28 („Ich bin bei Euch alle Tage“).
In seiner Predigt während des Abendgottesdienstes sah Bischof Oster in Auslegung des Lukas-Evangeliums mit der Mahnung Jesu an seine Jünger, sich vor Heuchelei zu hüten, die Corona-Krise auch als eine „echte Chance“, Freundschaft mit dem Herrn zu schließen, authentischer zu werden und zu lieben und vielleicht neue Freunde fürs Leben zu finden. „Angstfreiheit im Umgang mit Menschen wächst mir von Gott zu“, formulierte der Bischof als eine eigene persönliche Erfahrung. Überwindung von Heuchelei führe zu einer Reife, „die uns zu Menschen macht“, fügte Oster hinzu.
In der Diskussionsrunde unter Moderation von Diözesanratsvorstandsmitglied Hans Käser hob er hervor: „Die Mitte ist unser Glaube.“ Der Bischof verwies auf die Mission der Christen, Christus zu verkünden anstatt in erster Linie gesellschafts- und systemrelevant zu werden. Mehr Kommunikation mit den Ehrenamtlichen vor Ort, dazu „Best-Practice“-Vorschläge für die Corona-Phase gab Diözesanratsvorsitzender Markus Biber den Verantwortlichen des Bistums als Arbeitsaufträge zum Abschluss des ersten Teils der Tagung mit.
Text + Fotos: Bernhard Brunner