Der Lebenslauf von Papst em. Benedikt XVI.
Joseph Ratzinger erblickte als drittes Kind der Eheleute Josef und Maria Ratzinger in Marktl am Inn das Licht der Welt. Am 16. April 1927, einem Karsamstag, wurde er hineingeboren in ein einfaches und bescheidenes Leben.
Kindheit und Jugend – Auf Wanderschaft zwischen Inn und Salzach
Seine Kindheit war geprägt von einer liebevollen und tief gläubigen Familie. Er erlebte ein “freudiges, farbiges, menschliches Christentum”, erinnert er sich in seiner Autobiographie “Aus meinem Leben”.
Schon wenige Stunden nach der Geburt am 16. April 1927, einem Karsamstag, taufte ihn Kaplan Josef Stangl in der Pfarrkirche St. Oswald auf den Namen “Joseph Aloisius Ratzinger” mit dem eben geweihten Osterwasser. In seinem Buch “Aus meinem Leben” schreibt der Heilige Vater: “Der erste Täufling des neuen Wassers zu sein, wurde als eine bedeutsame Fügung angesehen”. Dass sein Leben so von Anfang an ins Ostergeheimnis eingetaucht gewesen war, hat ihn immer mit Dankbarkeit erfüllt. Damit verbindet sich die Taufe und der Taufstein mit der Taufkirche St. Oswald. 1965 war das Taufbecken wegen eines Umbaus aus der St.-Oswald-Kirche entfernt worden. Jahre später, 1991, übergab der damalige Pfarrer Alois Jordan den Taufstein dem Heimatbund. Er wurde im Heimatmuseum ausgestellt und für die Öffentlichkeit aufbewahrt. Am Ostersonntag 2006 war dieser nun so bedeutende Taufstein in die Kirche St. Oswald zurückgebracht und mit einer Taufe wieder der ursprünglichen Bestimmung zugeführt worden.
Der Vater, ein Gendarm, wurde wiederholt versetzt. 1929 zog die Familie nach Tittmoning an der Salzach, wo Joseph im Alter von drei Jahren den Kindergarten im ehemaligen Augustinerkloster besuchte. Ende 1932 führte die Familie ein weiterer Umzug nach Aschau am Inn. Der fünfjährige Joseph besuchte dort die Schule und empfing in der spätgotischen Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt die erste Heilige Kommunion. Zusammen mit Bruder Georg erhielt er im nahe gelegenen Kloster Au Klavierunterricht bei den Franziskanerinnen. Bis heute verbindet die Brüder die gemeinsame Liebe zur Musik.
Nach der Pensionierung des Vaters zog die Familie nach Traunstein, wo sie ein kleines Bauernhaus erwarb. Als Zwölfjähriger folgte Joseph seinem Bruder Georg in das Traunsteiner Studienseminar St. Michael, “mit großen Erwartungen”, wie er in seiner Autobiographie schreibt. In dem besonders der Förderung von Priesterberufen ausgerichteten Studienseminar begann für die beiden Brüder der Weg zum Priestertum.
Im Schatten des Dritten Reichs
Joseph Ratzinger war 16 Jahre alt, als er die Zerstörung der bayerischen Landeshauptstadt München miterlebte. 1943 war er mit den anderen Seminaristen als sogenannter Flakhelfer eingezogen worden. Kurz vor Kriegsende entschloss sich Ratzinger “nach Hause zu gehen”, wie es in seiner Autobiographie heißt. Er beging damit Fahnenflucht und war sich der Gefahr, die ihm deswegen drohte, durchaus bewusst. Zwei Soldaten, „die auch den Krieg satt hatten“, ließen Joseph, der am Arm verwundet war, laufen. Er geriet in amerikanische Kriegsgefangenschaft, ehe er am 19. Juni 1945 „überglücklich den Entlassungsschein in Händen hielt“, mit dem das Kriegsende auch für ihn Wirklichkeit wurde.
Vom Seelsorger zum Professor und Kardinal
1946 begann Joseph Ratzinger sein Theologiestudium, zunächst an der Philosophisch- Theologischen Hochschule in Freising, dann an der Universität München. Am 29. Juni 1951 empfing er zusammen mit seinem Bruder Georg und 38 weiteren Diakonen durch Kardinal Michael Faulhaber die Priesterweihe. Nach kurzer aber intensiver seelsorgerischer Tätigkeit in Münchner Stadtpfarreien entschloß er sich zu einer wissenschaftlichen Laufbahn. Er promovierte 1953 mit einer Arbeit zum Thema “Volk und Haus Gottes in Augustins Lehre von der Kirche”. Vier Jahre später, mit 30 Jahren, wurde er Professor für Dogmatik an der Philosophisch-Theologischen Hochschule in Freising. In seiner akademischen Laufbahn lehrte er an den Universitäten in Bonn, Münster, Tübingen und Regensburg.
1962 begleitete der junge Theologieprofessor Ratzinger den Kölner Kardinal Josef Frings zum II. Vatikanischen Konzil und wurde zu einem der bedeutenden Konzilsberater und Konzilstheologen. Am 25. März 1977 ernannte Papst Paul VI. den Regensburger Theologieprofessor und international renommierten Theologen zum Erzbischof von München und Freising und damit zum Nachfolger von Kardinal Julius Döpfner. Im Münchner Liebfrauendom wurde er am 28. Mai 1977, einem Samstag vor dem Pfingstfest, zum Bischof geweiht. Als Leitspruch wählte er ein biblisches Wort: „Cooperatores veritatis — Mitarbeiter der Wahrheit“. Am 27. Juni 1977 nahm ihn Papst Paul VI. in das Kardinalskollegium auf.
Der Ruf nach Rom
Am 25. November 1981 berief ihn Papst Johannes Paul II. als Kurienkardinal nach Rom und ernannte ihn zum Präfekten der Römischen Glaubenskongregation. In dieser Aufgabe war er mehr als zwei Jahrzehnte einer der engsten Mitarbeiter des Papstes. In seiner Amtszeit erschien auch der neue Katechismus der katholischen Kirche, eine prägnante Zusammenfassung der katholischen Glaubenslehre, die weltweit zum Bestseller wurde. Von 2002 bis 2005 war er auch Dekan des Kardinalkollegiums.
Habemus Papam
Am 19. April 2005 wählten die wahlberechtigten Kardinäle den Kardinaldekan Joseph Ratzinger zum Nachfolger des am 2. April 2005 verstorbenen Papstes Johannes Paul II. Der 265. Nachfolger des heiligen Petrus nahm den Namen Benedikt XVI. an. Weltweit löste die Nachricht große Zustimmung und Anerkennung aus, besonders in Deutschland auch Freude und Hoffnungen. Nach 482 Jahren gab es damit wieder einen Deutschen auf dem Stuhl Petri.
„Sie ist mein Zuhause, meine große Familie, und insofern bin ich ihr in Liebe verbunden, wie man einer Familie verbunden ist.”
Der neue Papst hat bereits in seinen ersten Äußerungen klargemacht, dass er das geistige und geistliche Erbe von Johannes Paul II. fortführen wird. Mit seiner am 25. Dezember 2005 veröffentlichten ersten Enzyklika “Deus caritas est – Gott ist Liebe” setzte er eigene Akzente, die international ein großes positives Echo fanden.
Der Papstname Benedikt
Benedikt ist nicht nur der Name des neuen Papstes, sondern auch ein Programm. Übersetzt bedeutet benedictus “der Gesegnete”. Mit der Entscheidung für diesen Namen signalisierte der Papst, an welche Traditionen er anknüpfen will. Der Name erinnert zunächst an den großen Ordensmann, den Vater des abendländischen Mönchtums und Patron Europas, den heiligen Benedikt, und das von ihm in der Benediktusregel grundgelegte “Ora et labora – Bete und Arbeite”.
Die bayerische Heimat des Papstes ist ein vom Wirken des Benediktinerordens geprägtes und gesegnetes Land. Der letzte Papst dieses Namens, Benedikt XV. (1914−1922), bemühte sich während des Ersten Weltkrieges um Frieden und Versöhnung. Er war ebenso ein Mahner zu sozialen Reformen. Vor 90 Jahren, mitten im Ersten Weltkrieg, erhob Benedikt XV. auf Bitten des bayerischen Königs Ludwig III. und Königin Maria Theresia die Gottesmutter Maria zur Hauptpatronin ganz Bayerns. Seit dieser Zeit wird das Fest der “Patrona Bavariae” gefeiert.
Der Papst in seiner Heimat
Von 9. bis 14. September 2006 besuchte Papst Benedikt XVI. seine bayerische Heimat. Hunderttausende begrüßten den Papst in München, Altötting, Marktl und Regensburg. Gerade der 11. September, mit dem Besuch in Altötting und Marktl war für den Papst ein Tag der Rückkehr zu den ganz persönlichen Wurzeln. Wie in einer großen Familie hießen ihn etwa 60 000 begeisterte Gläubige auf dem Kapellplatz und den anliegenden Plätzen von Herzen “daheim” willkommen. Das Gebet in der Gnadenkapelle, die Eucharistiefeier auf dem Kapellplatz, das Verweilen vor dem eucharistischen Herrn in der neuen Anbetungskapelle und die Vesper in der Basilika: Altötting scheint im Rückblick der geistlich-spirituelle Focus der gesamten Pastoralreise gewesen zu sein.
Für den Ort Marktl war der Besuch des Papstes ein außergewöhnliches Ereignis. Benedikt XVI. betrat die Pfarrkirche St. Oswald, in der er am noch am Geburtstag, 16. April 1927 – einem Karsamstag – im Sakrament der Taufe die Gemeinschaft des Glaubens aufgenommen worden war und betete zusammen mit seinem Bruder Georg am Taufstein. Die Taufe mit dem neu geweihten Osterwasser deutete die Familie als besondere Fügung. Dass sein Leben so von Anfang an ins Ostergeheimnis eingetaucht gewesen war, hat den Papst immer mit Dankbarkeit erfüllt.
Rücktritt
Ein historisches Ereignis — Am 11. Februar 2013 hat Papst Benedikt überraschend seinen Rücktritt vom Amt als Papst und Bischof von Rom zum 28. Februar 2013 verkündet. Dass ein Pontifex nicht durch den Tod aus dem Amt scheidet, hat es seit 1294 nicht mehr gegeben. Den Rücktritt gegründete er mit seinem fortgeschrittenen Alter und der damit verbundenen schwindenden Kraft.
Papst Benedikt XVI in seiner Erklärung bei seinem Rücktritt: „Liebe Mitbrüder, ich danke euch von ganzem Herzen für alle Liebe und Arbeit, womit ihr mit mir die Last meines Amtes getragen habt, und ich bitte euch um Verzeihung für alle meine Fehler.“
Tod
Aufgrund der sich zunehmend verschlechternden Gesundheit Benedikts XVI. rief Papst Franziskus bei seiner Generalaudienz am 28. Dezember 2022 dazu auf, für den emeritierten Papst zu beten, da dieser „sehr krank“ sei. Der gesundheitliche Zustand verschlechterte sich laut Berichten aus dem Vatikan in den folgenden zwei Tagen immer mehr und lebenswichtige Körperfunktionen waren immer stärker eingeschränkt, so dass Benedikt am 31. Dezember 2022 um 9:34 Uhr im Alter von 95 Jahren im Kloster Mater Ecclesiae in der Vatikanstadt, wo er rund zehn Jahre lang zurückgezogen gelebt hatte, verstarb.
So wie sein Vorgänger Johannes Paul II. wurde auch der Leichnam Benedikts in einem roten Messgewand und mit bischöflicher Mitra auf dem Kopf vor dem Hauptaltar des Petersdoms und der sogenannten „Confessio“ aufgebahrt. An seiner Seite hielt die päpstliche Schweizergarde Ehrenwache. Bereits am 1. Januar 2023 wurde Benedikts Leichnam einen Tag lang in der Kapelle seiner langjährigen Residenz „Mater Ecclesiae“ in den Vatikanischen Gärten aufgebahrt, damit dort alle Vatikanmitarbeiter und Vertraute in Stille Abschied von ihm nehmen konnten.
Das feierliche Requiem fand am 5. Januar 2023 unter der Leitung von Papst Franziskus und mit rund 50.000 Gläubigen auf dem Petersplatz statt. Im Anschluss wurde Benedikt im kleinen Kreis und unter Ausschluss der Öffentlichkeit in das ehemalige Grab seines Vorgängers, Johannes Paul II., gelegt. In den vatikanischen Grotten beerdigt zu werden entsprach seinem letzten Wunsch.