Ende Januar 2020 wurde der erste Corona-Fall in Deutschland bestätigt. Ein Mann hatte sich bei einer Arbeitskollegin aus China angesteckt. Nach und nach breitete sich die Bedrohung auf ganz Deutschland und die Welt aus. Am dritten März 2020 wurde dann der erste Fall in Niederbayern bekannt. Seitdem führt Corona zu einem steigenden Ansturm auf die Seelsorger und Beratungsstellen auch im Bistum Passau.
Tote und schwerstkranke Menschen, Insolvenzen, bedrohte Existenzen, Kurzarbeit, Quarantäne, Schließung von Schulen und Kindergärten, Reise- und Kontaktverbote, eingeschränktes Glaubensleben, Einsamkeit, Angst und Verzweiflung – Lockdown. Die Liste der Begriffe in Verbindung mit der Coronapandemie könnte noch lange fortgesetzt werden. Corona hat das Lebensgefühl der Menschen, die ganze Gesellschaft tiefgreifend verändert. Der Druck steigt – nach über einem Jahr im Ausnahmezustand stellen sich viele Fragen wie: Gesundheit und Sicherheit oder Freiheit und Wirtschaft? Welche Auswirkungen hat die Krise auf die Menschen? Wie sieht das „Danach“ aus, wenn es denn endlich kommt? Und auch wenn mit Impfstoffen ein Licht am Tunnel in Sicht ist, ist die Verunsicherung weiter groß. Was die Menschen in der Coronakrise bewegt, dass bekommen die Seelsorger im Bistum Passau seit mittlerweile einem Jahr tagtäglich widergespiegelt.
„Corona verstärkt die Wahrnehmung der Themen!”
Telefonseelsorge
In der Telefonseelsorge im Bistum Passau gehen jährlich über 20.000 Anrufe ein. Allein im letzten Jahr ist ein Anstieg der Beratungsgespräche um ca. 10 Prozent zu verzeichnen. Der rettende Anker für die Anrufer: die über 90 Mitarbeiter der Telefonseelsorge. Abwechselnd sind sie 24 Stunden am Tag und 365 Tage im Jahr im Einsatz — kostenlos und ohne Zeitbegrenzung. Die Nummer lautet: 0800 / 111 0 222
Im Interview spricht der Leiter der Telefonseelsorge im Bistum Passau, Pater Ludger Werner, über das Angebot und den Bedarf in Coronazeiten.
Ihnen entgeht ein toller Beitrag!
In Passau wird die Telefonseelsorge von der Diözese Passau getragen und unterstützt. Sie besteht seit 1975. Der damalige Bischof Antonius Hofmann und der frühere Dompfarrer Franz Kufner haben sie mit ins Leben gerufen. Wer ehrenamtlicher Mitarbeiter bei der Telefonseelsorge werden will, muss eine etwa ein Jahr lang dauernde Ausbildung machen. Interessierte können sich bei der Telefonseelsorge melden. Neue Helfer werden laufend gesucht.
„Was macht das alles mit den Menschen?“
Mit einer Online-Umfrage von Juli 2020 bis Januar hat der emeritierte Wiener Pastoraltheologe Prof. Paul Zulehner Antworten auf die Frage gesucht. Mehrere Tausend Antworten aus allen Kontinenten sind für ihn Zumutung und Ermutigung zugleich für die Verantwortlichen des öffentlichen Lebens ebenso wie für die einzelnen Menschen. Für den Altöttinger Liebfrauenboten und das Passauer Bistumsblatt hat Zulehner seine Erkenntnisse exklusiv in der aktuellen Ausgabe zusammengefasst. Hier heißt es u.a.: „Solounternehmen, Familienbetriebe oder Kunstprojekte stehen vor dem Aus. Viele Menschen sind auf Kurzarbeit gesetzt, andere haben ihren Arbeitsplatz verloren oder hegen begründete Angst davor. Die revolutionäre Informatisierung, welche wie einst die Industrialisierung zu einem Umbau des gesellschaftlichen Gefüges führen wird, wurde in der Zeit der Pandemie beschleunigt. Bundeskanzlerin Angela Merkel vermerkte am 26.10.2020, dass eine soziale Frage auf uns zukomme. Sie wird den reichen Ländern viel abverlangen. Die Sorge ist groß, dass Kinder und Jugendliche, die durch den Lockdown der Schulen trotz Homeschooling in ihrer Bildung beeinträchtigt sind, über Generationen hinweg mit unserem Schuldenberg werden leben müssen“, so der Experte Prof. Zulehner. (Das ganze Interview können Sie in den aktuellen Ausgaben des Altöttinger Liebfrauenboten und des Passauer Bistumsblattes nachlesen).
Hier ein Bericht über einen Online-Vortrag des Experten bei der KEB
Schulpastoral
Was macht die Krise mit der nachfolgenden Generation? Welche Sorgen und Ängste haben Schulkinder und Jugendliche? Dass der Bedarf an Psychotherapien für Kinder und Jugendliche seit der Pandemie angestiegen ist, zeigt auch der aktuelle Arztreport der Barmer-Krankenkasse. Bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen bis einschließlich 24 Jahren stiegen die Zahlen für die Akutbehandlung sowie die Anträge etwa für die erstmalige Therapie in 2020 um sechs Prozent, heißt es dort. Distanzunterricht, keine Treffen mit Freunden, keine Party – was das für Auswirkungen hat, darüber sprechen wir mit Michael Schwaighofer, er ist Lehrer und in der Schulpastoral an der Mittelschule Vilshofen tätig.
„Ich befürchte ja, ich hoffe nein!”
Ihnen entgeht ein toller Beitrag!
Erdmute Fischer ist Referentin in der Schulpastoral, sie beschreibt die Rückmeldungen von Kolleginnen und Kollegen so: „…viele erzählen, dass Probleme auftauchen, die vorher nicht so sichtbar waren, da die Schüler vor Corona den Tag über ja „außer Haus“ gewesen sind, nämlich in der Schule. Nun schlagen aber neben den gegebenen Ängsten bzgl. Corona auch Probleme auf, die unterschwellig schon da waren. Auch darf man nicht vergessen, dass es Todesfälle gibt und für die Schülerinnen und Schüler, nicht wie gewöhnlich, eine Schulfamilie und die sichtbaren Lehrer da sind, die dies auffangen.“ Dann haben wir Kolleginnen und Kollegen, die versuchen mit aufmunternden Angeboten und Ideen die Schulfamilien zu unterstützen, so die Referentin. „Virtuelle Räume für Impulse, Meditationen werden erstellt. Mit Projekten wird versucht ein Halteseil durch diese Zeit zu schaffen. Wie schön ist es doch, einmal was Anderes als die „Haus-Aufgaben“ zu machen, etwas, das Spass macht, das Freude bringt. Eine Kollegin hat die Kinder aufgefordert ein lachendes Bild zu malen oder Foto zu machen und hat damit einen kleinen Film zusammengestellt, den jeder in der Schule sehen kann. Dann haben so manche Kinder wie auch Eltern gesagt — bei diesem Video ging die Sonne im Herzen auf“.
Allein – aber nicht einsam?
Hier eine Online-Veranstaltung der KEB: Seelsorger stehen Menschen bei, die Ängste haben oder Trost suchen. Doch wie kann man menschliche Nähe geben, während Abstandhalten so wichtig ist, um das Coronavirus einzudämmen? Krankenhaus-Seelsorgerin Alexandra Kalchauer spricht über ihren Alltag im Krankenhaus Altötting.