„Es ist so gut, dass Sie da sind. Sie helfen uns, das alles zu sortieren.“ In Rückmeldungen wie dieser findet Helga Grömer, hauptamtliche Leiterin der Ländlichen Familienberatung (LFB) im Bistum Passau, eine der wichtigsten Funktionen der LFB wieder: ordnen und Überblick schaffen. Seit mittlerweile 30 Jahren unterstützt die Beratungsstelle Familien und Einzelpersonen in der Landwirtschaft dabei, mit ihren ganz persönlichen Schwierigkeiten umzugehen und einen gemeinsamen Weg für die Zukunft zu finden.
„Das Besondere an der ländlichen Familienberatung ist, dass es immer darum geht, Familie und Betrieb irgendwie miteinander in Einklang zu bekommen, weil man das in einem Familienbetrieb nicht trennen kann.”
An die Ländliche Familienberatung wenden sich Menschen, die haupt- oder nebenerwerblich in der Landwirtschaft tätig sind und in ihrem Alltag auf wirtschaftliche oder familiäre Probleme stoßen. Die Themen, mit denen sie an die Beratungsstelle herantreten, sind dabei individuell, bestimmte Tendenzen lassen sich jedoch feststellen. „In der Regel nehme ich wahr, dass sich Konflikte meist um Kommunikation drehen“, erklärt Grömer. So beschäftigen gerade Generationenkonflikte, die Kommunikation zwischen jung und alt, viele landwirtschaftliche Familien. Egal, ob persönliche Ungereimtheiten zwischen Vater und Sohn, Unstimmigkeiten bei der Hofübergabe oder verschiedene Vorstellungen von der Zukunft des Betriebs, gemeinsam ist den Konflikten meist der fehlende Überblick der Beteiligten: „Das sind schwierige Situationen, in denen man manchmal, wenn man mittendrin steckt, überhaupt keine Idee oder Perspektive hat: Wie und wo könnte es denn weitergehen?“ An dieser Stelle setze die Ländliche Familienberatung an, so erklärt Helga Grömer. Ein Dritter, der die Situation von außen betrachtet, Fragen stellt und Rückmeldungen gibt, könne neue Perspektiven öffnen.
„Ich kann nur allen Familien raten und wünschen, dieses Angebot zu nutzen. Es ist eine Chance, da macht man nichts verkehrt.”
Neben Helga Grömer kümmern sich sieben weitere ausgebildete, ehrenamtliche Beraterinnen und Berater um die Familien. Dabei sei es wichtig, dass die Ehrenamtlichen selbst einen landwirtschaftlichen Hintergrund haben und vermitteln können: „Ich kenne diese Welt.“ Nach einer ersten Anmeldung nehmen die meisten Familien oder Einzelpersonen das Angebot in Anspruch, die Beratung direkt am eigenen Hof durchzuführen. Für Helga Grömer sei es anfangs zunächst etwas befremdlich gewesen, dort die Beratung durchzuführen, wo die zu beratende Familie sonst im Alltag arbeitet. „Ich merke aber jetzt im Lauf der Jahre, dass es einen hohen Wert hat, zu erleben, welcher Betrieb zu den Menschen gehört, weil die Umgebung einfach auch prägt und eine Menge aussagt. Zeige mir deinen Hof und ich sage dir, wie du lebst und arbeitest“, gibt sie heute zu denken. In der Regel empfiehlt Grömer mindestens drei Beratungssitzungen, die meisten Beratungen erstrecken sich jedoch über ein Jahr oder länger. Wichtig sei es in jedem Fall, gleich zu Anfang mit allen Beteiligten ein Beratungsziel festzulegen.
Im September feiert die Beratungsstelle nun ihr 30-jähriges Bestehen im Bistum Passau. In den vergangenen Jahren hat sich einiges verändert. Anfangs noch Schuldnerberatung und damit Anlaufstelle für von finanziellen Problemen gebeutelte und unter Druck gesetzte landwirtschaftliche Familien, liege der Schwerpunkt laut Helga Grömer heute insbesondere auf dem Psychosozialen und der Kommunikation untereinander.
„Die Schulden und das Finanzielle, das ist das eine, aber dahinter stehen eigentlich immer familiäre Tragödien oder Probleme und Schwierigkeiten. Diese Verzahnung von Familie und Betrieb war von Anfang an da.”
Wenn auch in den letzten drei Jahrzehnten ähnliche Themen die Landwirte beschäftigt haben, so hat sich ihr Zugang dazu verändert: „Was sich tatsächlich verändert hat, ist, dass sich landwirtschaftliche Familien viel selbstverständlicher trauen, zu sagen: ‚Da ruf ich jetzt an, da lassen wir uns helfen.‘“ Für die Zukunft erhofft sich Helga Grömer genau das weiterhin: einen offenen Umgang mit Schwierigkeiten in der Familie und dem Betrieb und den Mut, um Hilfe zu bitten. Vor allem aber wünscht sie sich eines: „Glückliche Familien auf Betrieben, die gut laufen.“