Bischof Oster begrüßte eingangs neben den Universitätsverantwortlichen rund um Präsident Prof. Dr. Ulrich Bartosch insbesondere alle Lehrenden und Studierenden der Uni Passau unter den Besuchern des Gottesdienstes, der von der Katholischen und Evangelischen Studentengemeinde mitgestaltet wurde. Für den musikalischen Rahmen sorgte der Passauer Studentenchor.
Die Studienkirche war für den Anlass nicht zufällig gewählt. Genau dort begann 1622 die akademische Tradition in Passau mit der Eröffnung der Jesuitenhochschule zur Ausbildung von Priestern und zur Vertiefung des katholischen Glaubens. Von der „Fürstbischöflichen Akademie“ über das „Kurfürstliche Lyzeum“ bis hin zur „Philosophisch-Theologischen Hochschule“ hat sich die Hochschule im Lauf der vergangenen 400 Jahre vielfach weiterentwickelt und neue Schwerpunkte ausgebildet. 1978 konnte schließlich die Universität Passau in ihrer heutigen Form eröffnet werden.
In seiner Predigt ging Bischof Oster insbesondere auf ein Zitat aus dem Johannes-Evangelium ein: „Die Wahrheit wird euch frei machen.“ Dieser Satz könne zunächst negative Assoziationen und die Furcht vor Manipulation wecken, so Oster, vor allem in einer Zeit, in der Selbstbestimmung oft das Hauptkriterium für Freiheit sei. Umgekehrt können die Worte aus dem Evangelium auch Sehnsucht wecken nach der Antwort auf Fragen wie: „Wo und wie kann ich die oder der werden, der ich womöglich im Innersten wirklich bin?“ Die Gestalt, die im Evangelium verspricht, selbst die gesuchte und befreiende Wahrheit zu sein, sei Jesus. Dieser scheinbar maßlose Anspruch Jesu sei gleichzeitig jedoch auch eine Form der maßlosen Liebe gewesen. „In Jesus begegnen wir nach meiner Überzeugung der authentischsten, wahrhaftigsten, freiesten und liebesfähigsten Person, die je über die Erde gelaufen ist“, so Oster. Nach Wahrheit zu suchen in einer Zeit, in der sie immer wieder in Bedrängnis gerät, sei zuletzt wesentliche Aufgabe von Institutionen wie der Universität Passau, stets jedoch unter Wahrung und Achtung der Würde des Menschen.
„Wo so eine Atmosphäre der gegenseitigen Achtung in unterschiedlichsten Formen der Wahrheitssuche auch in akademischen Kontexten entstehen, wachsen und leben darf, dort fällt die fortwährende Suche nach Wahrheit auf den fruchtbarsten Boden.”
Bischof Bedford-Strohm wiederum begleitet der Satz „Wahrheit wird euch frei machen“ bereits seit seinen ersten Studientagen an der Universität Freiburg, wo er den Eingang des Kollegiengebäudes ziert. Die Worte prägten mitunter seine jetzige Überzeugung, dass eine pluralistische Demokratie Menschen und Institutionen brauche, „die sich nicht scheuen, Wahrheitsansprüche zu erheben“, insbesondere in Zeiten, in denen Wahrheit zunehmend umstritten und Freiheit nicht gegeben sei. Mit den Worten aus dem Evangelium bekomme die Wahrheit schließlich einen Namen. „Indem die Wahrheit ihren Grund in Jesus Christus findet“, so Bischof Bedford-Strohm, „bekommt sie ein neues Gesicht. Nicht Zwang, nicht Gewalt, nicht Manipulation, nicht Fälschung, sondern Liebe, Beziehung, Mitgefühl, Respekt, Hoffnung, Weite.“ Diese Grundorientierungen seien auch an Universitäten noch immer von entscheidender Bedeutung, auch wenn Freiheit in Forschung und Lehre heute nicht mehr an eine bestimmte Religion gebunden sei.
Im Anschluss an den Wortgottesdienst fand eine Podiumsdiskussion im Department für Katholische Theologie der Universität Passau statt. Aus ihren jeweiligen Perspektiven als Theologen und Glaubenswissenschaftler heraus traten Bischof Stefan Oster und Bischof Bedford-Strohm in den Dialog mit Molekularbiologin Prof. Dr. Ulrike Beisiegel über das oft missverstandene Zusammenspiel von Theologie und Naturwissenschaft.