Die Caritas hat die Mitarbeitenden der Abteilung Caritas und Pastoral zum Abteilungstag unter dem Motto „Der Weg der Kirche ist der Mensch - Caritas und Pastoral in der Zeitenwende“ eingeladen. In Spectrum Kirche sind die Mitarbeitenden zusammengekommen, um sich darüber auszutauschen, was hinter ihrem Abteilungsnamen eigentlich steckt und wo sich die Caritas in einer zunehmend säkularen Gesellschaft positioniert. Prof. Dr. Isidor Baumgartner, ehemaliger Professor für Pastoraltheologie an der Uni Passau, führte dazu mit einem Impulsvortrag ins Tagesthema ein.
Zu Beginn des Abteilungstages begrüßte Abteilungsleiterin Ingrid Áldozó-Entholzner alle Teilnehmenden und besonders diejenigen, die im vergangenen Jahr noch nicht dabei sein konnten. Die Abteilung hatte sich erst 2022 zusammengestellt und die Mitarbeitenden nutzen seitdem einmal jährlich die Gelegenheit, abteilungsübergreifend miteinander ins Gespräch zu kommen. Prof. Dr. Baumgartner eröffnete den Tag dann mit einem Überblick über die aktuelle Situation der katholischen Kirche in Deutschland in verschiedenen Bereichen. Neben der geringen Zahl an regelmäßigen Gottesdienstbesuchern und Neupriestern ging er einerseits auf das Vertrauen der Bevölkerung in verschiedene Institutionen ein. Hier schnitten in einer aktuellen Erhebung Diakonie und Caritas deutlich besser ab als die katholische Kirche. Andererseits warf er einen Blick auf die Zahl der Kirchenaustritte. Die Gründe dafür in den letzten Jahren könne man schnell benennen, so Baumgartner. Die Austritte wären aber ohnehin gestiegen, „weil die Lebensführung immer mehr individualisiert ist“, stellte er dann fest. Dies betreffe auch das Religiöse. Man gestalte immer mehr selber und handle weniger nach Vorgaben. „Jeder richtet sich so sein Paket zusammen“, so Baumgartner in Bezug auf Religiosität.
56% der Deutschen würden sich heute als Säkulare bezeichnen. Darunter fallen auch eingetragene Kirchenmitglieder, die sich aber faktisch als säkular verstehen. „Wenn nichts fehlt, wenn Gott fehlt“, beschreibt Baumgartner diese Gruppe. Man müsse im Hinterkopf behalten, dass auch diese Menschen eine gewisse Sehnsucht verspüren. Dennoch gelte es, ihre Überzeugtheit zu akzeptieren und so zu nehmen, wie sie gelebt werde. Kirchenverbundene Christen seien gerade auf dem Weg in eine Minderheit, so Baumgartner. Doch Zeitenwenden wie diese seien letztlich keine Neuigkeiten in der Kirche. In der Vergangenheit habe es diverse Reformmaßnahmen gegeben. Keine davon aber habe die Individualisierung gestoppt.
„Die Herkunft und Zukunft der Kirche ist die Caritas.”
„Hat also die katholische Kirche in Deutschland eine Zukunft“, stellte Prof. Dr. Baumgartner die Frage in den Raum. „Eventuell in dieser Form nicht“, so seine Antwort. Für ihn bedeute eine stetige Reform die Rückbesinnung auf die Ursprünge. „Nicht fromm zu sein, sondern menschlich zu sein“, das gelte es umzusetzen. Baumgartner dazu: „Das Christliche, das Caritative, ist nicht etwas Kirchlich-Religiöses, sondern es ist zuallererst etwas Ur-Menschliches.“ In der Caritas gebe es kein 08/15-Handeln. Es sei stattdessen immer auf den konkreten Menschen und die konkrete Situation bezogen. Als das „Poietische“ bezeichnet Baumgartner diese kreative und anpassende Seite der Caritaspraxis, abgeleitet aus dem Griechischen. „Man muss auch keine Wunder wirken“, so Baumgartner weiter. „Die Menschen so weit zu begleiten, dass sie mit den Fragmenten ihrer eigenen Existenz einigermaßen zurechtkommen“, das sei letztlich die Aufgabe. Dazu helfe es auch, sich vor Augen zu führen, was Jesus als Seelsorge verstehe.
Der Blick der Kirche müsse nach außen gehen, auf die „Zeichen der Zeit“, so Baumgartner abschließend. Als freier Mensch Christ zu sein und den Glauben individuell zu gestalten, das habe Generationen von Christen gefehlt und dafür gebe es nun Raum. Damit dieser Raum gut genutzt werden kann, gelte es, „den kleinen Glauben zu pflegen“. Den Glauben des Tuns, das ganz Persönliche. „Es gibt so viele Wege zu Gott, wie es Menschen gibt“, zitierte er Papst Benedikt XVI. Analog dazu seien auch Diakonie und Pastoral für alle da, nicht nur für Katholiken. Und so seien empathische Seelsorge und pastorale Arbeit, die antreffbar ist, die Wege in die Zukunft: „Die Herkunft und Zukunft der Kirche ist die Caritas“, schloss Prof. Dr. Baumgartner seinen Vortrag.
Im Anschluss an den Vortrag hatten die Teilnehmenden die Gelegenheit, sich über das Gehörte auszutauschen und auch für sich selbst zu reflektieren, was ihnen besonders zu denken gibt oder welche Fragen sich ihnen noch stellen. Im Plenum wurde über die einzelnen Punkte diskutiert, ehe am Nachmittag noch einmal eine detaillierte Standortbestimmung der Abteilung vorgenommen wurde. Am Vormittag wurde schließlich der Bischöflich Beauftragte der Caritas, Diakon Konrad Niederländer, auch in dieser Runde in den Ruhestand verabschiedet.