Mit dem Institut für Angewandte Ethik in Wirtschaft, Aus- und Weiterbildung ist Peter Fonk 2002 ein großer Wurf gelungen. 20 Jahre später wurde jetzt das Projekt „Ökosoziale Transformation“ bei der Jubiläumsfeier offiziell aus der Taufe gehoben. Ziel ist, das Prinzip der Nachhaltigkeit tief in Wirtschaft und Gesellschaft zu verankern.
Peter Fonk hatte vor 20 Jahren erkannt, dass ethische Fragen für die Wirtschaft immer wichtiger werden. Entsprechend gut hat sich sein Ethik-Institut in den folgenden Jahren etabliert. „Es ist eine Seltenheit, dass aus der katholischen Theologie heraus ein Institut entsteht, das so stark vernetzt ist“, würdigte Bernhard Bleyer, der jetzige Leiter, die Arbeit seines Vorgängers. Das Institut versteht sich als wissenschaftliches Kompetenzzentrum für Fragen der Wirtschafts- und Unternehmensethik. „Ökosoziale Transformation konkret: Laudato Si‘ und Fratelli tutti in Forschung und Praxis“ – so lautet der komplette und etwas sperrig klingende Titel des neuen Projekts, bei dem die Universität Passau mit dem Bistum Passau kooperiert. Es ist zunächst auf fünf Jahre ausgelegt.
Mit Franziskus‘ bahnbrechender Enzyklika Laudato Si‘ hatte sich Unipräsident Ulrich Bartosch schon lange vor seiner Zeit in Passau intensiv beschäftigt. Er machte in seinem Impuls bei der Jubiläumsfeier deutlich, dass ihn beide Texte faszinieren. Sie behandelten existenzielle Fragestellungen und seien eingebettet in neueste wissenschaftliche Erkenntnisse. „Franziskus zeigt uns unsere Möglichkeiten, Verantwortung wahrzunehmen“, sagte Bartosch. Das neue Projekt soll in neuer Form Wissenschaft und religiöses Denken in Begegnung bringen. Bischof Stefan Oster bezeichnete Papst Franziskus als „Weltautorität“. Er habe sich mit seinen Lösungsansätzen in Laudato Si‘ und Fratelli tutti an die Spitze gesetzt und die Verantwortung jedes Einzelnen für die Schöpfung aufgezeigt. Wichtig sei es, eine innere Haltung zu finden, in der wir die Wirklichkeit als Gabe beantworten, so Bischof Stefan Oster. „Unsere Haltung muss sich mit Blick auf die Schöpfung verändern, wir müssen lernen, unsere Herzen ökosozial zu transformieren.“ Sein Dank galt allen, die dieses Projekt auf den Weg gebracht haben. Im Bischöflichen Ordinariat hatte Domkapitular Anton Spreitzer die entsprechende Arbeitsgruppe geleitet.
Wie wichtig Nachhaltigkeitstransformation in Unternehmen bereits jetzt ist, das machte Nadine-Lan Hönighaus in ihrem inspirierenden Vortrag deutlich. Hönighaus, die in Passau Kulturwirtschaft studiert hat, ist Geschäftsführerin von Econsense, laut Prof. Bleyer „das wichtigste Nachhaltigkeits-Netzwerk der deutschen Wirtschaft“. 46 Unternehmen gehören ihm derzeit an. Drei gleichzeitige Krisen bestimmen unser Leben, wie Hönighaus in ihrem Vortrag verdeutlichte: die Klimakrise, die Bedrohung der Artenvielfalt und die soziale Ungleichheit. Sie bedrohen die Welt und erfordern ein Umdenken. Aus diesem Grund seien diese Themen auch bei Unternehmen inzwischen ganz oben in der Führungsebene angesiedelt. Und: Keine dieser Krisen sei isoliert zu betrachten. Hönighaus ist überzeugt, dass das Aufzeigen der Vorteile von Nachhaltigkeit viel stärkere Kräfte freisetze als der erhobene moralische Zeigefinger. Unternehmen hätten inzwischen erkannt, dass Nachhaltigkeit die Marke stärke, die Mitarbeiterzufriedenheit erhöhe, junge Menschen begeistere und Innovation und Wachstum steigere. Freilich steigen auch die Erwartungen an die Unternehmen: Sie sollen ihr Handeln an langfristigen Zielen ausrichten und Beiträge zur Lösung liefern. Dabei hätten global agierende Unternehmen gar keine andere Wahl als die politische Forderung nach Nachhaltigkeit und sozialer Gerechtigkeit in ihre Prozesse zu integrieren. So würden etwa vor dem Hintergrund, dass die Lieferketten künftig sehr viel genauer unter die Lupe genommen werden, die Expertenteams in diesem Bereich massiv ausgebaut. Für Hönighaus steht fest: Die Industrienationen seien beides: Teil des Problems aber durch ihre Innovationsfähigkeit auch Teil der Lösung. Und sie stehen gewaltig unter Druck, denn „uns läuft die Zeit davon“, so Hönighaus. Ihr Fazit: „Wir müssen die Sachen gut machen, aber auch schnell.“
Text: Wolfgang Krinninger / pbb