Einblicke von Dr. Christoph Hentschel
Um 8 Uhr beteiligten wir uns an den Laudes und der Messe der Mönche auf dem Zion und nach dem Frühstück brachte uns unser Busfahrer Achmed über samaritanisches Gebiet nach Norden. Unterwegs stoppten wir in Nablus, dem biblischen Sichem, das zwischen den Bergen Ebal und Garizim liegt. Dort befindet sich der Jakobsbrunnen, an dem in Joh 4 die Begegnung zwischen Jesus und der Samariterin verortet wird. Um den Brunnen wurde eine Kirche errichtet, der Brunnen selber befindet sich noch immer im Betrieb und ist zugänglich. Es war beeindruckend, Wasser aus der Tiefe zu schöpfen und es dann wieder in den Schacht zurückzuschütten. Es dauert ca. drei bis vier Sekunden, bis es wieder unten ankommt.
Die Fahrt ging weiter und wir erreichten unsere galiläische Unterkunft Kibbuz Deganya Beth. In unmittelbarer Nachbarschaft befindet sich die Taufstelle Yardenit, die biblisch nicht bezeugt ist, heute jedoch von vielen freikirchlichen Gruppen genutzt wird, um die Taufe im Jordan zu vollziehen. Im Kibbuz Deganya wurden wir sehr freundlich aufgenommen und konnten uns dort für die nächsten acht Tage einrichten.
Am Sonntag, 12.5.2019 brachte uns Achmed von Deganya am Südufer des Sees von Galiläa an das Nordufer nach Ginosar, von wo aus wir ein einstündige Bootsfahrt nach Kafarnaum, dem Wohnort Jesu, unternahmen. „Schöne heile Welt“, war während der Fahrt zu hören. Dieser Eindruck wurde auf dem Berg der Seligpreisungen bestätigt, wo wir die sonntägliche Eucharistie feierten. Am Abend hatten wir eine Begegnung mit Erich König, einem gebürtigen Grazer, der seit etwa 40 Jahren im Kibbuz Deganya lebt und uns von der Entwicklung des Kibbuz berichtet hat. In den Anfängen wollten die Pioniere in den Kibbuzim das Ideal Karl Marx‘ vom gemeinsamen Eigentum der Produktionsmittel leben. Laut König funktionierte das in einer kleinen Kibbuz-Gemeinschaft. In den vergangenen Jahren vollzog sich in den Kibbuzim ein Wandel, der v. a. die Privatisierung zur Folge hatte. Zu diesem Schritt entschieden sich die Mitglieder des Kibbuz Deganya Beth am Beginn dieses Jahres. In der Folge bedeutete das, dass die im Kibbuz angesiedelten Betriebe zu GmbHs wurden und die Mitglieder Privateigentum besitzen. Es bedeutet aber auch, dass das Kibbuz nicht mehr in der Verantwortung steht, für die ärztliche Versorgung seiner Mitglieder aufzukommen. In unserer Begegnung mit Erich König erfuhren wir auch, dass ein sehr bedeutender Jude Gründungsmitglied des Kibbuz Deganya Beth war: Levi Eschkol, der 1963 die Nachfolge von David Ben Gurion als Premier antrat.

Montag, der 13.5.2019 war ein Lesetag im Kibbuz. Am Abend schauten wir uns den Film „A Serious Man“ an, eine moderne Ijob-Verfilmung.
Unsere Erkundung des Gebietes um den See von Galiläa ging am Dienstag, 14.5.2019 weiter. Wir brachen wir in der Frühe nach Tabgha auf zu dem Ort, wo Jesus mit fünf Broten und zwei Fischen fünftausend Menschen gespeist hat. Das Geschehen wird meistens Brotvermehrung genannt, der Begriff ist jedoch nicht ganz richtig, denn es wird nicht erwähnt, dass das Brot mehr geworden ist, vielmehr hat Jesus mit Wenigem viele satt gemacht.
Nach dem Besuch in Tabgha fuhren wir nach Kafarnaum, der City of Jesus. Das Evangelium erzählt davon, dass sich Jesus nach seinem Weggang aus Nazareth und nach seinem Wüstenaufenthalt in Kafarnaum niedergelassen hat. Dort konnten wir die Synagoge aus dem 4. Jahrhundert und das Wohnhaus des Petrus besichtigen, über dem eine Kirche erbaut wurde.
Am Mittwoch, den 15.5.2019 brachen wir nach Banyas, dem biblischen Cäsarea Philippi, auf. Die ursprünglich geplante Wanderung entlang des Hermon-Flusses mussten wir wegen der hohen Außentemperaturen von um die 40 Grad auf ein Minimum reduzieren. Die Weiterfahrt über die Golan-Höhen brachte uns an den Mount Bental an der Grenze zu Syrien. Es war für uns ein eigenwilliges Gefühl, an der Grenze zu einem Land zu stehen, in dem augenblicklich viel Unruhe herrscht.
Am Donnerstag, den 16.5.2019 hatten wir einen Tag ohne Exkursionen. Am Mittag genossen wir Fleisch und Würstchen beim gemeinsamen Grillen.