Gerade in Krisenzeiten zeigt sich die Stärke einer Gemeinschaft. Gerade jetzt wird deutlich: Die Hilfsbereitschaft ist enorm, Solidarität ist weit mehr als ein Wort mit elf Buchstaben. Die soziale Nachbarschaftshilfe erlebt eine echte Renaissance. Eines von vielen Beispielen aus dem Bistum Passau: Im Pfarrverband Emmerting-Mehring organisiert Philipp Radecker von der Katholischen Landjugendbewegung (KLJB) gemeinsam mit einem Helferteam seit nunmehr vier Wochen einen Bringdienst. Unterstützt wird dieses Angebot durch Pfarrer Thomas Steinberger, die Gemeinden Emmerting und Mehring sowie durch den Verein Helfernetz Mehring, der von Ursula Sixt gegründet wurde.
Ziel des Bringdienstes:
Das Ziel des Bringdienstes ist klar definiert: Ältere Menschen oder Menschen mit Vorerkrankungen, die bekanntlich zur Corona-Risikogruppe gehören, sollen geschützt und dabei unterstützt werden, möglichst selten das Haus zu verlassen. Der Ideengeber Philipp Radecker studiert in München, stammt aber aus Emmerting und gehört hier auch der örtlichen KLJB an. „Da mein Studium derzeit auf Eis liegt, bin ich nach Hause gekommen und habe überlegt, wie ich in der Gemeinde helfen kann“, berichtet der 23-Jährige. Im Gespräch mit seiner Freundin sei er dann darauf gekommen, einen Bringdienst auf die Beine zu stellen. Im nächsten Schritt hat sich Radecker an sein Netzwerk gewandt – und da haben sich schnell viele Jugendliche und junge Erwachsene mit den verschiedensten Hintergründen gefunden, für die es selbstverständlich ist, im Zuge der Corona-Krise anderen Menschen zu helfen. „Wir haben uns zusammengesetzt und das Ganze durchgesprochen – und dann war das in fünf, sechs Tagen fertig organisiert. Seitdem läuft es“, fasst Radecker zusammen.
Und so funktioniert der Bringdienst:
Das System funktioniert nach einem einfachen Prinzip. Menschen aus der Risikogruppe wenden sich montags bis samstags zwischen 10 und 13 Uhr telefonisch an den Bringdienst (0151÷68171518) und geben ihre Bestellung auf. „Die kann ganz bunt sein! Es geht nicht nur um Lebensmittel oder Drogerieartikel, wir besorgen beispielsweise auch Medikamente aus der Apotheke“, berichtet Radecker. Die Bestellungen gehen direkt bei ihm ein. Er verteilt die Aufträge dann an das Helferteam, das derzeit aus rund 20 Ehrenamtlichen besteht. Sie strömen aus, erledigen die Einkäufe und bringen sie dem Besteller direkt nach Hause. „Wichtig ist natürlich, das beim Einkaufen auf eine strenge Hygiene geachtet wird. Wir haben bei uns auch einige Supermärkte ausgekundschaftet, in denen man wirklich gut Kontakt meiden kann.“ Die Bezahlung erfolgt in bar und weitgehend kontaktlos. „Wir sagen den Rechnungsbetrag und die Besteller legen das Geld hin. Es wird ohne Berührung ausgewechselt“, erklärt Radecker. Der Bringdienst wird von den Menschen, denen geholfen werden soll, mittlerweile sehr gut angenommen. Während in der ersten Woche rund sechs Bestellungen eingingen, sind es mittlerweile über 25 pro Woche. Wie sinnvoll das Engagement der Helfergruppe um Philipp Radecker ist, beweist auch die Tatsache, dass nach Bekanntwerden der Aktion zahlreiche andere KLJBs angefragt und sich Tipps geholt haben. „Ich habe dann eine Art Leitfaden zusammengestellt und per Mail verschickt“, so Radecker. Ihn persönlich freut es sehr, „dass die Solidarität in Deutschland noch längst nicht ausgestorben ist.“ Zudem geht er davon aus, dass die soziale Nachbarschaftshilfe auch über längere Zeit hinweg bestehen kann. „Zurzeit wimmelt es vor Helfern, weil viele nicht zum Studieren oder zur Arbeit können. Ich denke, die schwierige Zeit in diesem Zusammenhang kommt wohl erst, wenn die Unis wieder aufmachen“, prognostiziert Radecker.
Hören Sie hier dazu einen Radiobeitrag: