Washington (pbp) Am vergangenen Wochenende fand an Washingtons Catholic University of America im Institut John Paul II. eine große Tagung anlässlich der Übersetzung des philosophischen Hauptwerkes von Ferdinand Ulrich ins Amerikanische statt – 60 Jahre nachdem er es als Habilitationsschrift an der Universität Salzburg eingereicht hat, mit dem Titel: „Homo abyssus. Das Wagnis der Seinsfrage“. Bischof Dr. Stefan Oster, für den Ferdinand Ulrichs Philosophie große Bedeutung hat und der von seinem Lehrer auch alles ungedruckte Material in einem Archiv aufbewahrt, hielt den Eröffnungsvortrag.
„Homo abyssus ist eine sehr tiefe Abhandlung über das Geheimnis der Schöpfung, in der alle Schöpfung, alle Wirklichkeit als Gabe geschaut und philosophisch entfaltet wird: Alles Sein ist verschenkte Liebe und aus Liebe“, erklärt Bischof Oster. „Und es geht zugleich darum, wie der Mensch selbst dazu bestimmt ist, dieses Geheimnis selbst zu leben und damit auch darzustellen.“
Hierzulande gebe es eine gute Handvoll von Doktorarbeiten, die sich nur mit Ulrich beschäftigen oder die ihm einen gewichtigen Raum innerhalb eines breiter angelegten Themas einräumen, sagt Bischof Oster: „Das ist zwar nicht allzu viel, aber immerhin doch bemerkenswert, weil es sich um einen noch lebenden Denker handelt.“ Allmählich beginne aber auch in anderen Ländern eine Rezeption, zum Beispiel mit Arbeiten über Ulrich in Italien, Frankreich, Spanien, Belgien und nun eben auch verstärkt in den USA. „Dort ist das Interesse bemerkenswert“, stellt Bischof Oster fest: „Bei der Tagung aus Anlass der Übersetzung seines wichtigsten Werkes waren rund 120 Leute an zwei Tagen anwesend, darunter zwei Doktoranden, die ihre Arbeiten über Ulrich gerade beendet hatten. So etwas wäre derzeit in Deutschland kaum denkbar.“
Ein wichtiger Punkt, der nach Meinung des Bischofs in der Religionsphilosophie stärker Beachtung finden sollte, sei, dass von Ulrichs Seinsauslegung her verstanden werden könne, wie Theologie und Philosophie zusammengehören ohne sie zu vermischen. „Oder: Wie uns zum Beispiel die Offenbarung des Kreuzes Christi die Wirklichkeit insgesamt besser verstehen lässt und unsere eigene Existenz sowieso.“
Mit dem Thema seines Vortrags “Lehrer-sein und geistliche Vaterschaft bei Ferdinand Ulrich” habe er versucht zu zeigen, wie Ferdinand Ulrich aus seiner Ureinsicht heraus zugleich auch entfaltet, was Pädagogik bedeutet, so der Bischof. „Und wie er selbst in dieser Hinsicht ein Lehrer ist – nicht nur ein Lehrer der Philosophie, sondern auch ein Lehrer in der Kirche, ein Lehrer des Gebetes und auch für nicht wenige ein geistlicher Vater – so auch für mich.“
Text: Anna Hofmeister
Fotos: Privat