Wie jedes Frühjahr lud die Diözesanstelle für das Büchereiwesen / Sankt Michaelsbund Passau die Leiterinnen und Leiter der 125 Büchereien im Bistum Passau zur Büchereileitungstagung ein, einer Veranstaltung zur Fortbildung und zum gegenseitigen Austausch.
Gastgeber war heuer die Bücherei in Bad Füssing, wo sich das Team um Maria Winklhofer im Pfarrheim und auch in der Bücherei im ehemaligen Kurmittelhaus rührig um die rund 50 Teilnehmerinnen und Teilnehmer kümmerte.
Die Veranstaltungsreihe „Büchereien lesen gegen das Vergessen“ des Sankt Michaelsbundes, #weremember, die Stellungnahme „Für Vielfalt und Demokratie“ des Deutschen Bibliotheksverbands zeigen: Die Büchereiverbände und auch immer mehr Büchereien positionieren sich öffentlich und unterstützen die breite gesellschaftliche Mobilisierung für Demokratie, Toleranz und Vielfalt. Büchereien sind von sich aus Orte der Demokratie- und Wertebildung, der Toleranz und Nächstenliebe. Um dieses (Selbst-)Bewusstsein zu stärken, stand die diesjährige Büchereileitungstagung im Bistum Passau unter dem Motto „Büchereien und Demokratiebildung“.
Büchereien können sich durch das Anbieten von zeitgeschichtlichen biographischen Romanen aktiv „gegen das Vergessen“ einsetzen. Im ersten Teil der Tagung las der Allgäuer Journalist und Autor Robert Domes aus seinem Roman „Waggon vierter Klasse“ rund um einen ausrangierten Eisenbahnwaggon am Rand eines bayerischen Dorfes. Ein ostpreußisches Flüchtlingsmädchen wird dort 1948 mit ihrer Familie einquartiert und deckt nach und nach das Schicksal des in der Nazizeit verschwundenen früheren Bewohners auf. Mit Bildern der Originalschauplätze und des realen Naziopfers Alois Roth belegte Robert Domes die wahre, zugleich berührende und erschreckende Geschichte hinter dem Buch.
„Rechtsextreme? Aber doch nicht bei uns!“ lautete der Titel des Vortrags am Nachmittag. Katharina Fuchs von der „Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus in Bayern“ zeigte auf, dass rechte Gesinnung immer weitere Verbreitung findet. Oft tarnen sich extrem rechte Haltungen hinter vermeintlichen Sorgen und Kritiken. Begriffe wie „Heimat“, „Tradition“, „Sicherheit“ und „Konservatismus“ werden instrumentalisiert und zugleich die „gute alte Zeit“ verklärt, deren vermeintlich idyllische Verhältnisse es wieder herzustellen gelte. Hinter den schönmalerischen Zielen steckt aber häufig eine knallharte Ideologie der Ungleichwertigkeit.
In ihrem Vortrag machte Katharina Fuchs deutlich, wie präsent rechte Gesinnungen im täglichen Leben sind. Sie zeigte Verbindungen zwischen verschiedenen rechtsgerichteten Organisationen und Publikationen auf und erläuterte insbesondere das immer wieder auftauchende Narrativ vom „Great Reset“, dem „Großen Austausch der Deutschen Bevölkerung“, und den völkisch-rassistischen Denkweisen, die dahinterstecken.
In der anschließenden kurzen Diskussion zeigte sich der Wunsch nach Hilfestellung im Umgang mit möglicherweise zu erwartenden rechtsextremen Vorfällen. Katharina Fuchs verwies dabei auf die speziell für Büchereien herausgegebene Handreichung „Alles nur leere Worte? Zum Umgang mit dem Kulturkampf von rechts in Bibliotheken“, die konkrete Praxisbeispiele – Wie umgehen mit rechten Medien? Was tun gegen „Störer“ bei Veranstaltungen? – anschaulich erläutert. Zudem empfahl sie das für jeden wahrnehmbare kostenlose Angebot der „Mobilen Beratung“, das von allgemeiner Information und Unterstützung bis hin zur Entwicklung von individuellen Lösungsstrategien reicht.
In angeregten Gesprächen endete die Tagung mit der nicht unbedingt büchereitypischen und ‑spezifischen Thematik. Dass der Einsatz für Demokratie und Toleranz nicht nur in der Bücherei, sondern auch im täglichen Leben noch wachsen, selbstbewusst und selbstverständlich werden kann – darin bestärkt uns Christen auch die Erklärung der Vollversammlung der deutschen Bischöfe „Völkischer Nationalismus und Christentum sind unvereinbar“.
Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus / Landeskoordinierungsstelle Bayern gegen Rechtsextremismus: www.lks-bayern.de
„Alles nur leere Worte?“: www.bundesverband-mobile-beratung.de
Text: Hildegard Franz M.A., Diözesanstelle Sankt Michaelsbund Passau