Weltärzte-Präsident Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery dämpft im Interview mit dem Passauer Bistumsblatt die Hoffnungen auf allzu schnelle Erleichterungen. Seiner Einschätzung nach, werden die Einschränkungen noch Jahre dauern. Werner Friedenberger hat mit dem Experten gesprochen.
Passauer Bistumsblatt: Herr Prof. Montgomery, Sie sind zwar auch kein Hellseher, dennoch: Wie schätzen Sie die Lage ein, wann ein Corona-Impfstoff auf dem Markt sein wird? Oder werden wir nie mehr zur Normalität zurückkehren?
Prof. Montgomery: Diese Frage ist sehr schwer zu beantworten. Es gibt im Moment fast 200 Impfstoffprojekte weltweit, von denen einige erfolgversprechend aussehen. Es wird wohl möglich sein, verträgliche Impfstoffe herzustellen. Unklar ist aber noch, wieviel Immunität die erzeugen und wie lange die Immunität anhält. Wir dürfen deswegen den Aspekt der Therapie nicht vernachlässigen. Wir müssen auch Standardtherapien entwickeln, um die Krankheit – wenn auch nicht zu verhindern – so doch wenigstens behandeln zu können.
Passauer Bistumsblatt: Die Weltgesundheitsorganisation machte während der Pandemie im Umgang mit China keine gute Figur. Vor diesem Hintergrund hat der US-Präsident den Geldhahn zugedreht. Was für Folgen hätte es, wenn es ihm mehrere Länder gleichtun würden?
Prof. Montgomery: In der Tat hat China einen unguten, übermäßigen Einfluss in der WHO und nutzt diesen auch für seine geopolitischen Zwecke. Deswegen muss die WHO dringend reformiert werden. Ihr in dieser Situation aber den Geldhahn zuzudrehen ist der falsche Weg. Jetzt wird jeder Cent gebraucht, denn in vielen armen Ländern der Welt ist die WHO die einzige Institution, die sich um die Gesundheitsversorgung notleidender Bevölkerungen kümmert. Noch schlimmer aber ist der Ausstieg aus der WHO wie ihn Donald Trump gerade vollzieht. Nur wenn man in der WHO ist, kann man bei der Reform mitwirken. So wird nur der Einfluss Chinas weiter gestärkt. Das ist eine Steilvorlage für Xi Ping.
Das ausführliche Interview von Werner Friedenberger mit dem Welt-Ärztepräsident Prof. Montgomery finden Sie in der aktuellen Ausgabe des Passauer Bistumsblattes und unter folgendem Link:
Über den Experten: Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery (68), deutscher Radiologe, ist Präsident des Ständigen Ausschusses Europäischer Ärzte, Vorstandsvorsitzender des Weltärztebundes (WMA) und Ehren-Präsident der Bundesärztekammer und der Ärztekammer Hamburg. Sein Engagement für bessere Arbeitsbedingungen und mehr Lohn brachte ihm den Titel „Robin Hood des Gesundheitssystems“ ein.