Soziales

Das „Buch des Erinnerns“ im Passauer Dom

Thomas König am 10.04.2019

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Plötzliche Erinnerungen: Beim Kochen des gemeinsamen Lieblingsgerichts, wenn im Radio ein bestimmtes Lied läuft, beim Spaziergang im Wald. Wenn ein geliebter Mensch stirbt, hinterlässt das immer eine große Lücke. Es fehlt ein Stück – doch die Erinnerungen bleiben. Das „Buch des Erinnerns“ ist jetzt im Passauer Dom zu finden.

Text und Pho­tos: Mareen Maier

Erin­ne­run­gen blei­ben — und das ist gut so. Erin­ne­run­gen zulas­sen, sie nicht ver­drän­gen – das kann in der Trau­er hel­fen und Trost spen­den. Wich­tig sind aber nicht nur die Erin­ne­run­gen selbst. Es braucht auch Orte, an denen sich Trau­ern­de zurück­zie­hen kön­nen. Das kann der Fried­hof sein oder eine Gedenk­ecke zu Hau­se. Und künf­tig auch der alt­ehr­wür­di­ge Dom St. Ste­phan in Pas­sau. Das Trau­er­netz­werk Pas­sau, ein Zusam­men­schluss kon­fes­sio­nell und über­kon­fes­sio­nell arbei­ten­der Orga­ni­sa­tio­nen, die im Raum Pas­sau im Bereich der Trau­er­ar­beit tätig sind, hat hier einen Ort des Erin­nerns ent­ste­hen las­sen. Trau­ern­de sind ein­ge­la­den, sich in einem Buch, das auf einer eigens ange­fer­tig­ten Ste­le liegt, zu ver­ewi­gen. Die­ser Platz soll Men­schen ermög­li­chen, in einer wert­schät­zen­den Umge­bung ihre Gedan­ken und Erin­ne­run­gen an ver­stor­be­ne, lie­be Men­schen fest­zu­hal­ten“, so KDFB-Trau­er­be­glei­te­rin Rena­te Pon­gratz. Man kann das Buch auf­schla­gen, dar­in blät­tern, sei­ne Gedan­ken fest­hal­ten, viel­leicht auch einen Dank in Erin­ne­rung an gemein­sa­me schö­ne Erleb­nis­se nie­der­schrei­ben, oder auch Bit­ten und die eige­ne Not – für alles ist Raum und Platz“, fügt Tho­mas Weg­gart­ner von der Gesprächs­grup­pe Trau­er nach Sui­zid“ hinzu.

Rund drei Jah­re lang hat das Trau­er­netz­werk an der Umset­zung des Pro­jekts gear­bei­tet. Eine Trau­er­be­glei­te­rin des Frau­en­bund-Diö­ze­san­ver­ban­des, die im Trau­er­netz­werk aktiv ist, hat­te ein ähn­li­ches Pro­jekt in Mün­chen ken­nen­ge­lernt und die Idee dafür mit nach Hau­se gebracht. Es waren dann gleich eini­ge dabei, die das Pro­jekt unter­stützt haben und wir haben uns Gedan­ken zur Umset­zung gemacht – wie wir das Buch gestal­ten und wo der geeig­ne­te Platz ist“, so Rena­te Pon­gratz. Gemein­sam mit Frau­en­seel­sor­ge­rin Hil­de­gard Wei­le­der-Wurm vom Refe­rat Frau­en hat­te sie nach mög­li­chen Orten für das Buch des Erin­nerns“ gesucht – und ist fün­dig gewor­den. In der Gebets­ecke im hin­te­ren Bereich des Pas­sau­er Doms ist das Buch des Erin­nerns“ aus Sicht der Mit­glie­der des Trau­er­netz­werks gut auf­ge­ho­ben. In den Trau­er­grup­pen erle­ben wir es oft, dass es eine Hemm­schwel­le gibt, über­haupt hin­zu­ge­hen. Doch hier gibt es jetzt einen sehr nied­rig­schwel­li­gen Ort, öffent­lich und doch geschützt, zu dem man jeder­zeit kom­men kann“, so Weg­gart­ner. Im Rah­men einer öku­me­ni­schen Segens­fei­er mit Dom­propst Dr. Micha­el Bär und Dr. Wolf­gang Bub, dem Dekan des Evan­ge­lisch-Luthe­ri­schen Deka­nats Pas­sau, wur­de das Buch des Erin­nerns“ im Bei­sein zahl­rei­cher Gäs­te nun in Betrieb genom­men und geseg­net. Es freut mich, dass die­ser Ort des Erin­nerns rea­li­siert wer­den konn­te. Nach dem schmerz­vol­len Ver­lust eines lie­ben Men­schen kön­nen sich Trau­ern­de hier etwas von der See­le und dem Her­zen schrei­ben“, sag­te Bär.

Die Ste­le, auf der das Buch des Erin­nerns“ liegt, wur­de von Künst­ler Leo­pold W. Haf­ner geschaf­fen. Ori­en­tiert hat er sich dabei an der bis­he­ri­gen Gestal­tung des Gebets­be­rei­ches, für die sein Vater vor eini­gen Jahr­zehn­ten zustän­dig war. Die Gestal­tung basiert auf dem, was mein Vater geschaf­fen hat: Die Umrah­mung mit dem geschmie­de­ten Blatt­werk, die Ein­fas­sung des Mari­en­bil­des. Natür­lich setzt man das dann in etwas schlich­te­rer Spra­che um“, so Haf­ner. Die Ste­le hat Durch­bre­chun­gen in Blatt­form, so dass ein for­ma­ler Zusam­men­hang besteht, ohne dass man etwas nach­macht, son­dern die Umge­bung auf­greift und sich ins Ensem­ble ein­fügt“, erklär­te Haf­ner, der fest­stell­te, dass die Gebets­ecke für ihn schon immer ein beson­de­rer Ort gewe­sen sei. Es war des­halb eine ehren­vol­le Auf­ga­be für mich.“ Auf der Ober­sei­te der Ste­le sind neben Buch des Erin­nerns“ die­se bibli­schen Sät­ze ein­gra­viert: Ich habe dein Gebet gehört. Ich habe dei­ne Trä­nen gese­hen. Sie­he, ich will dich hei­len.“ Die­se Wor­te aus dem 2. Buch der Köni­ge waren auch bei der Segens­fei­er zen­tral. Mit­glie­der des Trau­er­netz­werks grif­fen die ein­zel­nen Sät­ze nach und nach auf.

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