Bistum

Das rechte Hören

Redaktion am 28.11.2021

S9 Hoeren PB Bild: Werner Friedenberger
Wenn es um die Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch geht, geht es auch ums Zuhören. Magdalena Lummer: „Eine Kirche, die ihre Verantwortung ernst nimmt, darf ihre Ohren nicht verschließen.“

Gebetstag für Opfer sexuellen Missbrauchs. Magdalena Lummer: „Eine Kirche, die Aufarbeitung ernst nimmt, darf ihre Ohren nicht verschließen und muss der ungeschminkten Wahrheit ins Auge sehen.“

Man­che Gedenk­ta­ge las­sen einen nicht mehr los. Der Gebets­tag für Opfer sexu­el­len Miss­brauchs“ gehört dazu. Ange­sichts des unsäg­li­chen Leids, das Betrof­fe­nen ange­tan wur­de, pas­sen bei­de Nen­nun­gen: Gebets­tag wie Gedenk­tag. Wie­der ein­mal mehr wur­de deut­lich: es geht vor allem ums Zuhö­ren.
Mit dem Gebets­tag folg­te Bischof Dr. Ste­fan Oster SDB einer Anre­gung von Papst Fran­zis­kus. Seit 2015 fin­det dem­nach der Gebets­tag in zeit­li­cher Nähe zum Euro­päi­schen Tag zum Schutz von Kin­dern vor sexu­el­ler Aus­beu­tung und sexu­el­lem Miss­brauch“ am 18. Novem­ber statt, der vom Euro­pa­rat initi­iert wur­de. Bischof Ste­fan Oster for­der­te in sei­ner Pre­digt im Ste­phans­dom eine Kul­tur der Acht­sam­keit und des Hin­hö­rens“, er sprach von dra­ma­ti­schen Ver­wun­dun­gen“ und davon, dass die Opfer von sexua­li­sier­ter Gewalt leben­di­ges Mahn­mal“ sei­en.
Der Anfang des rech­ten Lebens ist das rech­te Hören“, zitier­te Mag­da­le­na Lum­mer von der Prä­ven­ti­ons­stel­le des Bis­tums im Ste­phans­dom den grie­chi­schen Schrift­stel­ler Plut­arch. Mag­da­le­na Lum­mer: Das rech­te Leben beginnt dort, wo man rich­tig zuhört.“ Welch tie­fe­rer Sinn hin­ter die­ser Aus­sa­ge steckt, mach­te sie deut­lich: Ein von sexua­li­sier­ter Gewalt betrof­fe­nes Kind bezie­hungs­wei­se ein betrof­fe­ner Jugend­li­cher muss bis zu sie­ben Erwach­se­ne anspre­chen, bis er oder sie Gehör fin­det.“ Ihre For­de­rung: Eine Kir­che, die Auf­ar­bei­tung ernst nimmt, darf ihre Ohren nicht ver­schlie­ßen. Sie darf Betrof­fe­ne nicht nur anhö­ren, sie muss ler­nen, zuzu­hö­ren.“ Nur durch das rich­ti­ge Zuhö­ren kön­ne ech­te Ver­än­de­rung statt­fin­den. Mag­da­le­na Lum­mer sag­te, was Sache ist: Der unge­schmink­ten Wahr­heit ins Auge zu sehen, zu wis­sen, wel­che Ver­bre­chen began­gen wur­den, wie viel Unheil gesche­hen ist, sowie die nöti­gen Gegen­maß­nah­men zu benen­nen, sind Grund­be­din­gun­gen dafür, effek­ti­ve Prä­ven­ti­ons­ar­beit leis­ten zu kön­nen.“
Berüh­rend die Wor­te von Dr. Andrea Pichl­mei­er (Bibel­pas­to­ral), die beschrieb, wie es Tätern gelingt, dass Opfer dem Fal­schen das Ohr schen­ken – auch in hei­li­gen Räumen“.

EIN BETROF­FE­NER SPRICHT:
Mein Name ist Rolf Fah­nen­bruck und ich bin Mit­glied und Spre­cher des neu­en Betrof­fe­nen­bei­ra­tes für sexua­li­sier­te Gewalt im Bis­tum Pas­sau und auch Selbst­be­trof­fe­ner.“ Nach­dem er sich mit die­sen Wor­ten vor­ge­stellt hat­te, wur­de es sehr still im Ste­phans­dom – und das Gesag­te ging unter die Haut: Ich habe als Jun­ge von elf Jah­ren durch einen kirch­li­chen Mit­ar­bei­ter in einem ande­ren Bis­tum schwers­ten sexu­el­len Miss­brauch und sadis­ti­sche Gewalt erlebt und die­ses über 40 Jah­re mit mir allei­ne aus­ma­chen müs­sen, da mir damals schon als Kind nie­mand glaub­te und nie­mand dar­über spre­chen wollte.“

Sein Appell: Wir brau­chen Sie alle, die die­sen Weg mit uns gehen, die wach­sam sind, die zuhö­ren, die sich rüh­ren, wenn Unheil droht oder bekannt wird, die Mit­ge­fühl und nicht Unglau­ben zei­gen für mög­li­che Opfer, oder die schu­li­sche oder beruf­li­che Zukunft des Kin­des höher bewer­ten, als eine Auf­ar­bei­tung eines Missbrauchs.“

Text: Wer­ner Frie­den­ber­ger (Pas­sau­er Bistumsblatt)

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