Frauen verdienen im Durchschnitt weniger Geld als Männer, selbst wenn sie ähnliche Qualifikationen und Erfahrungen haben. In Führungspositionen sind Frauen nach wie vor unterrepräsentiert. Zudem sind Frauen in der Regel stärker von Altersarmut bedroht.
Mit der Europapolitikerin Maria Noichl hatte der KDFB drei Monate vor der Europawahl eine Frau der klaren Worte eingeladen, die sich nicht davor scheute, den Finger tief in die Wunde zu legen. „Hier geht es nicht um Minderheiten. Wir sind mit 52 Prozent die Mehrheit“, stellte sie zu Beginn klar. In der aktuellen Legislaturperiode ist Maria Noichl unter anderem Mitglied im Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter. Dieser Ausschuss setzt sich für die fünf zentralen Prinzipien der Gleichstellung, auch bekannt als die „5 P“, ein: Pay, Protection, Participation, Power und Peace. Die Referentin berichtete von einigen positiven Errungenschaften aus den vergangenen Jahren. Mit der „EU Women on Boards“-Richtlinie habe man es beispielsweise geschafft, dass in börsennotierten Unternehmen in der EU mindestens 40 Prozent der Aufsichtsratsmitglieder von Frauen besetzt werden müssen. Warum ist ein europäisches Gesetz zum Thema nötig, wo es doch beispielsweise in Deutschland eigene Regelungen gibt? „Wir brauchen einheitliche Standards. In Europa darf es keinen Flickenteppich geben.“ Im konkreten Fall könnte das dazu führen, dass Länder, die weniger Gleichstellung machen, als wirtschaftlich attraktiver gelten könnten. Auch in Bezug auf „Pay“, die Bezahlung, sei viel erreicht worden, denn nun gebe es in der EU eine Entgelttransparenz-Richtlinie, die geschlechterspezifischer Lohndiskriminierung entgegenwirken soll. Darüber hinaus gebe es erstmals auch eine europäische Mindestlohnrichtlinie. Die Auswirkungen würden viele Frauen in Europa in ihrem Geldbeutel sehen. Im Bereich Protection – dem Schutz von Frauen – berichtete Maria Noichl von einer eigenen Richtlinie zum Thema „Gewalt gegen Frauen“. Mit dieser habe die EU wahrgenommen, dass es sich um ein strukturelles Problem handelt. „Wir haben auch eine Richtlinie zur Bekämpfung von Menschenhandel und arbeiten an einer Opferschutzrichtlinie“, führte sie aus.
Dennoch bleibt viel zu tun. Maria Noichl benannte klar, was sich für Frauen in Europa verbessern muss. „Es ist dringend erforderlich, dass geschlechterspezifische Gewalt in die Liste der europäischen Straftatbestände aufgenommen wird. Auch Vergewaltigung muss in diese Liste aufgenommen werden.“ Nur so könne erreicht werden, dass die Gesetze in sämtlichen Mitgliedsländern entsprechend angepasst werden. „Darüber hinaus brauchen wir einen Care-Deal“, forderte Noichl. Es sei nötig, die professionelle Care-Arbeit mit der ehrenamtlich geleisteten Care-Arbeit besser zu verzahnen. „Wir müssen gemeinsam als Männer und Frauen Care-Arbeit leisten und gemeinsam Verdienstarbeit leisten. Wir dürfen Männer nicht aus der Care-Verpflichtung entlassen“, fügte sie hinzu. Abschließend formulierte Maria Noichl Statements zu Themen wie möglichen weiteren Erweiterungen der EU, dem Einstimmigkeitsprinzip oder Ländern, „die der EU fremdgehen“, indem sie andere Werte leben. In Ungarn beispielsweise gebe es keine Frauenpolitik mehr, sondern nur noch eine „Mütterpolitik“. „Wir müssen überlegen, wie wir mit solchen Staaten umgehen. Ich wünsche mir, dass ihnen das Geld gestrichen wird. Wir müssen deutlich machen, dass Länder, die die Gleichstellung schleifen lassen, das auf den Kontoauszügen merken“, sagte Noichl. Auf ihren Vortrag folgte eine angeregte Diskussion.
Konferenzteil zeigt Vielfalt des KDFB
Neben dem Bildungsteil zeichneten weitere Elemente die diesjährige Delegiertenversammlung des KDFB-Diözesanverbandes aus. Eingeläutet wurde der Tag mit einer stimmungsvollen Andacht, die Walburga Westenberger, geistliche Beirätin des Diözesanverbandes, und Christine Lindemann, Dekanatsbeirätin für die Region Pfarrkirchen, gemeinsam mit dem örtlichen Regenbogenchor gestalteten. Die Andacht war dem „Wasser“ gewidmet. Dieses Thema beschäftigt den KDFB in diesem Jahr auf besondere Weise. Erstmals wurde gemeinsam mit dem VerbraucherService Bayern im KDFB (VSB) und der Landfrauenvereinigung ein Wasserprojekt gestartet, das für einen sorgsamen Umgang mit der Ressource Wasser sensibilisieren soll. Nach der segensreichen Andacht freute sich Diözesanvorsitzende Claudia Seibold, fast 250 Frauen bei der Delegiertenversammlung begrüßen zu dürfen. Auch Ehrengäste wie Dr. Ute Zeilmann, Vizepräsidentin des KDFB-Bundesverbandes, Sabine Slawik und Anne-Marie Ederer aus dem Landesvorstand, Bürgermeister Wolfgang Beißmann und stellvertretende Landrätin Edeltraud Plattner waren der Einladung gefolgt. Ihren Dank richtete Claudia Seibold insbesondere an den Zweigverein Pfarrkirchen, der bei der Durchführung der Versammlung unterstützend tätig war und ein großes Kuchenbuffet auf die Beine gestellt hatte.
Die vielen Seiten des KDFB wurden bei den Berichten der Diözesanvorstandschaft über die Gremienarbeit ebenso wie bei Streifzügen durch die Arbeit der Kommissionen, der Eltern-Kind-Arbeit, der Landfrauen und des VSB sichtbar. Diskutiert wurde eine geplante Änderung der Mustersatzung für Zweigvereine. Die Delegierten entschieden, dass diese im kommenden Jahr zur Abstimmung kommen soll. In der Zwischenzeit sollen unter anderem die Dekanatskonferenzen im Herbst zur Auseinandersetzung mit dem Thema genutzt werden. Anpassungen in der Diözesansatzung wurden mehrheitlich beschlossen. In den Pausen hatten die Frauen die Chance, beim ersten Kreativmarkt im Rahmen einer Delegiertenversammlung zu stöbern. DIY-Künstlerinnen aus dem KDFB hatten Stände mit ihren selbst gemachten Produkten aufgebaut. Zudem stand die Delegiertenversammlung im Zeichen der Frauensolidarität, indem Spenden für das Frauenhaus in Passau gesammelt wurden. Auch der Erlös einer Taschen- und Tüchertauschbörse war für das Frauenhaus bestimmt. Insgesamt kamen so fast 2.200 Euro zusammen.
Referentin des Bildungsteils war Politikerin Maria Noichl, die seit 2014 Abgeordnete im Europäischen Parlament ist.