Der Flug ist gebucht und Reisetaschen sind schon fast gepackt. Die Aufregung und Vorfreude ist groß. Für Diakon Günther Jäger (65 Jahre) aus Oberbuch hebt das Flugzeug am 30. Mai in Richtung Griechenland ab. Ziel ist die Insel Lesbos – die drittgrößte Insel Griechenlands in der Ägais.
Zehn Wochen wird er hier verbringen. Aber mit kristallklarem Wasser, Sandstränden, Wandern im Olivenhain und Pinienwälder, sowie Besichtigungstouren durch die sehenswerten Bauwerke der Insel wird es nichts werden.
Sein Reiseziel ist das Flüchtlingslager Moria und das Containerdorf Kara Tepe. Dort wird er an der Seite von Doro Blancke, der Initiatorin des Vereins „Doro Blancke Flüchtlingshilfe“ mitarbeiten, überall dort wo Not am Mann und der Frau ist – quasi überall.
„Warum muss es Moria sein und warum Flüchtlingshilfe?“ so die Frage, die viele stellen. Günther Jäger hat darauf eine kurze Antwort: „Ich nehme meinen Auftrag als Diakon sehr ernst. Genauso wie den Auftrag von Papst Franziskus. Er hat im apostolischen Schreiben Evangelii Gaudium gesagt, dass die Kirche an die Ränder, an die Grenzen der menschlichen Existenz gehen muss. Diese Worte haben mich sehr berührt und ich habe einen direkten Auftrag darin gesehen.“
Schon lange vor seiner Weihe zum Diakon hat er sich fest vorgenommen, sich zu für die Ärmsten in der Welt zu engagierten. „Eigentlich wollte ich in die Entwicklungshilfe, nach Afrika. Doch da hatte der Herrgott wohl einen anderen Plan für mich. Bisher hat das nämlich nicht geklappt“, schmunzelt der 65jährige.
Der innerliche Drang etwas tun zu wollen, sei in den letzten Monaten und Wochen immer stärker geworden. Er hat den Erzählungen von vielen Flüchtlingen, die hier im Umland eine erste Bleibe bis zum Asylverfahren und darüber hinaus gefunden haben gelauscht: von Krieg und Verfolgung im Heimatland, vom gefährlichen und lebensbedrohenden Übersetzen in maroden Booten über das Mittelmeer, vom Elend in den Auffanglagern, von den Zeltstädten und den dort unhaltbaren Zuständen, von der Perspektivlosigkeit, die dort herrscht und der Ungewissheit wie lange man festgehalten wird, bevor es einen Schritt vor- oder zurückgeht.
„Wenn ich jetzt als 65-Jähriger nach Lesbos fahre, dann nicht um Ehre, Respekt oder Anerkennung für mein Handeln zu erhalten. Ich möchte mich aktiv beteiligen, den Menschen ein bisschen Zuversicht zu geben. Wie ich das anstelle, weiß ich heute noch nicht. Doch ich vertraue drauf, dass der Herr mir hilft, das richtige zu tun. Ich will versuchen, den Worten Jesu aus dem Gleichnis vom Samariter zu folgen, in dem Jesus sagt: „… geh und handle genau so …“ Man hat mir schon prophezeit, dass ich anders zurückkommen werde, als ich wegfahre“, so Jäger.
Es sei recht schwierig gewesen, eine Organisation zu finden, die ihm für sein Anliegen eine Chance gibt. Oft hieß es von nationalen und internationalen Organisationen, dass er zu alt sei, die Organisation eigene Fachkräfte habe oder nur eigene Leute in die Lager schicke. „Ich wollte aber nicht zu Hause sitzen, und nur beten und spenden. Das ist sicher beides sehr wichtig und nötig, aber es genügt mir nicht mehr“, sagt er voller Überzeugung.
Hilfe die richtige Organisation zu finden, erhielt er von Pfarrer Michael Witti und Pepi Raich. Pepi Raich ist Bürgermeister in Feichten im Kaunertal (Österreich) – der Partnerstadt Feichtens, dem Hauptsitz dem Pfarrverband in dem er seinen Dienst tut. Im Pfarrverband liegen ihm vor allem die Senioren, Einsamen und Alleinstehenden am Herzen, die er regelmäßig besucht.
Konkrete Schritte unternahm der Diakon erst im März dieses Jahres. Emails wurden geschrieben und per Skype persönliche Gespräche geführt. Schnell waren sich Blancke und Jäger sympathisch. „Es hätte auch noch eine Tätigkeit über den Arbeiter-Samariterbund gegeben. Doch diese Organisation war schon einen Schritt weiter und betreut in Griechenland junge Asylsuchende in Ausbildung. Das war mir schon zu weit weg von der Basis“, so Jäger.
Wo Günther Jäger auf Lesbos unterkommt, ist ebenfalls noch unbekannt. „Ich weiß nur, dass ich in eine Privatunterkunft komme. Wenn ich mit einer zweiten Person ein Zimmer teilen muss, ist das kein Problem. Ich bin genügsam“, meint er dazu.
„Derzeit ist die 60-jährige Doro Blancke, die aus der Steiermark stammt, vor Ort und wird mich anlernen. Ich freue mich schon auf ein persönliches Kennenlernen. Wenn sie dann in den nächsten Wochen nach Hause fährt, werde ich einige ihrer Aufgaben übernehmen. So ist der Plan. Mein Rückflug ist für den 13. August gebucht. Wenn alles gut geht, werde ich an diesem Tag wieder einmal Großvater“, freut er sich jetzt schon.
Wer sich über die Arbeit von Doro Blancke informieren möchte: www.doroblancke.at
Text: Tine Limmer