Bistum

Schöpfung und Schöpfer als gemeinsame Fundamente

Redaktion am 17.01.2025

Dialog Bauernverband Foto: Wolfgang Terhörst

Eine kirchennahe Studie zur „Ernährungssicherheit, Klimaschutz und Biodiversität“ sorgte kürzlich für reichlich Unmut bei bayerischen Landwirten. Am 14. Januar hatte der Bayerische Bauernverband nun seine Mitglieder aus den Landkreisen Altötting und Mühldorf zu einem Dialog mit Bischof Stefan Oster nach Marktl am Inn eingeladen. Dieser feierte mit den Bäuerinnen und Bauern einen Gottesdienst in der Pfarrkirche St. Oswald, hörte ihre Anliegen an und stellte sich einer Aussprache.

Vie­le Köche ver­der­ben den Brei, heißt es. In einer kom­ple­xen Welt mit sehr vie­len, inter­na­tio­na­len wech­sel­sei­ti­gen Abhän­gig­kei­ten gibt es aber kei­ne ein­fa­chen Rezep­te. Und für die­se braucht es viel­leicht auch mehr Köche als in ver­gan­ge­nen Zei­ten. Das Ergeb­nis schmeckt nicht allen. Mit die­sem Bild lässt sich viel­leicht erklä­ren, was in den ver­gan­ge­nen Mona­ten zwi­schen den Bau­ern in Bay­ern und der hie­si­gen Kir­che pas­siert ist.

Eine im Sep­tem­ber 2024 erschie­ne­ne kir­chen­na­he Stu­die zur glo­ba­len Per­spek­ti­ve für Mensch und Natur nach­hal­ti­ger Boden­be­wirt­schaf­tung hat­te für gro­ßen Ärger unter baye­ri­schen Bau­ern gesorgt. Vor allem die soge­nann­te kon­ven­tio­nel­le Land­wirt­schaft, ver­tre­ten im Baye­ri­schen Bau­ern­ver­band (BBV), sah sich zu Unrecht an den Pran­ger gestellt als Boden­ver­schmut­zer. Schlag­wör­ter wie Ent­eig­nung“, Pro­fit­gier“ oder Pflicht zum Wan­del“ mach­ten die Run­de. Schnell stand nun umge­kehrt die Kir­che“ selbst am Pran­ger. Die­se sei ihnen mit der Stu­die in den Rücken gefal­len, so vie­le Bau­ern. Dabei trü­gen doch gera­de die Land­wirts­fa­mi­li­en in hohem Maße zum kirch­li­chen Leben bei.

Um den Unmut bes­ser zu ver­ste­hen, hat das Bis­tum Pas­sau einen Dia­log­pro­zess ins Leben geru­fen, des­sen ers­te Ver­an­stal­tung am 2. Dezem­ber im Haus der Begeg­nung Hei­lig Geist in Burg­hau­sen statt­ge­fun­den hat“ (sie­he www​.bis​tum​-pas​sau​.de/​a​r​t​i​k​e​l​/​d​i​a​l​o​g​-​m​i​t​-​l​a​n​d​w​i​r​t​s​chaft). Wei­te­re wer­den fol­gen. Am Diens­tag, 14. Janu­ar hat­te nun der BBV sei­ner­seits eine über­re­gio­na­len Dia­log“ in Marktl am Inn init­tiert und dazu auch Diö­ze­san­bi­schof Ste­fan Oster ein­ge­la­den. Etwa 150 Inter­es­sier­te ver­folg­ten den Aus­tausch, dar­un­ter Ehren­gäs­te wie der Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­te Ste­phan May­er und der Markt­ler Bür­ger­meis­ter Bene­dikt Ditt­mann. Ziel der Ver­an­stal­tung sol­le es sein, wert­schät­zend, fun­diert und auf Augen­hö­he mit­ein­an­der zu reden. Dem ist der Bischof ger­ne nach­ge­kom­men. Vor allem woll­te er erst ein­mal Zuhö­ren, Hören, was die Bau­ern so sehr bewegt – ein Prin­zip, dass Oster als grund­le­gend für ein syn­oda­les Mit­ein­an­der in der Kir­che betrach­tet (sie­he www​.bis​tum​-pas​sau​.de/​a​r​t​i​k​e​l​/​v​o​r​t​r​a​g​-​w​e​l​t​s​y​n​o​d​e​-​b​u​r​g​h​ausen). Nur beim Hören ist es dann aller­dings doch nicht geblie­ben, weder in dem inter­nen Vor­ab­ge­spräch mit BBV-Funk­tio­nä­ren, noch in der abschlie­ßen­den Diskussion.

Dazwi­schen hat­te Bischof Ste­fan in sei­ner Pre­digt beim Got­tes­dienst mit sechs Kon­ze­le­bran­ten in der Tauf­kir­che von Papst Bene­dikt XVI., musi­ka­lisch gestal­tet durch den Bau­ern­chor“ unter der Lei­tung von Chris­ta Hager, die tie­fe Grund­le­gung der bäu­er­li­chen Arbeit von Beginn der bibli­schen Schöp­fungs­ge­schich­te an betont. Land­wirt­schaft und Kir­che stün­den letzt­lich auf den­sel­ben Fun­da­men­ten: Schöp­fung und Schöp­fer. Immer wie­der gebe es in der Bibel schö­ne Zusam­men­hän­ge zwi­schen Gott und dem Men­schen, der in sei­ne Schöp­fung hin­ein­ge­stellt sei und die­se in sei­nem Auf­trag kul­ti­vie­ren dür­fe. Schon auf den ers­ten Sei­ten des Buchs Gene­sis hei­ße es: Dann pflanz­te Gott, der Herr, in Eden, im Osten, einen Gar­ten und setz­te dort­hin den Men­schen, den er geformt hat­te“ (1 Mose 2.8). Man kön­ne sagen, so Oster, dass es zum Urbild vom Mensch­sein und sei­nem Auf­trag gehö­re, ein Bau­er, eine Bäue­rin zu sein. Er sei über­zeugt, dass man heu­te gar nicht Land­wirt und Land­wir­tin sein kön­ne, wenn man nicht auch Lie­be hat zu die­sem Beruf und zur Schöp­fung, die uns Wachs­tum und Gedei­hen schenkt – bei Pflan­zen und Tie­ren“. Den­noch rin­ge in jedem von uns der Wunsch nach mög­lichst gro­ßem eige­nen Ertrag oder Pro­fit mit dem Pflicht­be­wusst­sein, der Ver­ant­wor­tung zu ent­spre­chen, die uns zumin­dest als gläu­bi­ge Men­schen auch von Gott über­tra­gen ist.

Zur Wirk­lich­keit gehört für Bischof Ste­fan aber auch: Unse­re Welt ist sehr kom­plex gewor­den, ein­fa­che Lösun­gen sind eher sel­te­ne Aus­nah­men.“ Er wün­sche sich eine ehr­li­che Debat­te um die gro­ßen Fra­gen glo­ba­ler Ernäh­rungs­si­cher­heit und aus­kömm­li­cher Land­wirt­schaft für die Bau­ern­fa­mi­li­en in gegen­sei­ti­gem Wohl­wol­len. Dafür leg­te der Aus­tausch nach einem gemein­sa­men Mit­tag­essen eine trag­fä­hi­ge Grund­la­ge. Der Bischof beton­te, die erwähn­te Stu­die sein kein Papier und schon gar kei­ne Hand­lungs­an­wei­sung der Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz (DBK), son­dern einer von inzwi­schen 23 Bei­trä­gen einer wis­sen­schaft­li­chen Sach­ver­stän­di­gen­grup­pe der DBK-Kom­mis­si­on Welt­kir­che – als Dis­kus­si­ons­grund­la­ge oder Impuls für die Ent­wick­lung von Land­wirt­schaft auf glo­ba­ler Ebe­ne. Ich war sehr über­rascht, wie das hier in mei­nem Bis­tum ange­kom­men ist“, erklär­te Oster, zu dem die Stu­die erst gar nicht durch­ge­drun­gen sei. Er wol­le auch selbst nicht an Pola­ri­sie­rungs­de­bat­ten teil­neh­men, zumal es in dem Papier gar nicht kon­kret um die Land­wirt­schaft vor Ort gehe, geschwei­ge denn um eine Front­stel­lung von kon­ven­tio­nel­ler“ gegen alter­na­ti­ve“ Land­wirt­schaft – das sei ein dra­ma­ti­sches Missverständnis“.

Damit aller­dings woll­ten sich die im Markt­ler Bür­ger­saal ver­sam­mel­ten Bäue­rin­nen und Bau­ern nicht ganz zufrie­den­ge­ben und for­der­ten vom Bischof, er ja eigent­lich erst ein­mal die Anlie­gen anhö­ren woll­te, Ant­wor­ten ein. Die­ser wies Angrif­fe wie den, die Kir­che tre­te als aggres­si­ver Land­käu­fer auf, der sei­ne Flä­chen zu Las­ten kon­ven­tio­nel­ler Bau­ern ver­pach­te, ent­schie­den zurück. Dabei sprang ihm Pfar­rer Peter Kie­weg aus Ering zur Sei­te. Ein Zuhö­rer kri­ti­sier­te, die Bau­ern wür­den durch die Stu­die als unwis­send und dumm hin­ge­stellt, wäh­rend selbst­er­nann­te Exper­ten den Prak­ti­kern in der Theo­rie sag­ten, was sie zu tun hät­ten. Ein ande­rer mein­te, kon­ven­tio­nel­le die Land­wirt­schaft wer­de durch den Dreck gezo­gen. Dage­gen ver­wahr­te sich Oster aber­mals, gab aber zu, dass der Pra­xis­be­zug in der Stu­die offen­sicht­lich viel zu kurz gekom­men sei. Er jeden­falls sei hoch­in­ter­es­siert an einer Alli­anz mit der Land­wirt­schaft und habe den Ein­druck, das ist mehr ein The­ma unter euch als von Kir­che gegen euch‘“.

Dar­auf­hin wich die anfäng­li­che Schär­fe in der Aus­ein­an­der­set­zung sei­tens der Land­wir­te schließ­lich der Über­zeu­gung, für eine gemein­sa­me Sache ein­zu­ste­hen: den Erhalt und die Pfle­ge von Got­tes Schöp­fung. Alt­öt­tings Kreis­bäue­rin Gabrie­le Eberl zeig­te sich ver­söhn­lich, Kir­che und Land­wirt­schaft gehör­ten zusam­men und sie sehe viel Posi­ti­ves dar­in, nun im Dia­log zu sein. Alt­öt­tings BBV-Obmann Richard Strau­bin­ger schloss den Nach­mit­tag mit Wor­ten, die zugleich Appell und Zuge­ständ­nis waren: Wir müs­sen bes­ser wer­den. Wenn wir mit­ein­an­der reden rich­ten wir mehr aus, als wenn wir über­ein­an­der reden“. So fin­den bei­de Sei­ten sicher am bes­ten gemein­sa­me Rezep­te für gesell­schafts­po­li­ti­sche Gerich­te“, die am Ende allen schmecken.

Text und Fotos: Wolf­gang Terhörst

IMG 1185 Foto: Wolfgang Terhörst

Informationen zur Studie:

Die Stu­die Ernäh­rungs­si­cher­heit, Kli­ma­schutz und Bio­di­ver­si­tät: Ethi­sche Per­spek­ti­ven für die glo­ba­le Land­nut­zung“ der Sach­ver­stän­di­gen­grup­pe Welt­wirt­schaft und Sozi­al­ethik“ betont die Not­wen­dig­keit einer glo­ba­len Land­nut­zungs­wen­de, um Ernäh­rungs­si­cher­heit, Kli­ma­schutz und Bio­di­ver­si­tät glei­cher­ma­ßen zu för­dern. Die Stu­die bie­tet eine ethi­sche Refle­xi­on bestehen­der Pro­blem­lö­sun­gen und Reform­vor­schlä­ge im glo­ba­len Kon­text, jedoch kei­ne agrar­po­li­ti­sche Fach­ana­ly­se. Sie plä­diert für eine gemein­wohl­ori­en­tier­te Ord­nungs­po­li­tik, die staat­li­che För­de­rung stär­ker auf gemein­wohl­re­le­van­te Leis­tun­gen wie Was­ser­schutz und Arten­viel­falt aus­rich­tet und soge­nann­te öko­sys­te­ma­re Dienst­leis­tun­gen“ ange­mes­sen hono­riert. Zudem for­dert sie eine kon­sens- und lösungs­ori­en­tier­te Zusam­men­ar­beit zwi­schen Poli­tik, Land­wirt­schaft und Gesell­schaft, um Nut­zungs­kon­flik­te zu über­win­den und eine nach­hal­ti­ge Land­nut­zung zu gestalten.

Statement: Katholische Landvolkbewegung Passau

Als KLB Pas­sau sehen wir uns als ver­mit­teln­des Bin­de­glied zwi­schen Land­wirt­schaft und Kir­che. Daher sehen wir es als unse­re Auf­ga­be, einen Dia­log zur Land­nut­zungs­stu­die zu för­dern, Miss­ver­ständ­nis­se auf­zu­klä­ren, eine offe­ne Aus­ein­an­der­set­zung mit den Inhal­ten anzu­sto­ßen und den Blick über den eige­nen Tel­ler­rand anzuregen.“

Marie-The­res Knab — geschäfts­füh­ren­de Bildungsreferentin

Statement: Stabsstelle Umwelt und Gemeinwohlorientierung

Aus Sicht der Stabs­stel­le Umwelt und Gemein­wohl­ori­en­tie­rung möch­te ich beto­nen, dass die glo­ba­le Erwär­mung und das Arten­ster­ben uns schlicht­weg gesamt­ge­sell­schaft­lich zu einem Umden­ken und zu einer Ver­hal­tens­än­de­rung zwin­gen, damit im Sin­ne der Enzy­kli­ka Lau­da­to Si‘ wei­ter­hin gutes Leben für alle mög­lich ist. Dies betrifft die ver­schie­dens­ten Lebens­be­rei­che und auch Berufs­stän­de. So wid­met sich die Stu­die berech­tig­ter­wei­se dem The­ma Land­nut­zung und hat dadurch nun einen wich­ti­gen Dia­log ange­sto­ßen, den wir ger­ne gemein­sam mit den Bäue­rin­nen und Bau­ern führen.“

Vere­na Holz­bau­er — Umwelt­be­auf­trag­te und Kli­ma­schutz­ma­na­ge­rin des Bis­tums Passau

Gottesdienst Zelebranten wt Foto: Wolfgang Terhörst
Zelebranten Gottesdienst: von links Pfarrvikar Sarveswara Rao Guda (Marktl), Pfr. Joachim Steinfeld (Simbach), Bernd Kasper (Bad Füssing), Bischof Stefan Oster, Pfr. Peter Meister (Marktl), Pfr. Peter Kieweg (Ering) und Landjugend-Pfarrer Michael Vogt.

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