
Seit den 80er Jahren ist in der katholischen Kirche die Spendung von Taufen und Eheschließungen rückläufig, das Bußsakrament führt nur noch ein Nischendasein und die Zahl der Gottesdienstbesucher sinkt. Das wirft die Frage auf, ob es unter diesen Umständen überhaupt noch Sakramente braucht. Genau dieser Frage ging Dr. Manuel Schlögl jüngst bei der „Einführung in das Christentum“ in Spectrum Kirche nach.
Er machte aufmerksam, dass sich der Schwerpunkt des Menschen in die technische Welt verlagert habe, worunter das Symbolverständnis, das bei den Sakramenten vorausgesetzt wird, leidet. Dazu gesellen sich innerkirchliche Spannungen, die das Ihre zur Krise der Sakramente beitragen. Während die einen an keinem Jota rütteln möchten und mit der Dogmatik und dem Kirchenrecht argumentieren, plädieren die anderen für ein völliges laissez-faire in der Sakramentenspendung. Der Referent erkennt genau hierin eine Falle, in die derzeit nicht wenige tappen: Der machpolitische Blick auf die Sakramente: Wer darf was und wer darf was nicht? Dies verkürze die Bedeutung der Sakramente, was er im Folgenden korrigierte.
Ausgangspunkt seiner Überlegungen war die These: „Ein Sakrament ist eine Heilszusage Gottes, die uns aus einem todgeweihten Leben herausruft in ein erlöstes Dasein.“ Gott ist im Sakrament der eigentlich Handelnde, der dem Menschen Heil zusagt. Dazu bedienen sich die Sakramente ambivalenter Symbole: Aus dem Wasser der Sturzflut wird in der Taufe das Wasser neuen Lebens, aus dem Öl der Körperpflege ein Zeichen für die Stärkung des Glaubens, aus dem Brot des Esstischs kraft des Gottesgeistes der Leib Jesu. Die Sakramente machen so deutlich, dass das Christentum eine „therapeutische, heilende, erlösende und befreiende Religion“ ist, die eines intendiert: Den erlösten, versöhnten Menschen
Indem die Sakramente gefeiert werden, ereignet sich in ihnen Vergegenwärtigung des Vergangenen“, der Heilstaten Gottes in Jesus Christus. Und weil sie dem Menschen und dessen Heil gelten, beziehen sie bewusst auch die Leiblichkeit des Menschen ein. Schlögl machte auch auf die Wirkmächtigkeit der Sakramente aufmerksam. Am Beispiel zweier bekannter Persönlichkeiten, Paul Claudel und Charles de Foucauld, zeigte er auf, wie deren Leben konkret durch die Sakramente eine völlige Wende erfahren haben.
Abschließend ging der Referent auf offene Fragen ein. Sakramente müssen „umsonst“ sein, nicht im pekuniären, sondern im Sinne des Geschenkcharakters. Gott gibt gratis, ohne Vorleistung, ohne Bedingung, einfach aus Liebe. Daher eignen sich die Sakramente nicht zur Verzweckung, auch nicht im Sinne der Neuevangelisierung. Mit Romano Guardini formulierte Dr. Schlögl: Sakramente sich zweckfrei, und doch sinnvoll.
Eingangs verwies Dr. Bernhard Kirchgessner auf das soeben Verlag Pustet erschienene Buch „Einführung in das Christentum – für heute“, das die ersten sieben Referate der Vortragsreihe enthält. Kardinal Kurt Koch schrieb ein Geleitwort hierzu und Papst Benedikt bedankte sich „beim lieben Monsignore Bernardo“ für das Bemühen von Spectrum Kirche, Menschen im Haus zu versammeln, die „auch heute nach dem inneren Verstehen der Botschaft Jesu suchen“. Dies zeige, dass auch unter erschwerten Bedingungen der Glaube vermittelt werden könne.
Text: Domvikar Msgr. Dr. Bernhard Kirchgessner