Mit einem Appell, Kirche lebendig zu gestalten, ist am Samstag (1. Februar 2020) in Frankfurt am Main die erste Synodalversammlung des Synodalen Weges in Deutschland zu Ende gegangen. Bischof Stefan Oster berichtet im Interview über seine Eindrücke.
Seit Donnerstag hatten sich rund 230 Mitglieder der Synodalversammlung und 20 Beobachter aus dem benachbarten Ausland und der Ökumene versammelt, um den von der Deutschen Bischofskonferenz und dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) ausgerichteten Synodalen Weg inhaltlich zu gestalten. Neben einer theologischen Grundlegung über den Begriff „Synodalität“ und der Verabschiedung der Geschäftsordnung stand die inhaltliche Auseinandersetzung mit den vier Themen für die Synodalforen im Vordergrund der Beratungen. Diese umfassen die Bereiche „Macht und Gewaltenteilung in der Kirche – Gemeinsame Teilnahme und Teilhabe am Sendungsauftrag“, „Priesterliche Existenz heute“, „Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche“ und „Leben in gelingenden Beziehungen – Liebe leben in Sexualität und Partnerschaft“.
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, zog eine positive Bilanz der ersten Synodalversammlung. „Das Experiment ist im ersten Akt gelungen. Spürbar war ein neues Miteinander, das sich in der Form der Gottesdienste, im gegenseitigen Zuhören bis hin zur Sitzordnung gezeigt hat. Die Versammlung war ein großartiger Querschnitt der Kirche in unserem Land. Wir sind dankbar für die Offenheit und Ehrlichkeit und den guten Umgangston von Anfang bis zum Ende“, so Kardinal Marx. In Frankfurt habe man gespürt, dass sich die Kirche – trotz aller Krisen – im Aufbruch befinde. „Es ist ein Suchen, Ringen und Positionieren, aber es ist gelungen, Barrieren, die uns blockieren, abzubauen. Der Synodale Weg ist ein Prozess, Neues zu wagen, er ist ein geistliches Experiment“, so Kardinal Marx. „Dieses Experiment ist davon geprägt, dass wir keine Mauern um uns herum aufbauen, dass es keine Tabus in der Debatte gibt, sondern alles geprägt sein muss von der Frage, wie wir als Kirche glaubwürdiger werden.“ Kardinal Marx kündigte an, über die erste Synodalversammlung in Kürze auch Papst Franziskus zu informieren.
Der Präsident des ZdK, Prof. Dr. Thomas Sternberg, betonte in einer abschließenden Pressekonferenz, dass die ersten Schritte gemacht seien: „In bunter Mischung tagte die Synodalversammlung. Es hat sich gezeigt, dass sich auch in der Sitzfolge der Geist ausdrücken kann und durch erstaunliche und überraschende Nachbarschaften, die zum Kennenlernen führen, fruchtbar wird.“ Längst seien die Themen des Synodalen Weges, die ihren Ausgang in der MHG-Studie („Sexueller Missbrauch an Minderjährigen durch katholische Priester, Diakone und männliche Ordensangehörige im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz“) haben, über diesen konkreten Anlass hinaus grundsätzlicher geworden. „Viele Reformthemen wurden in den vier Forenbereichen deutlich angesprochen. In klarer Sprache eröffnete sich ein Kaleidoskop von Standpunkten, Meinungen und Erfahrungen“, so Prof. Sternberg. „Unter der aufmerksamen Begleitung der Glaubensgeschwister aus den europäischen Nachbarländern und aus den anderen christlichen Kirchen ist deutlich geworden, dass eine große Mehrheit der Versammelten Reformen und Veränderungen will, um als Kirche Vertrauen zurückzugewinnen und glaubwürdig Zeugnis von dem geben zu können, woraus sie leben will.“ Die Synodalversammlung habe gezeigt, dass auch ein Diskussions- und Entscheidungsprozess ein geistlicher Weg sein könne. „Die vergangenen Tage geben uns Zuversicht. Der Weg entsteht beim Gehen, die erste Strecke ist gelaufen“, so Thomas Sternberg.
Text: DBK / Synodaler Weg
Fragen an Bischof Dr. Stefan Oster SDB nach dem Abschluss der ersten Synodalversammlung:
Wie haben Sie die erste Synodalversammlung erlebt?
Ambivalent. Auf der einen Seite empfinde ich es als gute Erfahrung, wenn wir wirklich in ein echtes Gespräch kommen. Und ich unterstelle den allermeisten auch, dass sie das wollen. Und ich hatte mit vielen Menschen gute Begegnungen. Auf der anderen Seite geht es in den Gesprächsforen um die großen Reizthemen. Und die sind einerseits emotional sehr aufgeladen, andererseits will eine große Mehrheit Änderungen bei diesen Themen. Und beide Faktoren machen ein sachliches Gespräch tatsächlich schwierig — zumal unter permanenter medialer Beobachtung. Damit wird dann gefühlt schnell klar, wer vermeintlich richtig und wer falsch liegt.
Sie sind dem Forum „Sexualmoral“ zugeteilt. Was ist Ihnen wichtig, in dieses Forum einzubringen?
Ich habe grundsätzlich sehr großes Vertrauen in die Lehre der Kirche. Sie ist voller Weisheit und Menschenkenntnis — auch und gerade für diesen Bereich. Andererseits erlebe ich, dass gerade diese Lehre für viele Menschen kaum noch vermittelbar ist. Das hat viele Gründe, auch unsere eigene Glaubwürdigkeit. Wenn ich einen Beitrag leisten könnte, hier zu vermitteln, wäre ich schon dankbar.
Mit welchen Empfindungen blicken Sie auf die kommenden zwei Jahre bezüglich des Synodalen Wegs?
Ich habe in den letzten Tagen wieder einiges gelernt — bin vielen Menschen begegnet und lerne neue Perspektiven kennen. Darauf freue ich mich. Sorge habe ich bezüglich der Wucht, mit der manche Änderungen eingefordert werden. Das entwickelt eine Dynamik, der man sich nur schwer entziehen kann, und durch die man mit großer Selbstverständlichkeit bereit ist, sich über kirchliche Lehre hinwegzusetzen. Freilich immer unter dem Stichwort „Weiterentwicklung“. Damit zeichnet sich für die, die hier nicht mitgehen wollen oder können, eine noch deutlichere Polarisierung ab, als wir sie ohnehin schon haben. Das macht mit wirklich Sorgen.
(Interview: Passauer Bistumsblatt)