Für viele Menschen auf der ganzen Welt ist auch heute ein Leben in Frieden nicht möglich. Ihr Alltag und ihre Lebenssituationen sind von Unfrieden gekennzeichnet. Gemeinsam mit Projektpartnerinnen und –partnern, setzen sich die Katholischen Hilfswerke, MissionarInnen und die WeltkirchereferentInnen der bayerischen Diözesen unter dem aktuellen Motto „Frieden leben“ weltweit für Versöhnung und Frieden ein, besonders in Regionen, in denen Ethnien verfeindet sind, in denen Extremisten die Menschen gegeneinander aufbringen und Christinnen und Christen um ihr Leben fürchten müssen.
Sie stehen dafür, Grenzen zu überwinden und aus dem eigenen Glauben heraus den fremden Glauben zu achten. Christine Krammer, Leiterin des Referats Mission und Weltkirche im Bistum, fasst das übergeordnete Ziel zusammen: „Indem wir das Gemeinsame suchen, machen wir eine Welt möglich, in der wir einander die Hand reichen. Wir hoffen, dass durch das Beschäftigen mit der Frage ‘Was trägst Du zum Frieden bei?’ viele Menschen dazu animiert werden, über die Bedeutung und den Wert von gelebtem Frieden nachzudenken. Denn nur dort wo Frieden herrscht, haben die Menschen die Chance auf eine lebenswerte Zukunft.“
Ihren eigenen Beitrag zum Frieden leisten auch Schwester Teresa Maier, Padre Norbert Penzkofer und Schwester Barbara Roßmadl. Sie sind drei der letzten MissionarInnen des Passauer Bistums. Im Laufe ihrer zum Teil bereits Jahrzehnte andauernden Zeit in ihren Einsatzländern Simbabwe, Brasilien und Sambia haben sie Kultur und Menschen der Länder kennengelernt, prägende Erfahrungen gesammelt und ihren Glauben weitergegeben.
Schwester Teresa Maier gehört zu den Missionsdominikanerinnen vom hl. Herzen Jesu. Vor mehr als 50 Jahren hat sie den Vortrag einer Schwester ihrer heutigen Kongregation über Afrika gehört. Nach der Krankenpflege- und Hebammenausbildung in London ist sie 1963 nach Simbabwe ausgereist, wo sie über die Jahre in der Krankenpflegeschule unterrichtet und in den ordenseigenen Krankenhäusern gearbeitet hat.
Padre Norbert Penzkofer ist in Tittling und Hacklberg aufgewachsen und ist dem Ruf gefolgt, Priester zu werden. Mit der Zeit sei dabei das eigentliche Priesterwerden in den Hintergrund getreten und stattdessen der Wunsch, sein Leben Gott zur Verfügung zu stellen, zentral geworden. Als ihm nach Abschluss seines Studiums angeboten wurde, ein Pastoraljahr in Brasilien anzutreten, hat er sofort zugesagt. 1970 ist er nach Palmares ausgereist, wo er noch immer lebt.
Schwester Barbara Roßmadl war schon immer interessiert an anderen Kulturen und hat zuvor bereits als Missionarin auf Zeit in Argentinien gelebt und gearbeitet. Überzeugt von der Weltoffenheit, Internationalität und Interkulturalität der Steyler Missionsschwestern entschied sie sich nicht nur für das Ordensleben, sondern auch für die Mission. 2017 reiste sie nach Sambia aus.
Im Interview erzählen die drei MissionarInnen von ihren Erfahrungen.
Ihnen entgeht ein toller Beitrag!
Wie sieht Ihre tägliche Arbeit aus?
Sr. Barbara Roßmadl: Ich bin die Leiterin eines Ausbildungszentrums für gefährdete Mädchen und Jungs. Wir haben angefangen speziell mit Mädchen, die gefährdet sind, die z.B. keine Ausbildung machen können, weil sie in der Kinderarbeit waren oder sind. Wir ermöglichen ihnen eine kostenlose Ausbildung in den Bereichen Computertraining, Nähen, Schneiderei oder eine Ausbildung zur Köchin.
Sr. Teresa Maier: Wir haben drei ordenseigene Missionskrankenhäuser. An zwei Krankenhäusern haben wir eine Krankenpflegeschule dabei und da war ich die Lehrschwester, also musste ich die Krankenpflegeschülerinnen und ‑schüler ausbilden. Das war meine Hauptaufgabe bis zum Befreiungskrieg in den 70er Jahren. Und dann habe ich im Krankenhaus mitgearbeitet. Jetzt bin ich im Altenheim. Wir haben eine Pflegestation im Haus, da war ich noch für mehrere Jahre, aber seit zwei Jahren bin ich jetzt ganz weg von der Pflege. Ich bin ja 87 (lacht). Ich habe jetzt die Sakristei, wir haben eine Kapelle und haben jeden Tag Messe. Ich habe jetzt sehr viel Freizeit, was ich eigentlich genieße.
Padre Norbert Penzkofer: Ich bin 76, eigentlich sollte ich ja im Ruhestand sein. Aber genau in der Woche, in der mich die Diözese Passau in Ruhestand versetzt hat, ist der Bischof gestorben und ich wurde in der gleichen Woche zum Administrator gewählt. Aber seit zwei Monaten haben wir jetzt einen neuen Bischof, die Vakanz war genau ein Jahr. Am Vormittag gehe ich jetzt oft in die Kurie und auch in die Finanzverwaltung. Dann kümmere ich mich auch ein wenig um Baumaßnahmen. Meistens am Abend sind dann die Gottesdienste.
Das Wort missionieren hat vor allem durch die Kolonialisierung einen negativen Klang erhalten. Wie begegnen Ihnen die Menschen vor Ort?
Padre Norbert Penzkofer: Als ich nach Brasilien gekommen bin, waren es 16 Priester und von diesen 16 waren zwölf Ausländer und nur vier Brasilianer. In unserer Gegend war es fast normal, dass die Priester Ausländer sind. Deswegen wurden wir eigentlich immer gut angenommen. Der Priester hier hat letztlich keine Nationalität. Heute sind wir 35 Priester und der einzige Ausländer bin ich. Ich bin jetzt seit 1991 Generalvikar, also 30 Jahre. Vor 1,5 Jahren, als unser Bischof an Covid gestorben ist, total unerwartet mit 56 Jahren, wurde ich auch zum Diözesanadministrator gewählt, praktisch einstimmig. Ich glaube, das sind alles Zeichen, dass man angenommen ist. Aber ich spüre schon, dass die brasilianischen Priester mehr im Volk stehen als wir Ausländer. Man versteht sich gut, aber ich freue mich darüber, dass die brasilianischen Priester einen besseren Draht zu den Leuten haben als ich. Ich bin da sehr zufrieden damit.
Sr. Barbara Roßmadl: Uns begegnen die Menschen eigentlich sehr positiv. Da hat das gar nicht mal einen so negativen Touch, weil sich die Kirche als missionierende Kirche versteht. Auch untereinander. Für sie war es von daher auch immer normal, dass ausländische Ordensleute im Land sind und waren und dass das gerade in den letzten Jahren auch nicht mehr als Irgendetwas-Überstülpen empfunden wird, sondern dass sich das Missionsverständnis geändert hat und sie immer mehr begreifen und umsetzen: Wir müssen untereinander Mission sein und weitergeben.
„Für mich ist Mission, beim Herrn zu sein und dann achtsam zu sein, was er von einem in einer konkreten Situation will.”
Welche Bedeutung hat für Sie der Begriff Mission?
Padre Norbert Penzkofer: Im Markus-Evangelium im dritten Kapitel ist es ungefähr so: Jesus stieg auf einen Berg und rief zu sich, die er wollte. Und er wählte zwölf, dass sie ständig bei ihm sein sollten und um sie auszusenden, das Evangelium zu verkünden. Dieses „bei ihm sein“ und „das Evangelium verkünden“. Ich glaube, das gehört zusammen. Für mich ist Mission, beim Herrn zu sein und dann achtsam zu sein, was er von einem in einer konkreten Situation will. Mission war für mich immer die Bemühung, dass das Evangelium immer mehr konkret wird in unserem Leben.
Sr. Teresa Maier: Dass man nur predigt, das wollte ich eigentlich nicht. Mir war’s immer eher wichtig, den Glauben vorzuleben. Nicht so formell, einfach mehr den Menschen durch Gebet und Gemeinschaft vermitteln, was mir der Glaube bedeutet und was der Glaube überhaupt bedeutet.
Sr. Barbara Roßmadl: Für mich ist es wichtig, die Liebe, die ich erfahren habe oder immer wieder erfahre, einfach durch die Gottesbeziehung auch an die Menschen, an die Mitschwestern weiterzugeben, aus der Fülle zu schenken. An Menschen, die diese Liebe Gottes vielleicht noch nicht so erfahren haben.
In Westeuropa herrscht seit Jahrzehnten eine große Glaubenskrise. Wie ist die Situation in Ihrem Land?
Sr. Teresa Maier: Das religiöse Leben ist schon viel aktiver in Afrika. Die Kirchen sind voll am Sonntag und die machen mit, es ist eine Lebendigkeit da. Wenn dann die Trommeln – die haben sie auch im Gottesdienst – gespielt werden, dann bewegt sich die ganze Kirche. Die sind einfach lebhafter dabei. Nicht alle, natürlich, aber im Allgemeinen ist der Glaube viel lebendiger in Afrika als hier in Deutschland. Das ganze Glaubensleben ist mehr ins Leben eingebunden.
Sr. Barbara Roßmadl: Hier in Sambia hinterfragt auch die junge Generation immer mehr, ist nicht mehr ganz so selbstverständlich. Aber trotz allem sind sie sehr offen für den Glauben und sehr empfänglich. Es sind oft die jungen Leute, von denen manche fernab von der Kirche waren und trotzdem sagen: Ich glaube. Und die dann auch wieder die Motivation haben, zu deren eigenen Kirchen zurückgehen. Also da ist diese Offenheit und auch dieses Gespür und dieses Wissen, da ist jemand Größeres. Da ist Gott, der mich einfach trägt und zu dem ich immer gehen kann.
Padre Norbert Penzkofer: Brasilien ist schon sehr geprägt von der westeuropäischen Kultur. Die Säkularisation, die spürt man natürlich auch hier. Es gibt Gegenden, wo die Leute noch sehr traditionell und spontan und sehr lebendig sind. Nach der letzten Volkszählung – die ist schon über zehn Jahre her – wurde deutlich, die katholische Kirche verliert stark Leute an die freikirchlichen Bewegungen, die charismatischen Bewegungen. Aber was mehr sorgt: Früher gab es hier fast niemanden, der sagt, ich habe keine Religion. Und bei der letzten Volkszählung machte sich das schon bemerkbar.
Welche Persönlichkeitsmerkmale sollte man besitzen, um als MissionarIn arbeiten zu können? Benötigt man Mut und Abenteuerlust?
Sr. Teresa Maier: Es ist einfach, glaube ich, im Grunde der Wille, dass man anderen helfen möchte. Man braucht schon auch Ausdauer, muss ein bisschen in sich gefestigt sein und eine Glaubensüberzeugung haben. Ich glaube, nur Abenteuerlust würde einen nicht tragen. Wenn man schon einmal ins Kloster gehen möchte, muss man sowieso die Einstellung haben, dass man sein Leben im Glauben leben möchte. Also das Leben einfach für Gott und die Menschen hingeben. Als ich ging – ich ging 1963 – da war es noch nicht so, dass man sagt, nach so und so vielen Jahren darfst du wieder heim für Urlaub. Das hat es damals nicht gegeben. Als ich weg bin, habe ich zu meinen Leuten ade gesagt, auf nimmer Wiedersehen. Aber ich glaube, wenn man wirklich den Willen hat, man möchte das tun – ein bisschen Abenteuerlust war vielleicht schon dabei anfangs – dann kann man das. Und ich sage nicht, dass es mir nicht schwergefallen ist, aber das nimmt man dann einfach an, weil es die Lebensaufgabe, die ich mir vorgestellt habe, erfordert.
Padre Norbert Penzkofer: Ich glaube, das Erste ist immer: Höre, Israel! Deshalb meine ich, um Missionar zu sein, muss man jemand sein, der hört, sowohl auf das Wort Gottes wie auch auf die Leute. Ihnen nichts überzustülpen, sondern frei zu sein von Plänen, das ist wichtig.
Sr. Barbara Roßmadl: Gottvertrauen, Offenheit, sich auf Neues einlassen zu können. Das sind eigentlich so die Kernpunkte. Wenn ich an meinen niederbayerischen Wurzeln festhängen würde und einfach nur stur sage, so muss alles laufen, scheitere ich.
Welche Erfahrung hat sich in all den Jahren am stärksten bei Ihnen eingeprägt?
Sr. Teresa Maier: Ich habe so ungefähr alles miterlebt. Erst die Kolonialherrschaft noch, dann den Befreiungskrieg, dann die schwarze Regierung. Das war natürlich sehr enttäuschend für uns alle, weil das Land vorher so gut dagestanden hat. Jetzt ist wirklich ein großes Elend unter der Bevölkerung von Simbabwe. Die meisten haben keine Arbeit, keine Sozialhilfe, nichts. Wenn die Eltern für ein Schulkind das Schulgeld nicht zahlen, dann kann das Kind nicht zur Schule. Und das ist einfach traurig. Jetzt, wo ich nicht mehr aktiv in der Pflege bin, zahle ich mit Hilfe von Spenden das Schulgeld für Kinder.
Sr. Barbara Roßmadl: Mich fasziniert besonders, wie das Christsein und der Alltag in Sambia zusammengehören. Also von staatlichen Institutionen und Treffen bis hin zu privaten Treffen, die manchmal z.B. ganz spontan mit einem Gebet angefangen oder aufgehört werden. Aber eben auch wenn in Institutionen, staatlichen Regierungskreisen, auf lokaler Ebene oder auch in Fernsehübertragungen mit einem Gebet begonnen wird. So im Bewusstsein, wir können alles wirklich nur machen unter der Leitung Gottes. In seinem Beisein werden wir immer die besten Entscheidungen treffen. Dieses Grundvertrauen, das sich durchzieht von den einfachen Leuten im Dorf bis eben zu Regierungsbeamten, das ist wirklich dieses Christsein.
„Wo ich bin, wohin ich entsandt bin: die Liebe Gottes weiterzugeben — wirklich zu leben und spürbar zu machen.”
Gibt es ein übergeordnetes Ziel, welches für Sie persönlich im Zentrum Ihrer Arbeit steht?
Sr. Teresa Maier: Jetzt ist meine Aufgabe hauptsächlich, das Schulgeld für die Kinder zu bezahlen, und das Gebet für den Erfolg von denen, die noch aktiv in der Missionsarbeit stehen. Dass sie geleitet sind, dass Gottes Segen über allem ist und dass die Mission, die Missionierung, weitergeht im Land. Dieses Anliegen nehmen wir mit in die Gebetsstunde jeden Tag.
Padre Norbert Penzkofer: Ich war immer sehr gerne Pfarrer und ich habe sehr schöne Erfahrungen als Pfarrer. Aber wenn ich auch Pfarrer war, habe ich immer versucht, Zeit zu finden für Jugendliche, die irgendwie am Priesterberuf interessiert sind. Es geht nicht darum, Priester zu werden, sondern es geht darum, sich vor unseren Herrn zu stellen und ihm zu erlauben, dass er uns an die Hand nimmt und uns führt.
Sr. Barbara Roßmadl: Die Liebe Gottes einfach weitergeben. Das ist ein übergeordnetes Ziel, wo ich sage, das tue ich in Sambia, würde ich aber auch tun, wenn ich nach Deutschland zurück oder irgendwo anders hin versetzt würde. Wo ich bin, wohin ich entsandt bin: die Liebe Gottes weiterzugeben — wirklich zu leben und spürbar zu machen.