„Gerufen und gefordert. Kirche in Europa und der Welt“ – unter diesem Leitwort diskutierte der Diözesanrat der Katholiken im Bistum Passau mit hochkarätigen Gästen in der Landvolkshochschule Niederalteich. Der Theologe und ZdK-Vizepräsident Thomas Söding und der Pressesprecher der Deutschen Bischofskonferenz, Matthias Kopp, gaben am zweiten Tag der Vollversammlung wertvolle Impulse.
Passau. Was muss passieren, damit die Kirche nicht weiter an Vertrauen verliert, sondern damit das, was sie hat, erlebbar wird und die Menschen interessiert? Teilhabe, veränderte Entscheidungsprozesse, Verwurzelung vor Ort und das Überwinden innerkirchlicher Reibungsprozesse nannte Diözesanratsvorsitzender Markus Biber als Antworten nach einem spannenden Studientag mit DBK-Sprecher Matthias Kopp und ZdK-Vizepräsident Thomas Söding.
Matthias Kopp war als Sprecher der deutschen Sprachgruppe, Thomas Söding als theologischer Experte bei der Weltbischofssynode in Rom dabei. Beide haben zudem den Synodalen Weg in Deutschland von Anfang an mitgestaltet. Entsprechend interessant konnten sie über diese Weichenstellungen in der katholischen Kirche berichten.
Für beide steht fest, dass der Weg, den die Kirche eingeschlagen hat, unumkehrbar ist. Kopp, per Zoom live zugeschaltet, erinnerte an die großen, runden, nicht hierarchisch besetzten Tische bei der Weltbischofssynode, die Momente des Schweigens zwischen den Wortbeiträgen, die Teilnahme vieler Frauen, den starken Tiefgang bei theologischen Themen. „Dahinter kommen wir nicht mehr zurück“, ließ er keinen Zweifel. Das Abschlusspapier sei ein „starkes Dokument“, das eine hoffnungsvolle Perspektive eröffne und Mut mache. Er hoffe, dass der Papst die Kraft habe, diese starken Impulse beim Abschluss der Synode im Oktober 2024 aufrechtzuerhalten. Auf Fortschritte hoffe er etwa bei neuen Formen der Seelsorge, der Verkündigung und Laienbeteiligung und der Frauenfrage. „Diese vier Wochen in Rom waren für mich ein persönliches und geistliches Highlight“, bekannte Kopp. Und das will etwas heißen, nachdem er die Ewige Stadt in und auswendig kennt und als langjähriger DBK-Sprecher viel erlebt hat.
„Zwei Schritte vor, einer zurück“ – unter dieses Leitwort stellte Thomas Söding seinen Vortrag in Niederalteich. Er sieht in den Reformbemühungen in Deutschland und bei der Weltkirche den „stärksten Aufbruch seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil“. Er machte auch deutlich, dass der Synodale Weg in Deutschland nicht nur kritisiert werde. „Wir bekommen unglaublich viel Zustimmung aus der katholischen Welt. Was in Deutschland passiert, hat Wirksamkeit weit über die Grenzen hinaus.“
In seinem Vortrag zeigte er Gemeinsamkeiten und Unterschiede, Verlauf und Wirkung des deutschen und römischen Wegs auf. Zentrale Fragen seien: Wie kann Klerikalismus überwunden werden, ohne das Bischofsamt zu beschädigen? Wie können die Rechte von Frauen gestärkt werden, ohne dass die sakramentale Grundstruktur infrage gestellt wird? Wie bleibt die katholische Kirche zusammen, wenn sie in wichtigen individualethischen Fragen uneins ist? Verbunden seien all diese Fragen und Prozesse durch die Verkündigung des Evangeliums und die Synodalität, die er als Metathema bezeichnete. Interessante Unterschiede, die Söding ausgemacht hat: Das Diskussionsspektrum in Deutschland sei offener, der Erfahrungsraum in Rom sei weiter. „Der bessere Austausch tut not. Deutschland muss neue Themen erschließen, Rom Entscheidungen treffen“, fasste der Professor der Ruhr-Universität Bochum zusammen. Er sei angespannt, aber optimistisch, dass der deutsche Weg auch in Rom verstanden wird.
Für Deutschland wünscht Söding sich „weniger Gremien, die dann aber mehr zu sagen haben“. Mit größeren Rechten steige dann deren Attraktivität. Für den römischen Weg erhofft er sich, dass Synodalität als Prinzip gestärkt wird. Mit der Forderung nach mehr Partizipation, der Öffnung des Zölibats und der Förderung der Gleichberechtigung habe es beim ersten Teil der Weltbischofssynode eine Fülle von Impulsen gegeben, die eigentlich den deutschen Weg stärkten. Jetzt sei es wichtig, am Kommunikationsproblem zwischen den Beteiligten dies- und jenseits der Alpen zu arbeiten. „Wir müssen im Gespräch bleiben mit Rom und zeigen, dass das, was wir in Deutschland vorhaben, der katholischen Kirche hilft“, sagte Söding. Evangelisierung stehe keinesfalls im Widerspruch zur Lösung von Strukturproblemen, sondern es gebe einen inneren Zusammenhang.
Dass die Kirche mit dem Rücken zur Wand steht, machte am Ende der Tagung Matthias Kopp deutlich: Der jetzige Prozess sei entscheidend, weil er verbindlich sei. Aus diesem Grund erhoffe er sich konkrete Ergebnisse, da sonst der Massenexodus aus der katholischen Kirche unaufhaltsam fortschreiten werde. Er habe in seiner Zeit als Archäologe viele Mosaike freigelegt. Der Synodale Weg sei ein großes Mosaik, verdeutlichte Kopp. Auch wenn es manchmal frustrierend sei, „werden wir dieses Mosaik Stück für Stück weiter legen“. Dazu brauche es einen langen Atem und viele kleine Schritte.
Dem schloss sich ein sichtlich zufriedener Diözesanratsvorsitzender Markus Biber in seinem Schlusswort an: „Diese beiden Tage haben Hoffnung gemacht und mögliche weitere Schritte aufgezeigt.“
Text+Fotos: Wolfgang Krinninger