
Ich bete. Eine Feststellung, die oft eher wie ein Geständnis klingt und von so manchem belächelt wird. Beten, das heißt für viele Menschen, in unserer säkularisierten, westlichen Gesellschaft, naiv genug sein, um mit jemandem zu reden, der eigentlich gar nicht da ist.
Beten, das endet für viele schon beim „Vaterunser“. Beten, das ist vielen ein Rätsel. Einen einfachen Zugang zu diesem Schatz unseres Glaubens finden Suchende jetzt nicht nur auf der Internetseite des Bistums, sondern auch auf jener des Gnadenorts Altötting, wo sich viele in ihren Bitten direkt an die Schutzpatronin Bayerns oder den Hl. Bruder Konrad wenden.
Millionen Menschen teilen ihr Leben heute mit anderen im Internet. Sie zeigen Bilder ihres Alltags und teilen ihre Gedanken, Sorgen, Hoffnungen, Träume. Mit Beten hat das mehr zu tun, als man glauben mag: Mit beidem teilen wir unsere Freuden und Nöte mit anderen. Nur, dass es beim Beten um viel mehr geht: die Zwiesprache mit Gott. Und die muss nicht kompliziert sein.
Der Begriff „Beten“ geht auf das Bitten zurück. Viele Christen tragen ihre Bitten und Hoffnungen im Gebet zu Gott, sei es mit Gebeten wie dem „Vaterunser“, die zusammen im Gottesdienst gesprochen werden, oder eigenen, stillen Gedanken. Sie suchen und finden Zuflucht, bauen ein stützendes Gottvertrauen auf und geben Sorgen ein Stück weit an Gott ab. Und trotzdem: Über den persönlichen Glauben und vor allem übers Beten redet man wenig, außer vielleicht im allerengsten Kreis. Für alle sichtbar nach außen tragen, wie man es in sozialen Medien mit so vielen alltäglichen Dingen tut, würde das persönliche Gebet kaum jemand. Doch das geht — ganz ohne sich zu sehr offenbaren zu müssen und ohne einen bestimmten äußeren Rahmen.
Im Bistum Passau geht das auf klassische Weise etwa mit Gebetsbüchern an Wallfahrtsorten wie Altötting, in denen jeder — auch anonym — sein Gebet aufschreiben kann. Neu sind die digitalen Möglichkeiten, sein Gebet vor Gott und andere Gläubige zu bringen: Gebetsanliegen können Sie digital auf der Webseite des Bistums Passau unter https://www.bistum-passau.de/spiritualitaet-glaube/gebetsanliegen verfassen — ganz anonym, mit Ihren eigenen Worten.
Ebenso funktioniert der neue Service auf der Website des Gnadenorts Altötting unter:
Die Anliegen sind für andere sichtbar – oft spürt man schon beim Lesen: Jeder Mensch hat seine Sorgen und muss sich im Laufe seines Lebens den unterschiedlichsten Herausforderungen stellen. Schon allein dadurch ergibt sich eine psychosoziale Komponente, ähnlich wie bei einer Selbsthilfegruppe, in der das trostlose Gefühl, ganz allein mit seinen Problemen zu sein, durchbrochen wird und sich die Bittenden in der virtuellen Gebetsgemeinschaft getragen fühlen. Dabei kann dieses entstandene Wir-Gefühl noch durch die Möglichkeit verstärkt werden, eine virtuelle Kerze für die Anliegen anderer Beter leuchten zu lassen — ganz nach dem Leitspruch des Bistums: Wer glaubt ist nie allein!
Text: Tamina Friedl
Bild: Simona Kehl