
Jetzt proben sie alle wieder die Spiele von der Herbergssuche, von Maria und Josef auf dem Weg durch Dunkel und Kälte, von den Hirten, die da kommen, um das Kind in der Krippe anzuschauen. Wir haben diese Geschichte längst verlegt in unsere eigene Lebenswelt, es gibt bekannte "Heilige Nacht" von Ludwig Thoma oder eine "Niederbayerische Weihnacht". Denn irgendwie wollen wir dieses Geschehen doch auch mit unserem Leben in Verbindung bringen.
Dabei wird uns doch deutlich gezeigt: Jesus tritt ein in unsere menschliche Geschichte, in die Weltgeschichte. Und Lukas kann ihn sogar ziemlich genau einordnen. Er zählt die Namen alle auf, die damals wichtig waren: Pontius Pilatus, Herodes, Philippus, Lysanias und natürlich den römischen Kaiser Tiberius. Da wird Jesus mitten hinein gestellt in die Machtgefüge dieser Welt. In Jesus kommt Gott uns Menschen ganz nahe, berührbar nahe, da wird er buchstäblich begreiflich. Jesus kommt zur Welt als Kind. Der große Gott macht sich in Jesus ganz klein und wehrlos.
Mit Jesus, so hatten es die ersten Christengemeinden erfahren, ging der Welt ein Licht auf, Gottes Licht der Barmherzigkeit und der Güte, des Friedens und einer neuen Gerechtigkeit. Auf einmal war dieser Gott nicht mehr weit weg, nicht über den Menschen, sondern bei den Menschen.
Keiner weiß, wann Jesus wirklich geboren wurde, ja selbst das Jahr hat sich als nicht ganz so sicher herausgestellt. Wir feiern unser Weihnachten am 25. Dezember, und sicher werden Maria und Josef nicht durch kalte Winternächte und durch Schnee und Wind gewandert sein, wie wir es in unseren alten Liedern besingen. Aber es ist doch irgendwie gut, dieses Fest Weihnachten eben in dieser dunklen Jahreszeit zu feiern, wenn wir kleine Lichter anzünden müssen, damit wir das Dunkel, das doch auch verunsichert und Angst macht, vertreiben können.
Weil Gott zur Welt kommt, weil er will, dass alle Welt in Frieden leben kann, darum dürfen wir uns nicht einfach zurückziehen in unsere selbstgemachten Sicherheiten, in denen wir uns doch so ungern nur stören lassen, darum sind wir alle gefragt, dass wir in seinem Namen miteinander in Frieden leben, miteinander diese Welt menschenfreundlich gestalten.
Advent und Weihnachten: Um was geht es da eigentlich? Ach ja, um diesen Jesus, um ein kleines Kind, irgendwann vor zweitausend Jahren, zur Zeit des Tiberius, des Pontius Pilatus, des Herodes. Um mehr nicht? Es geht auch um unsere Geschichte, um eine Geschichte voll Hoffnung und Trost, eine Geschichte, so alt und doch immer noch unerhört. Es geht immer noch um uns alle, um die Menschen, die da hoffen auf Erlösung, um Menschen, die hineingestellt sind in eine harte, gnadenlose Welt. Gott will immer noch eintreten in diese Welt, in unsere Geschichte. Und da dürfen wir uns nicht einfach heraushalten — das müssen wir weitersagen, auch mitten in unserem eigenen Leben.
Text: Dr. Hans Würdinger