Es ist eine beeindruckende Zahl: Rund 1.800 Kirchenglocken ertönen im Bistum Passau. Sie spielen für den Glauben und seine Verkündigung eine zentrale Rolle. Genau deshalb haben sie es auch verdient, auf besondere Weise präsentiert zu werden, ist Glockensachverständiger Rudolf Bürgermeister überzeugt. Auf seine Initiative hin wurde auf der Homepage des Bistums eine Glockendatenbank eingerichtet. Dieses Projekt ist sozusagen als Nebenprodukt seiner Arbeit zustande gekommen. „Als Glockensachverständiger sammelt man ja Glockenaufnahmen und analysiert den Klang und das Läuteverhalten. Da kommt einiges an Daten zusammen“, erzählt Bürgermeister. Die eigentliche Idee, dieses Material als Grundlage für die Glockendatenbank zu verwenden, ist dann im Zuge des Passauer Stadtgeläuts entstanden.
Im Oktober letzten Jahres waren die Passauer Kirchenglocken an vier Abenden in verschiedensten Zusammensetzungen erklungen. Damit hatte das Passauer Domkapitel einen Beitrag zum Jubiläum der Veste Oberhaus geleistet. „Und da entstand schließlich der endgültige Plan, dass man ja auch die weiteren Glocken des Bistums veröffentlichen könnte“, so Bürgermeister. Kurze Zeit später wurde der Plan umgesetzt. In der Glockendatenbank haben Interessierte die Möglichkeit, sich über fast alle Kirchenglocken, die es in den Pfarrverbänden des Bistums Passau gibt, zu informieren. Darüber hinaus können Besucher eine Vielzahl der Glocken per Mausklick starten und dann auch in den verschiedensten Kombinationen ertönen lassen. „Man hat quasi die Möglichkeit, Mesner zu spielen“, lacht Bürgermeister. Da die Töne der Glocken mitnotiert sind, können auch Melodiefolgen und Akkorde aufgebaut werden, erklärt der Glockensachverständige, dessen Aufgabe es ist, den Pfarreien bei Fragen zu ihren Kirchenglocken als unabhängiger Berater zur Seite zu stehen. „Das ist eine sehr interessante Aufgabe, besonders dann, wenn Geläute ergänzt werden sollen. Das ist das Highlight in meinem Beruf. Dann wird geschaut: Welche Töne sind schon vorhanden? Was passt gut dazu?“, erzählt Bürgermeister, für den seine Arbeit viel mehr Berufung als Beruf ist.
„Die Faszination ist für mich, dass man die überall hörbaren Glocken, die versteckt in den Kirchtürmen hängen, zu Gesicht bekommt und kennenlernen darf.”
Reizvoll finde ich auch, dass die Glocken, die manchmal ja schon hunderte Jahre im Turm hängen, ihrer Kirche seit Generationen einen eigenen Klang geben und von den Menschen im Ort genauso gehört werden.“ Seine Leidenschaft für die Kirchenglocken möchte Rudolf Bürgermeister gerne teilen. Auch deshalb ist ihm das Projekt der Glockendatenbank ein besonderes Herzensanliegen. Denn mit der Datenbank könne auch erreicht werden, dass die Glocken, die man normalerweise nur im Hintergrund hört und nicht sehen kann, in den Vordergrund gerückt werden. „So hat man die Chance, richtig nah dran zu sein“, betont Bürgermeister. Zudem kann mit der Glockendatenbank in den Blick der Öffentlichkeit gebracht werden, „dass da echte Schätze da sind und welche klanglichen Möglichkeiten es in einem Geläut gibt.“ Doch es geht nicht speziell darum, den Fokus nur auf die besonderen Glocken zu legen. Auch ganz kleine Glocken mit nur wenigen Kilo Gewicht haben oft ihren besonderen Charme und werden nach und nach präsentiert. Die Glockendatenbank soll damit einen „schönen Querschnitt durch das gesamte Bistum“ ermöglichen.
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Bleibt festzuhalten: Jede Glocke hat Beachtung verdient. Und trotzdem: Einige der Glocken, die es im Bistum Passau gibt, stechen besonders hervor. Da wäre zum Beispiel die „Pummerin“, die 1951 von der Passauer Glockengießerei Perner gegossen wurde und im Kirchturm des Doms St. Stephan hängt. „Sie wiegt knapp acht Tonnen und hat einen Durchmesser von etwa 2,30 Meter. Wenn man davorsteht und die Pummerin durch die Glockenstube schwingt, ist das schon sehr beeindruckend“, berichtet Bürgermeister. Wie die Pummerin genau klingt, kann in der Glockendatenbank natürlich nachgehört werden. Nur so viel sei verraten: „Ihr Klang ist groß und mächtig – doch für ihre Größe hat sie eine sehr weiche Stimme.“ Rudolf Bürgermeister hat zudem noch einige weitere „Reinhörtipps“, um sich mit der Glockendatenbank vertraut zu machen. „Besondere Geläute gibt es beispielweise auch in Aldersbach. Da wurde vor ein paar Jahren ein neues Geläut gegossen, das sehr reizvoll ist, weil es sehr harmonisch ist und melodiös ist. Auch in Aicha vorm Wald gibt es ein schönes Geläut, das mit sehr alten Glocken aus verschiedenen Jahrhunderten zusammengestellt ist“, schlägt Bürgermeister vor.
Hier können Sie das Radio-Interview zur Glockendatenbank nachhören:
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Seine Begeisterung für die Glockendatenbank teilen bereits viele Menschen im Bistum Passau. Einer davon ist beispielsweise Martin Schropp, er ist unter anderem Mesner in der Pfarrkirche Adldorf und im Passauer Dom im Liturgischen Dienst tätig. „Ich persönlich finde die Glockendatenbank sehr gut gelungen und sehr informativ. Man kann sich seine eigenen Glocken anhören und bekommt viele interessante Infos zu den Glocken der eigenen Pfarrei“, so Schropp. Aber auch die Glocken des restlichen Bistums seien sehr interessant. Ihm gefällt unter anderem auch, dass beim Dom die Läutordnung – also wie bei bestimmten Anlässen der Reihe nach geläutet wird – zu Hause ausprobiert werden kann.
Aktuell ist bereits die Hälfte aller Bistumsglocken online hörbar. Doch Glockensachverständiger Rudolf Bürgermeister kündigt an: Mit der Zeit wird die Anzahl der Kirchenglocken, die sich in der Datenbank tummeln, immer mehr. „Es lohnt sich, regelmäßig reinzuschauen, weil die Datenbank stetig wachsen wird.“
Bild und Text: Mareen Maier