
Mit zahlreichen Gläubigen hat Bischof Stefan Oster SDB im Passauer Stephansdom gemeinsam das Abendmahlsamt am Gründonnerstag gefeiert und an die Einsetzung der Eucharistie erinnert. Das „Triduum Paschale“, die drei österlichen Tage, haben damit begonnen.
Das Christsein lernen von Jesus – Predigt
In seiner Predigt ging der Bischof auf den Dialog zwischen Jesus und Petrus in der Heiligen Schrift ein, unmittelbar in dem Moment, in dem er ihm die Füße waschen will. Auf den Ausspruch Jesu „Du verstehst es jetzt noch nicht“ habe Petrus geantwortet „Niemals, Herr, sollst du mir die Füße waschen“. Schließlich sei die Fußwaschung ein Sklavendienst gewesen, so Bischof Stefan. Jesus habe daraufhin aber gesagt: „Wenn ich dich nicht wasche, hast du keinen Anteil an mir.“ – Und: „Wer vom Bad kommt, der ist schon ganz rein, der muss sich nur noch die Füße waschen.“ Im Nachdenken über diese auf verschiedenste Weisen gedeutete Bibelstelle sei dem Bischof ein Beispiel eingefallen. Wenn sich Paare zusammenfinden, „dann kommt irgendwann der Moment, wo man sich füreinander entscheidet.“ Zwangsläufig tauche die Frage auf: „Engagiere ich mich ganz? Trete ich ganz ein in die Beziehung? Werden wir wirklich ein Paar?“ Ähnlich verhalte es sich auch mit einem Taufbewerber, der neu in die Gemeinschaft der Gläubigen eintrete, so Bischof Stefan. Zwangsläufig stünde er früher oder später vor Fragen, wie sie Jesus einst stellte: „Darf ich dir jetzt gewissermaßen die Füße waschen? Stehst du jetzt zu mir? Stehst du jetzt zu dieser Kirche, als ganzer Mensch?“ Auf den Tag des letzten Abendmahls bezogen stelle Jesus auch hier die Frage: „Stehst du jetzt zu mir mit allen Konsequenzen?“ Was er folglich sagte, war etwas ganz Entscheidendes, so der Bischof: „Jesus sagt, mein Kommen bedeutet nicht nur, ich vollbringe Wundertaten, ich predige tolle Sachen wie die Bergpredigt. Diese Wahrheit, die ich dir und euch zu sagen habe, die ist nur dann wirklich wahr, wenn sie sich in absichtslose Liebe hineinübersetzt.“ Das bedeute auch, so Bischof Stefan weiter, lernen, auch seine Feinde zu lieben. „Vielleicht spürt Petrus nach und nach, mit ihm gehen zu lernen, heißt lieben zu lernen. Es bedeutet aber zuerst, (…) Liebe, die von ihm kommt, anzunehmen, sich berühren zu lassen, verstehen zu lernen, dass ich diese Liebe nötig habe, vielleicht sogar nötiger als alles andere in der Welt. Diese Gestalt von Liebe, die sich weggibt, die bereit ist, sich auszuleeren, die bereit ist, für die Freunde zu sterben, obwohl sie sind, wie sie sind und obwohl sie noch am selben Abend, als er gefangengenommen wird, heißt es lapidar im Evangelium, und sie flohen alle. Obwohl sie sind, wie sie sind, liebt er sie!“
Was wir mit dem letzten Abendmahl feiern, bedeute schließlich Christsein lernen, so der Bischof. „Und das bedeutet zuallererst, die Art von Liebe anzunehmen, sich davon berühren zu lassen, sich davon heilen zu lassen aus der eigenen Egozentrik (…).“ Ganz dem ersten Gebot getreu: Du sollst den Herrn lieben mit deiner ganzen Seele, deinem ganzen Herzen, deiner ganzen Kraft. Er schloss mit den Worten: „Wenn wir heute mitgehen und nicht wegrennen, dann stehen wir morgen Nachmittag auch mit ihm am Kreuz und akzeptieren und feiern sogar seinen Tod und gehen Ostern entgegen ins neue Leben.“
Die Predigt als Podcast zum Nachhören
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Die rituelle Fußwaschung
Wie es am Gründonnerstag Brauch ist, hat der Bischof im Anschluss an seine Predigt zwölf Personen die Füße gewaschen: sechs Mitarbeitern aus dem Donauhof und sechs ehrenamtlichen Frauen in der Trauerbegleitung. Zwölf, weil Jesus am Tag des letzten Abendmahls den zwölf Aposteln die Füße gewaschen und getrocknet hatte. Dieser Ritus erinnert jedes Jahr an die „Liebestat des Herrn“ für seine Jünger, wie es im Johannesevangelium geschrieben steht (Joh 13,1−15).
Die Einsetzung der Eucharistie
Mit dem Einschub im Hochgebet „In der Nacht, in der er ausgeliefert wurde — das ist heute“ wird der Einsetzung der Eucharistie am Tag des letzten Abendmahls jedes Jahr an Gründonnerstag gedacht. Katholikinnen und Katholiken glauben seither an die „Realpräsenz“, an die wirkliche Gegenwart von Jesus Christus in Brot und Wein, die in der Eucharistie zu seinem Fleisch und Blut gewandelt werden. Jesu Opfer am Kreuz wird so in jeder Eucharistiefeier gegenwärtig und fruchtbar.
Das Triduum Paschale
Mit dem Abendmahlsamt beginnt das sogenannte „Triduum Paschale“ bzw. das österliche Triduum und damit die dreitägige Feier von Leiden, Sterben und Auferstehung Jesu Christi. Die Gottesdienste an Gründonnerstag, Karfreitag und zu Ostern bilden liturgisch und inhaltlich eine Einheit. Die für diese Tage typischen Riten verdeutlichen, dass das Triduum Paschale eine einzige große Feier, der Höhepunkt des Kirchenjahres, ist.
Typisch an Gründonnerstag ist, neben der rituellen Fußwaschung, auch der Abschluss des Gottesdienstes ohne die gewohnten Schlussriten. Sämtlicher Altarschmuck wird entfernt. Und, einleitend zum Karfreitag, dem Todestag Jesu, endet der Gottesdienst in Stille.
Abschluss in der Andreaskapelle
Wie es Brauch ist, wurde das Allerheiligste zusammen mit den übriggebliebenen konsekrierten Hostien schließlich in einer feierlichen Prozession in die Andreaskapelle übertragen. Der Bischof lud die Gläubigen dazu ein, dort das Ölbergleiden Jesu mitzuvollziehen, begleitet durch die Schola mit dem Wort Jesu „Bleibet hier und wachet mit mir“. Wie die Jünger einst in der Nacht vor Jesu Tod den Auftrag hatten, mit ihm und an seiner Seite im Garten Getsemani zu wachen und zu beten, waren auch die Gläubigen dort bis 22 Uhr zum Gebet eingeladen.
Musikalisch gestaltet wurde das Abendmahlsamt vom Vokalensemble Cappella Cathedralis unter der Leitung von Domkapellmeister Andreas Unterguggenberger.