Bistum

"...das habt ihr mir getan! - Arme.Reiche.Kirche."

Stefanie Hintermayr am 12.10.2024

432 A8916 1 Foto: Stefanie Hintermayr/pbp
Agnes Stefenelli von der Gemeindecaritas erklärte den Diözesanratsmitgliedern in der Suppenküche des Konradinums Passau mehr zur Versorgung hilfsbedürftiger Menschen.

Der Diözesanrat des Bistums Passau nahm zum Auftakt seiner Herbst-Vollversammlung am 11. Oktober das Thema Armut in den Blick. Das Gremium besuchte am Abend gezielt verschiedene Dienste in Passau, wo Mitarbeitende von ihrer Arbeit mit Betroffenen berichteten.

Die Bahn­hofs­mis­si­on, die Pas­sau­er Tafel und die Obdach­lo­sen-Her­ber­ge im Kon­ra­dinum, die Schuld­ner­be­ra­tung und die Agen­tur für Arbeit im Pfarr­zen­trum St. Mat­thä­us: Die­se Ein­rich­tun­gen besuch­te der Diö­ze­san­rat des Bis­tums Pas­sau am ers­ten Tag sei­ner dies­jäh­ri­gen Herbst-Voll­ver­samm­lung am 11. Okto­ber. In drei Grup­pen von je rund 20 Per­so­nen bega­ben sich die Gre­mi­en­mit­glie­der auf die Spu­ren der Armut in Pas­sau. Armut in unse­rer rei­chen Gesell­schaft“ lau­te­te das The­ma der Voll­ver­samm­lung die­ses Mal, das unter das Mot­to gestellt wur­de: „…das habt ihr mir getan! – Arme.Reiche.Kirche.“ Armut sei schließ­lich längst nicht nur mehr ein The­ma in Ent­wick­lungs­län­dern, Kriegs­ge­bie­ten und der­glei­chen, erklär­te Diö­ze­san­rats­vor­sit­zen­der Mar­kus Biber zum Hin­ter­grund des gewähl­ten The­mas beim Rund­gang. Längst sei sie auch hier in unse­rem Wohl­stands­land Deutsch­land ange­kom­men. Und: Seit Coro­na ist beson­ders auf­fäl­lig, dass die Zahl der Hilfs­be­dürf­ti­gen steigt.“

Bahnhofsmission Passau

So mach­te man sich nach dem nach­mit­täg­li­chen Kon­fe­renz­teil und dem anschlie­ßen­den Abend­essen auf den Weg in die Pas­sau­er Innen­stadt zur ers­ten Sta­ti­on, der Bahn­hofs­mis­si­on am Bahn­hof. Deren Lei­te­rin Ange­li­ka Leitl-Weber gewähr­te hier einen Ein­blick in ihre Arbeit mit ver­arm­ten und hilfs­be­dürf­ti­gen Men­schen, wel­che die sozia­len Räu­me der Ein­rich­tung tag­täg­lich auf­su­chen. Die­se wer­den inzwi­schen sehr oft auf­ge­sucht. Wir sind sehr nie­der­schwel­lig und daher in Pas­sau sehr begehrt. Genau die­se Nie­der­schwel­lig­keit macht uns in der Bahn­hofs­mis­si­on auch aus. Die Men­schen kön­nen ohne Ter­min und Vor­ar­beit ein­fach kom­men und sich bei uns Hil­fe holen“, erklär­te die erfah­re­ne Lei­te­rin, die ihrer Tätig­keit nun schon seit knapp 20 Jah­ren nach­geht. Sie ver­wies aber zugleich auf die Gren­zen der Ein­rich­tung: Die Bahn­hofs­mis­si­on ist eine Wei­ter­ver­mitt­lungs­stel­le, bei­spiels­wei­se zur Cari­tas, die ver­schie­dens­te Diens­te und Hil­fen anbie­tet.“ Ein Groß­teil der Men­schen, die hier­her­kä­men sei­en mit 7080 Pro­zent Dro­gen­ab­hän­gi­ge und Alko­ho­li­ker, aber auch immer mehr Frau­en und auch Kin­der, so Leitl-Weber. Sie alle wür­den hier sowohl mit all­täg­li­chen Din­gen wie bei­spiels­wei­se Kaf­fee, Zei­tung, Ver­bands­ma­te­ri­al etc. ver­sorgt, bekä­men aber auch büro­kra­ti­sche Unter­stüt­zung. Ich über­neh­me sehr oft die Rol­le der Betreue­rin, wenn in büro­kra­ti­schen Ange­le­gen­hei­ten wie bei­spiels­wei­se Anträ­gen wie­der etwas nicht läuft“, so Leitl-Weber.

Allein sei sie bei all dem nicht; sie habe ein 14-köp­fi­ges Team hin­ter sich, davon acht Ehren­amt­li­che. Und ohne die­ses Team­work gin­ge es nicht, betont Leitl-Weber. Denn sie habe den Ein­druck, Armut wer­de mehr und mehr The­ma hier in Deutsch­land; das wür­den die Zah­len zei­gen: Allein heu­te hat­ten wir in unse­rer Öff­nungs­zeit von 7 bis 17 Uhr 160 Kon­tak­te. Das ist schon enorm für eine Klein­stadt wie Pas­sau.“ Die Zahl von rund 25.000 Kon­tak­ten im letz­ten Jahr wer­de heu­er, so Leitl-Weber, wohl weit über­schrit­ten. Vie­le der Hilfs­be­dürf­ti­gen kämen regel­mä­ßig hier­her; die Bahn­hofs­mis­si­on wer­de ganz oft zu einer Art Ersatz­fa­mi­lie. Die Men­schen haben bei uns einen Schutz­raum, auch Schutz vor der Gesell­schaft drau­ßen“, beton­te die Ein­rich­tungs­lei­te­rin. Auf die Fra­ge der Finan­zie­rung, gera­de vor im Hin­blick auf die stei­gen­de Zahl hilfs­be­dürf­ti­ger Men­schen, ant­wor­te­te sie: Trä­ger ist die Cari­tas, aber wir sind auf Spen­den ange­wie­sen.“ Abschlie­ßend ver­wies sie noch auf den zwei­ten Tätig­keits­be­reich der Ein­rich­tung, den Hil­fen am Bahn­steig, wenn bei­spiels­wei­se älte­re Men­schen Hil­fe beim Ein- und Aus­stei­gen benö­ti­gen. Schwer­punkt aber sei­en die sozia­len Räu­me, beton­te Ange­li­ka Leitl-Weber schließ­lich, bevor sie die Grup­pe ver­ab­schie­de­te. Betrof­fen, teils über­rascht und teils auch trau­rig gestimmt zeig­ten sich nach die­sem Besuch vie­le. Diö­ze­ns­an­rats­vor­sit­zen­der Mar­kus Biber mein­te: Ich bin bedrückt, wie vie­le Men­schen Armut hier auf ver­schie­dens­te Wei­se betrifft und wie vie­le sich hier Hil­fe holen müssen.“

Passauer Tafel und Obdachlosen-Herberge

Nächs­te Sta­ti­on war dann die Pas­sau­er Tafel und die Obdach­lo­sen-Her­ber­ge im Kon­ra­dinum der Cari­tas, wo man zuerst die Sup­pen­kü­che besuch­te. Agnes Ste­fen­el­li von der Gemein­de­ca­ri­tas mein­te bei der Begrü­ßung der Grup­pe zwar, sie selbst habe kei­nen direk­ten Kon­takt zu den Hilfs­be­dürf­ti­gen hier, sei aber mit den Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­tern des Kon­ra­din­ums in Kon­takt. Armut hat sich vor allem in den letz­ten Jah­ren defi­ni­tiv ver­stärkt. Das zeigt sich auch an den stei­gen­den Bera­tungs­be­dar­fen.“ Die Hilfs­an­ge­bo­te hier, so Ste­fen­el­li, sei­en aber im Gegen­satz zur Bahn­hofs­mis­si­on sehr dif­fe­ren­ziert und viel­fäl­tig und auf die jewei­li­gen Bedürf­nis­se der Men­schen zuge­schnit­ten, denen man ihre Armut oft aber nicht direkt anse­he: Oft haben die Men­schen ver­steck­te Nöte und schä­men sich auch dafür, was sie gera­de durch­le­ben.“ Für vie­le begin­ne dann die Abwärts­spi­ra­le, so Ste­fen­el­li, denn wer in einer schwie­ri­gen Lebens­la­ge ist, rutscht meis­tens noch wei­ter nach unten.“

Rund 50 Men­schen kämen zum Essen täg­lich hier­her in die Sup­pen­kü­che, vie­le davon von der Bahn­hofs­mis­si­on, aber auch vie­le ande­re und auch Kin­der. Zur Obdach­lo­sen-Her­ber­ge erklär­te sie, dass Men­schen hier bis zu sie­ben Näch­te pro Monat über­nach­ten könn­ten und im Fal­le eines wei­te­ren Bedarfs an ande­re Diens­te wei­ter­ver­mit­telt wür­de. In der Pas­sau­er Tafel bestä­tig­te Ste­fen­el­li dann erneut die stei­gen­de Armuts­pro­ble­ma­tik und beton­te: 250 Haus­hal­te wer­den hier pro Woche ver­sorgt!“ Betrof­fen­heit bei der Grup­pe herrsch­te, wie schon in der Bahn­hofs­mis­si­on, auch hier. Mar­kus Biber mein­te schließ­lich: Ich bin selbst sehr über­rascht von den Zah­len, dass hier pro Woche rund 600 Men­schen ver­sorgt wer­den und eine War­te­lis­te des­sel­ben Aus­ma­ßes exis­tiert. Das stimmt mich einer­seits schon trau­rig, dass es das bedarf. Ande­rer­seits bin ich aber sehr froh und dank­bar, dass wir als Kir­che eine sol­che Ein­rich­tung wie die Tafel haben.“

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„250 Haushalte werden hier pro Woche versorgt,“ erklärte Agnes Stefenelli der Diözesanratsgruppe zur Passauer Tafel.

Schuldnerberatung und Agentur für Arbeit

Als letz­te Sta­tio­nen mach­te sich die Grup­pe dann noch zur Schuld­ner­be­ra­tung und der Agen­tur für Arbeit im Pfarr­zen­trum St. Mat­thä­us auf, bevor man den Abend schließ­lich mit einem öku­me­ni­schen Nacht­ge­bet in der St.-Matthäus-Kirche aus­klin­gen ließ.

Zweiter Tag der Herbst-Vollversammlung

Am zwei­ten Tag sei­ner Herbst-Voll­ver­samm­lung ist Armuts­for­scher Prof. Dr. Chris­toph But­ter­weg­ge als Refe­rent gela­den, der stets für einen inklu­si­ven Sozi­al­staat plä­diert. Einen aus­führ­li­chen Bericht fin­den Sie hier:
Bp Dioezesanrat 02
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