Bischof

HIRTENBRIEF zum 1. Fastensonntag 2020

Pressemeldung am 01.03.2020

2019_03_03_Hirtenbrief

Wonach hungert meine Seele?

Lie­be Schwes­tern und Brü­der im Glauben,

in der vor uns lie­gen­den Fas­ten­zeit geht es oft um Essen und Trin­ken. Wir fra­gen uns, auf was wir ver­zich­ten kön­nen oder wie wir uns gesund ernäh­ren kön­nen. Ich möch­te die­se Fra­ge aus­wei­ten und fra­gen: Was ist eigent­lich für unse­re See­le wich­tig, oder für unse­re inne­re Mit­te, die die Bibel Herz nennt? Mit was ernäh­ren wir uns geis­tig, was las­sen wir jeden Tag in unse­re Gedan­ken und Gefüh­le ein­drin­gen? Und was ist wirk­lich gesund für unser Herz? Und was ist ungesund?

Vie­le von uns neh­men zum Bei­spiel jeden Tag eine Fül­le von Nach­rich­ten und Bil­dern aus dem Inter­net auf – ich auch. Und wir erle­ben, wel­che Fas­zi­na­ti­on von den unglaub­li­chen Mög­lich­kei­ten des Inter­nets aus­geht. Und zugleich spü­ren vie­le von uns auch, dass wir dabei ver­führ­bar sind für Ablen­kung, für Ober­fläch­lich­keit, für Bequem­lich­keit. Viel­leicht ken­nen Sie das auch, dass sich ein Gefühl der inne­ren Lee­re ein­stellt, wenn man ein­mal län­ge­re Zeit ohne kon­kre­tes Ziel durch die ver­schie­dens­ten Inter­net­sei­ten gesurft ist, oder auch: Wenn man sich mal eine län­ge­re Zeit durch ver­schie­de­ne Fern­seh­ka­nä­le hin­durch geschal­tet hat. Wenn sich dann ein sol­ches Gefühl der Lee­re ein­stellt, signa­li­siert es uns viel­leicht auch: Es war zu viel! Zu viel ver­geu­de­te Zeit. Hät­te ich mal ein anstän­di­ges Buch gele­sen oder in der Zwi­schen­zeit mei­nem Part­ner bei der Haus­ar­beit gehol­fen oder etwas ande­res Sinn­vol­les gemacht. Und dann kommt viel­leicht auch das schlech­te Gewis­sen dazu über die Inhal­te, die man kon­su­miert hat und viel­leicht auch über die eige­ne Trägheit.

Das schlech­te Gewis­sen sagt uns: Es hät­te auch anders lau­fen kön­nen. Aber wir sehen an die­sem Bei­spiel: Es gibt hier einen inne­ren Zusam­men­hang zwi­schen unse­rer geis­ti­gen Welt und was wir in sie hin­ein­las­sen – und unse­rem akti­ven Han­deln. Zu viel Medi­en­kon­sum oder zu vie­le bana­le Inhal­te machen trä­ge im Han­deln – nicht immer, aber oft. Und ver­mut­lich gibt es in den meis­ten von uns bei­de Sei­ten: Die Nei­gung zur trä­gen Couch­kar­tof­fel zu wer­den, die sich gern berie­seln lässt. Und ande­rer­seits der Wunsch, aktiv zu wer­den und die Welt ein wenig bes­ser zu machen.

Und weil die Nei­gung zur Träg­heit oder Ober­fläch­lich­keit blei­bend in uns da ist, braucht es immer auch ein wenig Über­win­dung, unser Herz mit guten Inhal­ten zu fül­len. Es braucht etwas Über­win­dung und Dis­zi­plin, in die Stil­le zu gehen – und die Bibel in die Hand zu neh­men und zum Bei­spiel das Evan­ge­li­um zum Sonn­tag zu lesen und dar­über nach­zu­den­ken. Was sagt es mir und was sagt mir Gott durch das Evan­ge­li­um für mein Leben?

Für mei­ne Bezie­hun­gen, für mei­ne Arbeit? Ein sol­cher Umgang mit dem Wort Got­tes wird dann wie selbst­ver­ständ­lich zum Gebet, zum inne­ren Gespräch mit Gott.

Und hier zeigt sich für mich dann auch der inne­re Zusam­men­hang zwi­schen Gebet und Han­deln. Es gibt ja unter uns Chris­ten die einen, die sagen, wir müs­sen end­lich mehr beten. Und die ande­ren sagen: Wir müs­sen uns doch zuerst ein­mal enga­gie­ren als Chris­ten. Wir müs­sen han­deln und nicht immer nur beten. Die Wahr­heit liegt in der Mit­te von bei­den Hal­tun­gen oder bes­ser, in der Tie­fe. Gott schaut näm­lich auf unser Herz. Und er sieht, dass ein Gebet, das am Ende nur um sich selbst kreist, kein wirk­li­ches Gebet ist. Und er sieht, dass die ver­meint­lich gute Tat, am Ende gar nicht wirk­lich gut ist, wenn sie zuerst aus heim­li­chen ego­is­ti­schen Inter­es­sen geschieht. Wir alle, lie­be Schwes­tern und Brü­der, brau­chen des­halb immer neu eine Ver­än­de­rung des Her­zens, die Ver­än­de­rung eines inne­ren Bli­ckes auf die Welt.

Und dies geschieht, wenn wir unse­re See­le mit guten Inhal­ten näh­ren und wenn wir im Ver­trau­en wach­sen, dass wir wirk­lich geliebt sind. In unse­rem Got­tes­dienst kommt uns Jesus ent­ge­gen und schenkt uns sei­ne Lie­be. In der Bibel fin­den wir den Jesus, der uns liebt. In unse­ren stil­len Zei­ten dür­fen wir viel­leicht spü­ren ler­nen: Wir sind gebor­gen in Gott. Und im Anblick eines Men­schen, der Not lei­det, erken­nen wir dann viel­leicht auch: Auch die­ser Mensch ist von Gott geliebt – und ich möch­te, dass er es spürt. Und dann gehe ich hin und hand­le. Wenn wir aus die­ser inne­ren Mit­te leben ler­nen, wird unser Leben tief und heil – und vol­ler Sinn.

Ich wün­sche Ihnen des­halb in der vor uns lie­gen­den Fas­ten­zeit, dass Sie dies­mal Ihrer See­le bewusst Gutes tun, dass Sie häu­fi­ger auf Bana­les ver­zich­ten; dass Sie sich über­win­den und regel­mä­ßig eine stil­le Zeit vor einem Kreuz oder einer Iko­ne ver­brin­gen, dass Sie sich vom Wort Got­tes berüh­ren las­sen – und dass Sie dann auch immer wie­der die Not der ande­ren sehen ler­nen – und hin­ge­hen und hel­fen. Gott seg­ne Sie auf Ihrem Weg durch die­se Zeit und schen­ke Ihnen dann auch eine gna­den­rei­che Erfah­rung der Auf­er­ste­hung unse­res Herrn an Ostern.

Pas­sau, 1. Fas­ten­sonn­tag 2020
Dr. Ste­fan Oster SDB
Bischof von Passau

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