Mit der Präsentation ihres „Institutionellen Schutzkonzepts“ (ISK) am Freitag, den 18. Oktober haben die Gisela-Schulen Niedernburg in Passau einen weiteren Meilenstein in ihrer Präventionsarbeit erreicht. Mit diesem Konzept ist ab sofort festgeschrieben, jeglichen Formen sexualisierter Gewalt entgegenzuwirken sowie die Kultur des achtsamen Miteinanders und respektvollen Umgangs an der Schule weiterzuentwickeln, auf Grundlage der Rahmenordnung Prävention der Deutschen Bischofskonferenz und der staatlichen Vorschriften. Zwar gäbe es schon seit Längerem bewährte Präventionskonzepte, beispielsweise gegen Extremismus und Mobbing, erklärt Schulleiter Dr. Markus Eberhardt, aber: „Mit dem Institutionellen Schutzkonzept wollen wir jetzt die Präventionsarbeit weiterentwickeln und professionalisieren.“ Die Gisela-Schulen seien schließlich in kirchlicher Trägerschaft und hätten dadurch auch ein entsprechendes Schulprofil: „Wir als kirchliche Schule pflegen natürlich eine andere Kultur des Umgangs miteinander als vielleicht andere Schulen. Wir wollen hier bei uns in Niedernburg eine Schulfamilie sein, und zwar im wörtlichen Sinn“, betont er. Das sieht Anja Wagner-Hölzl, Schulamtsdirektorin i. K. im Bistum Passau, genauso: „Die systematische Prävention von sexualisierter Gewalt gehört zum Qualitätsmerkmal und zum Profil einer kirchlichen Schule.“
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Den Stein ins Rollen gebracht für das ISK hat schließlich der Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche. Unter der Leitung von Kathrin Gerhardinger, Beratungslehrerin der Gisela-Realschule, wurde in Kooperation mit dem Bistum Passau ein detailliertes Konzept mit verschiedenen Bausteinen erstellt. Hier seien jetzt alle Präventionsmaßnahmen und Verhaltensweisen in schriftlicher Form gesammelt, wie man in Gefährdungsfällen vorgehe, so Gerhardinger: „Unser langfristiges Ziel ist eine Kultur des achtsamen Miteinanders. Das bedeutet: Dass wir respektvoll miteinander umgehen. Dass wir klare Verhaltensweisen haben, was Nähe und Distanz betrifft. Dass wir unseren Schülerinnen zuhören. Dass wir als Schule ein Ort sind, an dem sich die Mädchen wohl und sicher fühlen und dass wir hierfür Räume schaffen. Unsere Schülerinnen sollen auf jeden Fall zu uns Lehrerinnen und Lehrer oder auch zu älteren Schülerinnen kommen können. Ein vertrauensvolles Miteinander!“ Als zentrale Bausteine des ISK nennt die Beratungslehrerin die Definition von sexualisierter Gewalt und einen ausführlichen Verhaltenskodex für das Lehrerkollegium und die Schülerinnen. „Und konkrete Maßnahmen werden natürlich auch aufgeführt, was es beispielsweise bei Schulfahrten oder im Sportunterricht zu beachten gilt, sowie sämtliche Präventionsmaßnahmen“, erklärt Gerhardinger.
„Wir wollen Anlaufstellen schaffen, wenn die Mädchen mit dem Thema in Berührung kommen.”
Den beiden Schülersprecherinnen Ella Wagenpfeil (Q12) und Katharina Buchner (R10A), ist das Thema Prävention von sexualisierter Gewalt an ihrer Schule ein Herzensanliegen. Gerade an einer Mädchenschule sei das besonders wichtig, meinen die beiden. „Wir wollen Anlaufstellen schaffen, wenn die Mädchen mit dem Thema in Berührung kommen, um sich dann austauschen und Hilfe bekommen zu können“, meint Schülersprecherin Ella (Gisela-Gymnasium). Und Schülersprecherin Katharina (Gisela-Realschule) ergänzt: „Gerade in unserer heutigen Gesellschaft muss mehr über dieses Thema gesprochen und darüber aufgeklärt werden. Wir sind hier in einer Schule – und besonders hier ist es wichtig, für mehr Aufklärung und Kommunikation zu sorgen.“ So hat Ella die „Rosa Kiste“ initiiert, einen Briefkasten, in den die Mädchen ihre Anliegen einwerfen können und – sofern sie nicht anonym sind – die sie dann beantwortet und im Bedarfsfall Hilfe vermittelt. Und Katharina hat mit ihrer Arbeitsgruppe aus dem Schülerparlament „Schule als Safe-Space“ eine anonyme Umfrage gestaltet mit Fragen wie beispielsweise: Glaubst du, du bekommst die richtige Hilfe an unserer Schule? Weißt du, wo du Hilfe bekommst? „Weil ich der Überzeugung bin, dass wir schon viele tolle Projekte an unserer Schule haben, die aber noch immer zu wenig genutzt werden oder zu wenig bekannt sind“, meint sie.
„Wir sind hier in einer Schule – und besonders hier ist es wichtig, für mehr Aufklärung und Kommunikation zu sorgen.”
Kooperation mit dem Bistum Passau
Das ISK der Gisela-Schulen wurde in enger Zusammenarbeit mit dem Bistum Passau entwickelt, zuvorderst mit der Präventionsbeauftragten Bettina Sturm. Sie freut es besonders, dass über die bewährten Präventionsprojekte hinaus mit dem Konzept jetzt alles nochmals gebündelt und verschriftlicht zusammengefasst ist. „Mädchen, die von sexualisierter Gewalt betroffen sind, bekommen durch dieses Schutzkonzept einen Weg aufgezeigt, wohin sie sich in diesem Fall wenden können.“ Als Kernbotschaften für betroffene Schülerinnen nennt sie: Nimm deine Wahrnehmung und deine Gefühle ernst! Vertraue dich jemandem an! Du kannst dich mit den Personen hier an der Schule austauschen und über dieses Thema sprechen! Wenn du dich anvertraust, ist es kein Petzen! Und die Personen, die dir zuhören, nehmen dich wirklich ernst! Zufrieden meint Sturm: „Ich würde sagen, es geht jetzt nach der Präsentation des Schutzkonzepts nicht los. Vielmehr geht es mit neuen Erkenntnissen aus dem Entwicklungsprozess des ISK weiter, die jetzt in den Schulalltag einfließen. Weiter so!“
Hintergrund zum ISK
Unter einem „Institutionellen Schutzkonzept“ (ISK) versteht man die gezielten Präventionsmaßnahmen eines kirchlichen Rechtsträgers, um sexualisierter Gewalt entgegenzuwirken. Sie werden in einem Gesamtkonzept gebündelt, welches sich an den Gruppen und deren Lebenswelt in der jeweiligen Institution orientiert. Das ISK ist ein Qualitätsmerkmal, mit dem eine Institution in kirchlicher Trägerschaft klar Stellung bezieht und unterstreicht, dass dem Schutz der ihr anvertrauten Personen höchste Priorität beigemessen wird. Grundlage ist eine Kultur des achtsamen Miteinanders, der unbedingten Wertschätzung und des respektvollen Umgangs aller Mitglieder untereinander innerhalb der Institution. Die Erarbeitung von Schutzkonzepten erfolgt in einem langfristigen Prozess und umfasst verschiedene Maßnahmen. Es geht um die Entwicklung von Strukturen und vor allem Haltungen. Strukturen können von der Leitungsebene relativ zügig verändert werden. Haltungsänderungen dagegen brauchen länger und können nicht ohne die Einzelpersonen innerhalb der Institution gelingen.