
Mit einer nachdenklichen Besinnung auf die nötigen Voraussetzungen für eine funktionierende Demokratie hat Bischof Stefan Oster den Jahresabschluss im Passauer Dom gefeiert. Vor zahlreichen Gläubigen im Dom und Mitfeiernden über Fernsehen und Internet sagte der Bischof, dass die Betonung der Menschenwürde im Grundgesetz letztlich nicht ohne ihren christlichen Hintergrund verstehbar sei.
Oster nahm dabei Bezug auf das berühmte Diktum des Verfassungsrechtlers Ernst-Wolfgang Böckenförde, nach dem ein freiheitlicher, säkularisierter Staat von Voraussetzungen lebe, die er selbst nicht garantieren könne. Vor diesem Hintergrund ging der Bischof zunächst den Ursachen für zahlreiche Phänomene in Gesellschaft und Kirche nach, die immer wieder als spaltend bezeichnet werden. Dies seien etwa die unterschiedlichen Einschätzungen der Menschen über den Umgang mit der Pandemie und die Impfung, oder über die Frage nach der Bewältigung der Klima- oder der Migrationskrise oder auch die Fragen zur Genderthematik. Beschleunigend für den Eindruck von Spaltung wirkten nach Einschätzung des Bischofs zudem die Kommunikationskultur in den Sozialen Medien aber auch die Krise von Glauben und Kirche.
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Die genannten Themen würden deutlich machen, dass dabei das grundlegende Verständnis des Menschen in Frage stehe, nach seiner Freiheit und Würde und nach seinem Umgang mit der Schöpfung. „Und über alledem drohen die westlichen Gesellschaften auseinanderzutreiben, eben weil die großen, einstmals von den meisten geteilten Grundorientierungen über unser Leben plötzlich nicht mehr stabil sind“, so Oster.
„Er ist der König der Welt, der König aller Welten. Er ist der Sieger – der mit uns geht durch die Zeit, durch das neue kommende Jahr und bis ans Ende der Zeit.”
Der Bischof zeigte danach auf, welches einheitsstiftende Hoffnungspotential aber ein existenziell gelebter christlicher Glaube habe. Gerade gläubige Menschen könnten am tiefsten dialogbereit sein, da ihnen die Liebe zu jedem Menschen, sogar zu den Feinden aufgetragen sei. Oster bezog sich dabei auch auf die jüngste Papstenzyklika mit dem Titel „Fratelli tutti“: Die Weihnachtsbotschaft mache deutlich, dass ausnahmslos alle Menschen Kinder eines geliebten Vatergottes und daher alle Geschwister seien. Aus dieser Identität könnten glaubende Christen einen entscheidenden Beitrag leisten, um Spaltungen zu überwinden. Abschließend rief Oster die Gläubigen dazu auf, im Neuen Jahr ihr Taufversprechen erneut einzulösen und sich so auf den tiefen inneren Grund zu stellen, der die echte Geschwisterlichkeit der Menschen möglich mache.
Text: Susanne Schmidt
Die Jahresschlussandacht wurde von Domkapellmeister Andreas Unterguggenberger zusammen mit Domorganist Ludwig Ruckdeschel und dem Vokalensemble CAPPELLA CATHEDRALIS gestaltet, gespielt wurde unter anderem Motetten und Lieder von H. Lawes, K. Wallrath, A. Unterguggenberger.