Die KAB legte beim Diözesantag am 16. Und 17. Juli in Raitenhaslach ihre Leitlinien für die nächsten vier Jahre fest. Gerechte Löhne und Gleichberechtigung standen dabei im Mittelpunkt.
„Wir müssen anders wirtschaften, das Gemeinwohl in den Mittelpunkt stellen, denn unsere jetzige Wirtschaftsweise tötet und zerstört Menschen.“ Seit 24 Jahren ist Angelika Görmiller Diözesanvorsitzende der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB), und sie formulierte beim Diözesantag in Raitenhaslach bewusst scharf. Geht es doch bei diesem alle vier Jahre stattfindenden Treffen darum, Standpunkte und Zielsetzungen festzulegen, sozusagen die ideologische Linie abzustecken, um dem Hauptanliegen mehr Durchschlagskraft zu geben: eine humane und sozial ausgewogene und gerechte Arbeitswelt zu verwirklichen.
Der KAB-Diözesantag am Samstag und Sonntag in der Klosteranlage war zweigeteilt. Am Samstag ging es um die Strukturen und interne Belange. Da wurde die Vorstandschaft gewählt und Görmiller im Amt bestätigt. Ziel ist es zudem, nach dem krankheitsbedingten Ausscheiden von Karl Zitzlsperger auch wieder einen Vorsitzenden und eine paritätische Besetzung zu bekommen. Die ehrenamtliche Führungsriege ist derzeit ja besonders gefordert. Denn die hauptamtlichen Kräfte sind ausgedünnt. Das KAB-Sekretariat in Altötting konnte nur vorübergehend neu besetzt werden. Die Stelle ist inzwischen wieder vakant. Ebenso gibt es nach dem altersbedingten Ausscheiden des langjährigen Diözesanpräses Franz Schollerer bis jetzt noch keinen Nachfolger und somit eine weitere Lücke, die von ehrenamtlichen Kräften überbrückt werden muss. „Wir haben zum Glück ein gutes Leitungsteam, unsere Ehrenamtlichen übernehmen mehr Arbeit, und auch die Diözese unterstützt uns gut“ betont Görmiller. Immerhin hat die KAB fast 4000 Mitglieder und 60 Ortsverbände in der Diözese Passau.
Im Mittelpunkt des Treffens stand am Sonntag nach einem gemeinsamen Gottesdienst in der Klosterkirche (eigener Bericht) ein Podiumsgespräch mit rund 120 Teilnehmern, bei dem die tags zuvor erarbeiteten Leitlinien vertieft wurden und die KAB ihre Schwerpunkte für die nächsten vier Jahre festgeklopft hat. Forderungen sind gerechter Lohn, betriebliche Mitbestimmung, soziale Absicherung, weil prekäre Arbeit auch prekäre Absicherung zur Folge hat, mehr Verteilungsgerechtigkeit durch eine solidarische Sozialversicherung und mehr Bewusstsein für Lieferketten mit ihren Dumpinglöhnen. Am Podium saßen Bundespräses Stefan Eirich, Kreisvorsitzender Anton Ebner, Bezirksrätin Gisela Kriegl und der für Passau und Rottal-Inn tätige AOK-Direktor Richard Kirmaier.
Pflöcke einschlagen wollte die KAB an diesem Tag einmal für gerechte Löhne. Bedauert wird die Tarifflucht von Arbeitgebern. Nur noch 49 Prozent im Westen Deutschland seien an Tarifverträge gebunden, im Osten liege die Quote nur bei gut 20 Prozent. Was den Mindestlohn betrifft, so betonte Görmiller: „Wir bräuchten 14 Euro, damit es für den Lebensunterhalt reicht.“ Teilzeit habe zugenommen und in Minijobs arbeiten vor allem Frauen, die später deshalb nur geringe Renten bekommen. Es gibt ihren Worten nach aber auch positive Ansätze. So habe das Bistum Passau die niedrigste Gehaltsstufe gestrichen. Gute Löhne sind laut Richard Kiermaier auch deshalb erforderlich, weil dann die Krankenkassen die nötigen Einnahmen erhalten, um das Gesundheitssystem zu finanzieren. Kiermaier verteidigt dieses System als eines besten, das zu Unrecht schlecht geredet werde. Gleichwohl sieht er sich auf einer Linie mit der KAB, wenn es um die Frage geht, das Gesundheitssystem nicht nur aus Lohnabgaben zu finanzieren, sondern auch andere Einkünfte dafür anzuzapfen. Die neu festgelegten Zusatzbeiträge seien ein falscher Ansatz. Besser wäre es, zum Beispiel Steuern auf Arzneimittel zu senken oder den Bundeszuschuss zu dynamisieren.
Ein wesentlicher Punkt des Tages war das Thema Gleichberechtigung. „Corona hat auch hier einen Rückfall bewirkt“, bedauerte Görmiller. Gisela Kriegl hob dagegen die Fortschritte der vergangenen Jahre heraus. Frauen-Union und Katholischer Frauenbund waren ihren Worten nach Wegbereiter der von Bayern initiierten und in Berlin wenig populären Mütterrente. Kriegl kommentierte diesen Erfolg schmunzelnd: „Gemeinsam sind wir unausstehlich und unschlagbar.“ Das hörte die neue Frauenbund-Diözesanvorsitzende Claudia Seibold als Zuhörerin gern. Auch Angelika Görmiller lobte dieses Engagement, betonte aber, dass das die KAB bereits in den 80er-Jahren zum Thema gemacht habe und damals auch von den Männern im Verband stark unterstützt worden sei.
„Corona hat alles ausgehebelt. Dank geringer Auflagen hat die Wirtschaft Heimarbeitsplätze so billig wie nie gedacht bekommen“, stellte Anton Ebner heraus. Diese Arbeitsorganisation habe aber auch ihre Grenzen, fügte Rudolf Kiermaier hinzu: „Der Mensch braucht auch Führung und Nähe und dazu persönliche Kontakte.“ Gisela Kriegl sieht auch hier Positives: „Vieles lässt sich nun besser organisieren. Teilzeitregelungen kommen vielen Frauen gelegen.“ Ein Umdenken gebe es dergestalt, dass gehobene Führungsaufgaben nicht automatisch eine Vollzeitstelle bedingen. Auch das helfe Frauen und diene der Gleichberechtigung. In der Rolle des Spielverderbers sieht sich hier Stefan Eirich, der in der Vermengung von Privatem und Beruflichem eine permanente Verfügbarkeit des Arbeitnehmers und eine Denkweise befürchtet, die in Richtung „Held der Arbeit“ ans Sowjetsystem erinnert.
Eirich gab am Ende als Auftrag der KAB vor: Erstens richtig hinschauen, sozusagen das Sehrohr der Kirche sein und zweitens im christlichen Miteinander in der Arbeit eine Vermenschlichung hinbekommen, nachdem zum Beispiel in der Fleischindustrie schon Ansätze zu erkennen waren, dass Menschen rücksichtslos ausgepresst werden.
Im Schlusswort suchte KAB-Landesvorsitzender Peter Ziegler die Nähe zur kirchlichen Basis der KAB und sprach sich für den arbeitsfreien Sonntag aus.
Text: Rainer Wetzl