
Am Karfreitag versammelten sich viele Gläubige im Hohen Dom zu Passau, um gemeinsam mit Bischof Dr. Stefan Oster dem Leiden und Sterben Jesu Christi zu gedenken. In der Liturgie enthüllte Bischof Stefan das Kreuz und lud alle Gläubigen zur Kreuzverehrung sowie zum Gebet für Kirche und Welt ein.
Still wird dieser Tag begangen, sehr still. Nicht nur, dass die Geschäfte geschlossen sind und ein Tanzverbot besteht, auch die Orgel und die Kirchenglocken sind seit dem Gloria der Gründonnerstagsmesse verstummt. Am Karfreitag gedenken weltweit Christen des Kreuzestodes Jesu Christi. Zur Todesstunde des Gottessohnes um 15 Uhr gedenken sie seines Leidens und Sterbens. So feierten auch in Passau viele Gläubige im Hohen Dom gemeinsam mit Bischof Stefan die Karfreitagsliturgie.
In seiner Predigt ging Bischof Stefan Oster den Fragen nach, ob Jesus eigentlich gewusst habe, welches Leiden und welcher Tod auf ihn warte und wie der Mensch authentisch werde. Oster zeigte auf, dass Jesus in der Welt war — mit ganzem Herzen. Zugleich betonte der Bischof: „Wir spüren aber auch, dass er mit einem anderen Herzen — verstanden als die Mitte der Person — unterwegs ist.“ Auf die Frage, was das Herz Jesu vom menschlichen Herzen unterscheide, machte der Bischof deutlich, dass das der Menschen verschiedene Verwundungen, Stolz, weniger Authentizität, den Wunsch, anderen zu gefallen und gesehen zu werden in sich trage. Dies erkenne er bei Jesus nicht. Grund dafür sei, dass Jesus ganz aus dem Vater lebe. Daher tue er immer das Richtige — aus der Wahrheit. Deutlich sehe man dies in den Dialogen der Passion, in welchen er aus der Wahrheit und aus der Liebe spreche, oder in den Schilderung der Begegnung zwischen den Tempeldienern und Jesus: Diese fühlten sich überführt und konnten ihn nicht ohne Weiteres festnehmen, ergriffen davon, noch nie einen Menschen so sprechen gehört zu haben. „Und bereits hier habe Jesus in aller Deutlichkeit gespürt, was ihm entgegenkommt“, so Bischof Stefan.
„Wenn man nicht bereit ist, sich zu ergeben, hält man diese Gegenwart nicht aus.”

„Wenn man nicht bereit ist, sich zu ergeben, hält man diese Gegenwart nicht aus.“ Daraus ergebe sich nach Oster nur die Konsequenz: ihn weghaben zu wollen oder vor ihm niederzufallen und ihn anzubeten. Und hier greife die zweite Frage nach dem Weg, ein authentischer Mensch zu werden. „Das, was einen Menschen authentisch macht, ist, wenn er in einer Wahrheit steht, die größer ist als sein eigenes Leben“, so der Bischof. Doch gehe es nicht darum, allein einer Erkenntnis nachzufolgen, sondern der Wahrheit, die Christus durch sein Leben und Sterben verkündet hat: „Wir Christen kennen eine Wahrheit, die uns lehrt, aus dem Vater zu leben, aus dem Nachhause-geholt-sein, aus dem Bruder und Schwester Jesu sein und, mit Jesus den Vater anzubeten. Dann werden wir nach und nach in der Wahrheit stehen.“ Und so lud der Bischof ein, vor dem Kreuz zu beten, dass der Herr das Herz verändere, „damit ich ein authentischer Mensch werde, der aus der Wahrheit lebt.“
„Das, was einen Menschen authentisch macht, ist, wenn er in einer Wahrheit steht, die größer ist als sein eigenes Leben”
In der Liturgie des Karfreitags haben die sogenannten zehn großen Fürbitten, die im Anschluss an die Passionsgeschichte gebetet werden, eine besondere Bedeutung. Hier bringen die Gläubigen ihre Anliegen – allerdings ausführlicher als in den sonstigen Gottesdiensten – vor Gott. In diesem Jahr wurde angesichts des Krieges in der Ukraine eine Fürbitte, „für die Menschen in der Ukraine und in allen Kriegsgebieten der Erde“ hinzugenommen. So beteten die Gläubigen: „Rette in unseren Tagen alle Opfer von Unrecht und Krieg.“
Danach schloss sich die Kreuzenthüllung an. Bischof Oster enthüllte das Kreuz in mehreren Schritten, begleitet vom Gebetsruf: „Seht das Kreuz, an dem der Herr gehangen, das Heil der Welt.“ Anschließend verehrte der Bischof gemeinsam mit dem liturgischen Dienst das Kreuz mit einem Kniefall. Die anwesenden Gläubigen schlossen sich dieser Verehrung an. Nach der Kommunionfeier beendete Bischof Stefan mit einem Segensgebet die Karfreitagsliturgie. Viele Gläubigen kamen im Anschluss vor das aufgestellte Kreuz am Altar und verehrten es durch eine Kniebeuge oder stilles Gebet.