Zwischen Wunsch und Wirklichkeit: Gleichberechtigung von Männern und Frauen ist seit langem im Grundgesetz verankert. Doch die Realität zeigt: Von echter Gleichstellung sind wir noch weit entfernt. Der Katholische Deutsche Frauenbund (KDFB) in der Diözese Passau hat im Rahmen der diesjährigen Delegiertenversammlung die aktuelle Situation klar benannt.
Die Delegiertenversammlung fand am 15. März 2025 im Festsaal der Sonnen-Therme in Eging am See statt. Den Auftakt bildete eine feierliche Andacht unter dem Motto „Vom Säen und Vertrauen“, gemeinsam gestaltet von der scheidenden geistlichen Beirätin Walburga Westenberger und ihrer Nachfolgerin Nadine Röckl. Anschließend verabschiedete die Diözesanvorsitzende Claudia Seibold gemeinsam mit den weiteren Frauen der Vorstandschaft Walburga Westenberger in die Freistellungsphase der Altersteilzeit. Gemeindereferentin Nadine Röckl aus Großarmschlag wurde offiziell als neue geistliche Beirätin des KDFB-Diözesanverbandes in ihr Amt eingeführt. Es folgten die Grußworte der Ehrengäste. Unter anderem sprach KDFB-Landesvorsitzende und Vizepräsidentin des Bundesverbandes Birgit Kainz zu den Delegierten. Sie dankte den Frauen dafür, dass sie die Werte des KDFB vertreten und dem Verband vor Ort ein Gesicht geben. Den Einsatz für Geschlechtergerechtigkeit und Gleichstellung bezeichnete sie als „richtig und wichtig“.
Wie groß der Handlungsbedarf nach wie vor ist, zeigte Referentin Lisi Maier, Direktorin der Bundesstiftung Gleichstellung mit Sitz in Berlin, mit Zahlen, Daten und Fakten in ihrem Vortag „Gleichstellung? – Sagen was ist“ auf. Im Durchschnitt verdienen Frauen 16 Prozent weniger Geld als Männer. „Es ist nicht nur ein Problem, dass Frauen während ihrer Erwerbslebenszeit weniger Geld zur Verfügung haben. Die Gender-Pay-Gap wird zur Gender-Pension-Gap“, betonte Maier und sprach von gravierenden Folgen für die Altersversorgung von Frauen. Zudem wies sie darauf hin, dass die Faktoren Geld und Zeit zusammenhängen. Wie die Zeitverwendungserhebung 2022 des Statistischen Bundesamts ergab, leisten Frauen rund 44 Prozent mehr unbezahlte Sorgearbeit im Vergleich zu Männern. Auch die Erwerbstätigenquote und die Teilzeitquote sind sehr unterschiedlich, ebenso wie die Gründe für die Reduzierung der Arbeitszeit.
Lisi Maier berichtete, dass 2020 zwei Drittel aller erwerbstätigen Mütter in Teilzeit waren. „Bei Vätern in derselben Situation waren es zuletzt nur 7,1 Prozent.“ Als häufigster Grund wird bei Männern mit 25 Prozent die Reduzierung zugunsten einer Aus- und Weiterbildung genannt. „Bei Frauen ist mit 28 Prozent der häufigste Grund die Kinderbetreuung. 18 Prozent gaben weitere familiäre Verpflichtungen an.“ Damit sei in der Regel die Pflege von Angehörigen gemeint. 61 Prozent der pflegenden Angehörigen sind laut IW-Report 2019 Frauen. In der Folge widmete sich Maier dem Frauenanteil in Politik, Wirtschaft und Ehrenamt. Auf Basis der präsentierten Zahlen ging sie abschließend auf Instrumente und Perspektiven ein. Unter anderem stellte Lisi Maier das Leitbild „Erwerb-und-Sorge-Modell“ aus dem zweiten Gleichstellungsbericht vor. Dieses sieht vor, dass es allen Menschen in verschiedenen Phasen des Lebensverlaufs möglich sein soll, neben der Erwerbsarbeit auch private Sorgearbeit zu leisten – unabhängig vom Geschlecht, denn: „Frauen wollen sich beruflich entwickeln und in allen Branchen und Ebenen tätig sein können. Männer wollen Sorgearbeit leisten können, ohne dabei stereotypisierender Abwehr zu begegnen. Beide wollen nicht in ökonomische Sackgassen geraten.“
Rahmenbedingungen müssten demnach so gestaltet werden, dass Erwerbs- und Sorgearbeit für alle, die dies wünschen, ermöglicht werden. Dazu beitragen könnten eine Reform des Ehegattensplittings ebenso wie die Verbesserung der Infrastruktur bezogen auf den Ausbau von Kitas und Schulen oder ein Gutscheinmodell für haushaltsnahe Dienstleistungen. Das Fazit: Lisi Maiers Vortrag zeigte eindrücklich auf, dass es trotz einzelner Fortschritte erhebliche Lücken bei der Gleichstellung zwischen Frauen und Männern gibt – und teilweise sogar Rückschritte zu beobachten sind. Es folgte eine angeregte Diskussion, bei der die KDFB-Frauen eigene Erfahrungen und Sorgen teilten.

Konferenzteil mit Rückblick und Abstimmung
Nach dem Bildungsteil am Vormittag wurde die Versammlung am Nachmittag mit dem Konferenzteil mit rund 160 Delegierten fortgesetzt. Im Fokus standen zunächst die zahlreichen Aktivitäten, die der KDFB-Diözesanverband mitsamt des Bildungswerks, der Kommissionen und Gruppen sowie der Landfrauenvereinigung und des VerbraucherService Bayern (VSB) im Jahr 2024 angeboten hatte. „Ein Projekt, das selbst über Diözesangrenzen hinweg große Aufmerksamkeit erregt hatte, war unser Wasserprojekt“, stellte Diözesanvorsitzende Claudia Seibold heraus. Das Projekt wurde gemeinsam mit dem VerbraucherService Bayern und der Landfrauenvereinigung organisiert. Durch Wasserfrühstücke, eine Wäscheleinenaktion und viele weitere Programmpunkte wurde für Wasser als kostbares Gut sensibilisiert. Zur Freude der Delegierten wird das Thema „Wasser“ den KDFB auch weiterhin beschäftigen. Eva Wick, Sprecherin der Landfrauenvereinigung, und VSB-Diözesanvorsitzende Waltraud Lerchl gaben einen unterhaltsamen Wasser-Sketch zum Besten und präsentierten die Aktionen für 2025. Zudem stellten sie die neue Wasserkaraffe vor, die mit einem KDFB-Logo versehen ist. Diese Karaffe konnten Teilnehmerinnen im Rahmen eines Gewinnspiels gewinnen. Ein weiteres wichtiges Thema war die Sichtbarkeit des KDFB in der Öffentlichkeit. Die neu gegründete Arbeitsgruppe stellte erste Ergebnisse vor: Die Mitarbeiterinnen der KDFB-Geschäftsstelle präsentierten neue T‑Shirts mit kreativen Motiven. Beispielweise zeigt ein Shirt Engelsflügel auf der Rückseite und den Spruch „Entdecke die Superkraft in dir“. Andrea Schweer aus der Arbeitsgruppe kündigte zudem an, dass der KDFB künftig in den sozialen Netzwerken verstärkt mit Reels, also kurzen Videosequenzen, arbeiten will, um mit Vorurteilen über den Frauenbund aufzuräumen.
Zentraler Programmpunkt war schließlich die Abstimmung über die Änderung der Mustersatzung für Zweigvereine. Diese sollte bereits 2024 verabschiedet werden, wurde jedoch aufgrund intensiver Diskussionen vertagt. Im Rahmen der Dekanatskonferenzen hatte die Diözesanvorstandschaft gemeinsam mit den Zweigvereinen die offenen Fragen geklärt. Nun wurde die Änderung mit großer Mehrheit angenommen (elf Gegenstimmen, vier Enthaltungen).
Zum Abschluss der Delegiertenversammlung stand die Frauensolidarität im Mittelpunkt. Bei einer Sammlung für den KDFB-Fonds „Frauen in Not“ kamen rund 2.000 Euro zusammen. Alleine 500 Euro hatte der Zweigverein Landau beigesteuert. Mit dem Fonds werden schnell und unkompliziert Frauen und Familien in der Diözese Passau unterstützt, die unverschuldet in Not geraten sind und ihre Notlage nicht aus eigener Kraft abwenden können.
Text: KDFB