Wir können es auch! – Zwar sind Frauen in der Politik längst keine Seltenheit mehr – doch von paritätischen Verhältnissen sind wir weit entfernt. Grund genug für den Katholischen Deutschen Frauenbund (KDFB) in der Diözese Passau, im Rahmen der Delegiertenversammlung in der Niederbayernhalle in Ruhstorf an der Rott eine klare Botschaft zu entsenden: Kommunalpolitik muss viel mehr als bisher zur Frauensache werden.
„Die Kommunalpolitik in Bayern ist derzeit männlich. Nicht einmal in jedem zehnten Rathaus in Bayern findet sich eine Frau an der Spitze. Auf 66 Landräte kommen gerade mal fünf Landrätinnen“, stellte die Referentin des Bildungsteils Emilia Müller, KDFB-Landesvorsitzende und Staatsministerin a.D., eingangs fest. Dabei seien Frauen gut ausgebildet, würden ganz eigene Stärken mitbringen und nicht nur die Familie und den Beruf vereinbaren, sondern eben auch das Leben in der Heimatkommune aktiv mitgestalten wollen. Auch mit Hilfe zahlreicher persönlicher Einblicke aus ihrer eigenen Biografie zeigte Müller auf, warum es für Frauen oft schwer ist, in der Kommunalpolitik Fuß zu fassen. Ein besonderes Anliegen war ihr, die Frauen zu ermutigen. „Ich wünsche mir so sehr, dass Frauen, wenn sie gefragt werden, ob sie politische Ämter übernehmen wollen, ‚Ja‘ sagen und groß denken. Doch Frauen hinterfragen sich immer – kann ich das? Männer dagegen sagen gleich ‚Ja‘. Wir müssen uns das Bewusstsein einprägen, dass wir es auch können“, stellte Müller heraus. Zudem wies die KDFB-Landesvorsitzende darauf hin, dass die Kommunalwahl mehr als jede andere Wahl eine Persönlichkeitswahl sei.
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Und: „Kommunalpolitik ist die schönste aber auch die härteste Form der Politik. Denn man ist immer gleich vor Ort und immer gleich greifbar, wenn etwas nicht passt.“ Doch auch wenn es nicht immer einfach sei – es lohne sich, sich in der eigenen Kommune für eine bessere Gesellschaft, ein gutes Miteinander und die gleiche Teilhabe aller Bürgerinnen und Bürger einzusetzen. Ihre abschließende Bitte und Botschaft trug sie in Anlehnung an die Wahlkampagne des KDFB-Landesverbandes und eine Woche vor der Kommunalwahl in Bayern mit großer Eindringlichkeit vor: „Frauen! Wählt! Frauen!“
Bereits im Vorfeld zu ihrem Referat unter dem Motto „Ohne Frauen ist kein Staat zu machen“ hatte Emilia Müller einige andere Themen aufgegriffen und dabei den anwesenden Frauen oft aus der Seele gesprochen. Den Synodalen Weg beispielsweise nannte sie „eine große Chance“ für die Kirche. Am Ende des Prozesses erwarte der KDFB verbindliche Vereinbarungen und konkret erfahrbare Schritte. Grundsätzlich setzt sich der Frauenbund weiterhin für eine zukunftsfähige Kirche ein, „in der Frauen gleichberechtigt mit Männern Gottesdienst feiern, selbstverantwortlich Predigten in Eucharistiefeiern halten und zu Diakoninnen geweiht werden können.“ Auch lobende Worte für den KDFB-Diözesanverband Passau und allen voran die Diözesanvorsitzende Bärbel Benkenstein-Matschiner hatte die Landesvorsitzende im Gepäck. „Der Diözesanverband Passau trägt mit seinen vielfältigen Aktivitäten dazu bei, dass der KDFB als ein zeitgemäßer und moderner Frauenverband wahrgenommen wird. Wir sind modern und müssen es nicht erst werden“, betonte Müller, die selbst bereits seit 37 überzeugte KDFB-Frau ist.
Einen Überblick über die zahlreichen Aktivitäten, die den KDFB im Bistum Passau im vergangenen Jahr bewegt haben, gaben die Diözesanvorstandschaft sowie die Vertreterinnen der Kommissionen, Gruppen, der Landfrauenvereinigung und des VerbraucherService Bayern im KDFB am Nachmittag im Rahmen des Konferenzteils. Angefangen bei der Aktion „Wir ziehen den Hut“ anlässlich des 100-jährigen Jubiläums des Frauenwahlrechts, über das Frauenfilmfestival in Passau und Freyung, das zum Start der bundesweiten Imagekampagne „bewegen!“ veranstaltet wurde, bis hin zum Rückblick auf das große „Doppeljubiläum 110 Jahre KDFB – 50 Jahre Diözesanverband“ unter dem Motto „Beschenkt von den Quellen des Lebens!“ – die Delegierten konnten Höhepunkte, wichtige Ereignisse und die insgesamt 185 Veranstaltungen im Jahr 2019 im Schnelldurchlauf nochmals miterleben. Regen Anklang fand zudem eine Fotobox. Die Frauen ließen sich für eine Online-Aktion des KDFB im Vorfeld des diesjährigen „Equal Pay Days“ am 17. März mit zentralen Statements fotografieren, die auf die Lohnlücke zwischen Frauen und Männer hinwiesen und klar eine Schließung diese Lücke forderten.
Zentraler Bestandteil des Konferenzteils war zudem ein Antrag der Diözesanvorstandschaft, der die Sicherstellung und Verbesserung der Behandlung von Patientinnen mit Lipödem fordert. Dabei handelt es sich um eine krankhafte Fettverteilungsstörung, von der fast ausschließlich Frauen betroffen sind und die mit großen körperlichen und psychischen Beschwerden verbunden ist. Ramona Würdinger berichtete als Gründerin einer Selbsthilfegruppe in Niederbayern von der tückischen Krankheit, die nur mit Hilfe aufwändiger und kostspieliger Operationen gelindert werden kann. „Der Leidensdruck der Patientinnen ist immens hoch. Wir betrachten das als gesamtgesellschaftliches Thema, an dem wir als Frauenverband weiterarbeiten werden und uns solidarisch mit allen Betroffenen zeigen“, stellte die Diözesanvorsitzende Bärbel Benkenstein-Matschiner heraus. Der Antrag, der unter anderem fordert, dass jegliche therapeutisch notwendige Behandlung von Lipödempatientinnen in den Leistungskatalog der Krankenkassen aufgenommen werden muss, wurde von den Delegierten einstimmig verabschiedet. Ein weiteres Beispiel für die eindrückliche Frauensolidarität, die beim KDFB tagtäglich gelebt wird, war ein spontan umgesetzter Spendenaufruf zu Gunsten des Passauer Vereins „Hilfe für Aleppo“. Vor dem Hintergrund der aktuellen Ereignisse an der Grenze zu Syrien spendeten die Frauen über 1 550 Euro. Der Betrag wurde von der Diözesanvorstandschaft auf 2 000 Euro aufgestockt.
Text: KDFB Diözesanverband Passau — Mareen Maier