Vergessen geglaubte Erinnerungen wiederentdecken, Gemeinsamkeiten finden, sich für neue Perspektiven öffnen: All das passiert bei Erzählcafés – ganz automatisch, ohne äußeren Druck. In einer Zeit, in der eine gesunde Debattenkultur keine Selbstverständlichkeit mehr ist, haben Erzählcafés die Kraft, Menschen miteinander zu verbinden. Die Kommission „rostfrei“ des Katholischen Deutschen Frauenbundes (KDFB) in der Diözese Passau möchte diese Art der Biografiearbeit bekannter machen.
Die Besonderheit der Erzählcafés besteht darin, dass das authentische Teilen von persönlichen Geschichten im Vordergrund steht. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden ermutigt, sich zu einem übergeordneten Thema in einer unterstützenden Umgebung auszudrücken. Es spricht also nicht nur eine Referentin oder ein Referent, sondern jede Person bekommt Raum, die Erinnerungen schweifen zu lassen und in Worte zu fassen. „Eine wichtige Facette ist dabei das Zuhören. Wenn eine Teilnehmerin oder ein Teilnehmer spricht, gehört dieser Person die volle Aufmerksamkeit. Die anderen hören konzentriert zu, nehmen das Gesagte auf und können auch Fragen dazu stellen“, erklärt KDFB-Bildungsreferentin Tanja Kemper. Bewertungen allerdings seien Tabu. „Nur in einer wertfreien Umgebung entsteht diese besondere Atmosphäre des sich verstanden Fühlens. Gerade für Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die vielleicht nur noch wenige Kontakte haben, trägt das zur sozialen Teilhabe bei“, fügt Kemper hinzu. Anderen von sich zu erzählen, bedeutet miteinander ins Gespräch zu kommen, deren und die eigene Lebensgeschichte zu achten, zu respektieren und wertzuschätzen. Zugleich kann die Gedächtnisarbeit in Erzählcafés die kognitive Gesundheit stärken. Sich aktiv an etwas zu erinnern und darüber zu sprechen, ist ein gutes Training für das Gedächtnis. Die Erzählcafés werden durch eine Moderatorin oder einen Moderator geleitet. Bei den Veranstaltungen durch die KDFB-Kommission übernehmen diese Aufgabe die ehrenamtlichen Mitglieder von „rostfrei“. Sie sorgen für eine gemütliche Atmosphäre, haben den roten Faden des Themas im Blick und achten darauf, dominante Redebeiträge in Schach zu halten.
Der KDFB in der Diözese Passau lädt seit 2016 regelmäßig zu Erzählcafés ein. Eine neue Runde startet ab 20. September 2023. Das Thema: Mit Kinderfotos ins Gespräch kommen. Anhand der eigenen Kinderfotos sind die Teilnehmerinnen und Teilnehmer eingeladen, verschiedenen Fragen nachzuspüren: In welchem Alter wurde das Foto gemacht? Zu welchem Anlass, wann und wo? Wer hat damals das Leben begleitet – die Familie, die Schule, die Spielgefährtinnen?
Die Erzählcafés werden an unterschiedlichen Orten der Diözese angeboten: Mittwoch, 20. September 2023, 14 Uhr, Pfarrheim in Waldkirchen; Freitag, 6. Oktober 2023, 14 Uhr, Pfarrzentrum St. Severin in Passau-Heining; Mittwoch, 11. Oktober 2023, 14 Uhr, Gemeindesaal der ev. Kirche Zum guten Hirten in Tiefenbach; Montag, 23. Oktober 2023, 14.30 Uhr, Pfarrzentrum in Fürstenzell; eine Anmeldung im KDFB-Diözesanbüro Passau unter Telefon 0851 36361 oder E‑Mail passau.kdfb@bistum-passau.de ist erforderlich.
Text: Katholischer Deutscher Frauenbund