Die beiden großen christlichen Kirchen stehen vor vielfältigen Herausforderungen. Bischof Stefan Oster und der evangelische Dekan Jochen Wilde diskutierten dieses Thema im Rahmen der diesjährigen Gesprächsrunde aus der Vortragsreihe "Aus Gegenwart wird Zukunft", die am 12.05.2023 im Bildungshaus Spectrum Kirche stattfand. Moderiert wurde der Nachmittag von Helmut Degenhart.
Die Initiatoren der Veranstaltungen des Forums sind die Katholische Erwachsenenbildung im Bistum Passau (KEB) und die Evangelische Bildung in Ostbayern. Martin Behringer, der Vorsitzende der KEB im Bistum Passau, und Pfarrerin Sonja Sibbor-Heißmann, die Leiterin der Evangelischen Studierendengemeinde in Passau, gestalteten die Einführung in die Diskussion. Besonders begrüßt wurden Dr. Bernhard Kirchgessner, Dr. Franz Haringer und alle anwesenden Mitglieder der KEB.
Die Gesprächsrunde gliederte sich in drei Themenblöcke, die von der gegenwärtigen Situation der Kirchen, ihrer Zukunft und der Kommunikation der Kirchen mit den Menschen handelten. Helmut Degenhart bezog sich anfänglich auf ein Dokument von Heinzpeter Hempelmann, welches der Kirche ein langfristiges Fortbestehen anhand von elf Thesen abspricht. Daran anknüpfend wurde die Frage gestellt, ob die Kirchen den Anschluss an die Zeit verloren haben.
„Kirche ist immer beides: In der Zeit und über die Zeit hinaus.”
„Als Christen müssen wir deshalb die Zeichen der Zeit verstehen“, so Bischof Oster. Vorrangig aber sollen wir Jesus nachfolgen, auch wenn dies nicht immer der jeweiligen Definition von Modernität entspricht.
Des Weiteren stellte sich die Frage, warum Kirche als Organisation im Vergleich zu anderen Angeboten für junge Menschen nicht die notwendige Attraktivität besitzt. Dekan Wilde führte als mögliche Gründe dafür ein Kommunikationsproblem vonseiten der Kirchen, die fehlende Passung von Formaten und Bedürfnissen, einen Gewöhnungseffekt an die Kirchen und den Trend der Deinstitutionalisierung an.
Auf die Frage nach der Gestalt von Kirchen in der Zukunft nannte Bischof Oster angesichts der aktuellen gesellschaftlichen Entwicklung die Möglichkeit der Gemeinschaft von Gemeinschaften. Menschen beider Kirchen lernen in diesem Rahmen gemeinsam zu beten, sich zu engagieren und gegenseitig in ihrem gläubigen Leben zu stärken.
Zudem wurde die Frage angeführt, ob die beiden großen Kirchen angesichts sinkender Mitgliederzahlen weiterhin als„Volkskirchen“ bezeichnet werden können. Dekan Wilde sprach sich dafür aus, dass nicht eine quantitative Definition für die Bestimmung der Begrifflichkeit, sondern inhaltliche Aspekte wie das kirchliche Selbstverständnis und der Auftrag in Politik und Gesellschaft bedeutsam sind.
„Es kommt weniger auf den institutionellen Rahmen an, als darauf, das Wort Gottes unter den Menschen auszustreuen.”
„Zahlen werden dann sekundär, wenn das Wort Gottes den Menschen hilft, die Lasten des Lebens auszuhalten“, so Dekan Wilde.
Anschließend bot die Veranstaltung Raum für Fragen aus dem Publikum. Nach einem Schlusswort von Martin Behringer wurde der Nachmittag von einer ökumenischen Andacht und einem gemeinsamen Abendessen in Spectrum Kirche abgerundet.