Die Mitgliederzahlen der beiden großen Kirchen in Deutschland werden bis zum Jahr 2060 um ca. die Hälfte zurückgehen. Das ergab eine Studie des Forschungszentrums Generationenverträge (FZG) der Albert-Ludwig-Universität Freiburg, welche erstmals eine koordinierte Mitglieder- und Kirchensteuervorausberechnung für die katholische und evangelische Kirche in Deutschland erstellt hat. Für die 20 evangelischen Landeskirchen und die 27 (Erz-)Bistümer der katholischen Kirche wurde ermittelt, wie sich Kirchenmitgliederzahlen und Kirchensteueraufkommen langfristig bis zum Jahr 2060 entwickeln werden – wenn das Tauf‑, Austritts- und Aufnahmeverhalten der vergangenen Jahre auch für die Zukunft repräsentativ ist.
Für das Bistum Passau bedeutet das, dass die Mitgliederzahlen der katholischen Kirche in den kommenden 50 Jahren von rund 467.000 auf rund 294.000 sinken werden.
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„Die Thematik ist sehr vielschichtig“, kommentiert Finanzdirektor Dr. Josef Sonnleitner die Passauer Ergebnisse. Nicht nur die Demografie, sondern auch die Entwicklung von Zu- und Abzug im niederbayerischen Raum seien dafür von Bedeutung. Das gelte es weiter sorgsam auszuwerten und detaillierte Rückschlüsse zu ziehen.
Den Berechnungen der Freiburger Wissenschaftler zufolge verliert die katholische Kirche aufgrund stärkerer Zuwanderungsströme aus dem Ausland geringfügig weniger Mitglieder als die evangelische. „Die Ergebnisse haben wir dem Grunde nach so erwartet“, erklärt Prof. Dr. Bernd Raffelhüschen, Leiter des bundesweiten Projekts. „Neu ist allerdings die Erkenntnis, dass sich weniger als die Hälfte des Rückgangs mit dem demografischen Wandel erklären lässt. Einen größeren Einfluss auf die Mitgliederentwicklung hat das Tauf‑, Austritts- und Aufnahmeverhalten von Kirchenmitgliedern.“
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Mit dem Rückgang der Mitgliederzahlen werden sich auch die finanziellen Möglichkeiten der beiden Kirchen bis 2060 in etwa halbieren. Die sinkende Zahl an Kirchensteuerzahlern wird dazu führen, dass die Einnahmen nicht im gleichen Maße wachsen wie die Ausgaben, sodass einem tendenziell stagnierenden Kirchensteueraufkommen steigende Preise für kirchliche Ausgaben – vor allem im Personalbereich – gegenüberstehen.
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Die Projektion 2060 beschreibe die Auswirkungen eines Trends, der schon vor Jahren von der Sozialforschung festgestellt worden ist, sagt Finanzdirektor Josef Sonnleitner: „Wir haben mit diesen Ergebnissen gerechnet.“ Was nun zu tun ist, sei bereits auf die Agenda genommen worden. „Zielstellung ist hier klar, Katholikinnen und Katholiken auch weiterhin ein gutes und umfassendes Angebot zu geben.“
Die Analyse der Freiburger Forscher macht deutlich, dass die Kirchen gerade in den kommenden zwei Jahrzehnten weiterhin über Ressourcen zur Umgestaltung verfügen. „Diese gilt es klug einzusetzen“, empfiehlt Bernd Raffelhüschen.
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„Wir sind froh, dass die Studie gezeigt hat, dass wir noch die personellen und finanziellen Mittel haben, um eine Umgestaltung vorzunehmen“, sagt Dr. Klaus Metzl, Generalvikar der Diözese Passau. Gemeinsam mit Bischof Stefan Oster habe man inzwischen den Aufbruch „Mission und Auftrag“ im Bistum begonnen. Mithilfe der sogenannten Verwaltungszentren hoffe man, nicht nur die Seelsorge weiterhin gewährleisten zu können, sondern durch neuevangelisierende Pastoral auch neues Wachstum zu ermöglichen.
Für die beiden großen Kirchen ist klar, dass man sich den in der Projektion berechneten Entwicklungen frühzeitig stellen will: „Die Kirchen wollen die Erkenntnisse der Studie nutzen, um sich langfristig auf Veränderungen einzustellen. Diese Veränderungen werden kommen und es ist gut, in einer heute wirtschaftlich guten Lage die Fragen von morgen in den Blick zu nehmen“, erklären der Ratsvorsitzende der EKD, Landesbischof Dr. Heinrich Bedford-Strohm, und der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx.
„Überall in Deutschland haben sich Christinnen und Christen auf den Weg gemacht, die Ausstrahlungskraft unserer Kirche für die Zukunft so nachhaltig wie möglich zu stärken. Und das ist keine Frage der Mitgliedschaftszahlen. Die vielen Millionen Menschen, die sich in unseren Gemeinden und diakonischen Einrichtungen aus Freiheit und nicht aus gesellschaftlicher Konvention engagieren, sind schon heute die besten Botschafter der Kirche von morgen. Deutschland wäre ärmer ohne die vielen Christinnen und Christen, die sich aus der Kraft ihres Glaubens heraus für das Gemeinwesen einsetzen“, so EKD-Landesbischof Bedford-Strohm.
Kardinal Marx betont: „Die Verantwortung für die mittel- bis langfristige Planung der kirchlichen Haushalte – auch im Sinne einer Verantwortung für nachfolgende Generationen und angesichts des seelsorgerischen und sozialen Engagements der Kirche in vielfältigen Tätigkeitsfeldern – hat uns zu diesem Projekt veranlasst.“ Jetzt sei man dankbar, mit der aktuellen Langfristprojektion ein tiefergehendes Know-how über die wichtigste Einnahmequelle der Diözesen zu erlangen, um die kirchlichen Haushalte auch mittel- und langfristig an die erwartete Entwicklung anpassen zu können. „Wir geraten angesichts der Projektion nicht in Panik, sondern werden unsere Arbeit entsprechend ausrichten. Das gilt in diesem Zusammenhang auch für Fragen der künftigen Bedingungen in Bezug auf die Anzahl der Kirchenmitglieder und die daraus resultierenden pastoralen Erfordernisse. In der Kirche geht es immer darum, das Evangelium weiter zu sagen, auch unter veränderten Bedingungen. Für mich ist die Studie auch ein Aufruf zur Mission“, so Kardinal Marx.
Hinweis:
Die heute veröffentlichte Projektion des FZG ist eine Zusammenfassung der Gesamtanalyse auf Bundesebene für die evangelische und katholische Kirche. Weitere Informationen finden Sie unter www.dbk.de
Text: pbp / dbk