Alles wirkliche Leben ist Begegnung.“ Dieser Satz stammt von dem Philosophen Martin Buber. Das Zitat könnte man als Markenzeichen für die Landvolkshochschulen (LVHS) sehen. Hier gibt es die nötige Grundausstattung und passende Räumlichkeiten, um es den Menschen zu ermöglichen, sich über gemeinsame Themen persönlich vor Ort auszutauschen – sich zu begegnen. Genau das ist aber seit Beginn der Corona-Krise nur noch eingeschränkt erlaubt.
Dank der fortgeschrittenen Digitalisierung ist es in unserem Land zwar machbar, auch über die Medien Begegnung auf Distanz zu erleben – Videokonferenzen, Handy, Mails etc. Das ist auch für die LHVS Niederalteich sehr hilfreich und praktisch. Die digitale Kommunikation ermöglicht viele gerade in dieser Zeit notwendige Abstimmungsprozesse, die Weitergabe von Informationen, den Austausch zwischen Kollegen etc.
Aber eine Bildungswoche für Senioren lässt sich schwerlich in Form eines Webinars durchführen, und auch keine Pilgerwanderung. Da das Haus Mitte März schließen musste, wurden fast alle Kurse aus dem Programm abgesagt.
Das Team der LVHS Niederalteich hat sich Gedanken gemacht, wie das Gefühl der Verbundenheit, der Gemeinschaft, des aneinander Denkens auch in diesen Zeiten hergestellt werden kann. „Wir möchten die Menschen spüren lassen, dass wir weiterhin für sie da sind, auch wenn unser Haus geschlossen ist“, da sind sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einig.
Bereits zur Osterzeit hat sich das Haus dazu etwas einfallen lassen.
Von Palmsonntag bis Ostermontag wurden Audioandachten gestaltet. Stephanie Sellmayr und Elisabeth Simon haben Texte in der Kapelle der LVHS aufgenommen, musikalisch unterstützt von Frater Symeon-Maria vom Kloster St. Mauritius Niederaltaich. Diese Aufnahmen wurden als Audiodatei auf die Homepage gestellt. „Wer glaubt, ist nie allein!“, zitierten Elisabeth Simon und Stephanie Sellmayr das Motto des Bistums. Sie wollten mit den Aufnahmen eine Möglichkeit bieten, dass sich die Menschen auch in diesen Zeiten im Gebet verbunden fühlen. Auch für die Pfingsttage werden gerade weitere Angebote vorbereitet, ganz im Sinne von „Löscht den Geist nicht aus!“
Elisabeth Emlinger und Annette Plank haben sich etwas für die jungen Familien in Niederalteich einfallen lassen. „Wenn die Menschen nicht mehr zu uns in die LVHS kommen können, dann bringen wir die Bildung zu den Menschen“, waren sich die beiden einig und haben kostenlose Bastelsets hergerichtet. Die Bastelsets bestanden aus Naturmaterialien mit Anleitungen zum Basteln, Rätseln und Spielideen für die Osterzeit. Über 100 solche Sets richteten die beiden her. Viele Familien kamen bei dem wunderschönen Wetter mit dem Rad vorbei oder verbanden das Abholen der Sets mit einem Spaziergang. Einige Päckchen wurden auch mit dem Rad ausgefahren. „Eine wundervolle Idee, auf diese Art und Weise das Osterfest in dieser Zeit in die Häuser zu bringen“, schrieb ein Familienvater in einer der vielen Mails, die in der LVHS eingingen.
In der vergangenen Woche hat das Team der LVHS begonnen, einen Impuls an die Tageszeitung zu schicken. In Zusammenarbeit mit dem Kloster wird in den nächsten Wochen einmal pro Woche ein Impuls aus Niederalteich erscheinen. Nachgedacht wird auch über einen Fotowettbewerb im Sommer und weiteren Aktionen, an deren Umsetzung gerade gearbeitet wird.
So gibt es verschiedene Wege, um mit den Menschen auch in diesen Zeiten in Verbindung zu bleiben. All diese Aktionen ersetzen aber nicht die Begegnungen, die sonst hier stattfinden, aber sie schaffen dennoch Verbindung.
Auch wenn das Haus – unter welchen Auflagen auch immer – irgendwann wieder öffnen darf, werden die Menschen wohl nicht gleich in gewohnter Weise die Angebote der LVHS nutzen wie vor März 2020. Es wird eine Zeit dauern, aber vielleicht wird dann die persönliche Begegnung noch mehr geschätzt.
Die Kollegen und Kolleginnen aus Küche, Hauswirtschaft und die Hausmeister haben die letzten Wochen genutzt, um das Haus wieder auf Vordermann zu bringen: anstehende Reparatur- und Reinigungsarbeiten wurden durchgeführt. Das Haus möchte, wenn es die Politik wieder zulässt, jederzeit startklar sein.
Das pädagogische Team arbeitet in diesen Wochen engagiert an einem neuen Programm für das Jahr 2021. Zusammen mit den Referenten und Referentinnen werden bewährte Formate überprüft und neue Angebote geschaffen. Der Umgang in der Begegnung wird sicher eine Zeitlang eine wichtige Herausforderung bleiben. Das Einhalten von Mindestabständen und strengen Hygieneregeln, das Tragen von Masken: Diese Maßnahmen werden wir vermutlich noch eine Zeitlang beibehalten müssen. Aber „alles wirkliche Leben ist Begegnung“, daran ändert auch ein Virus nichts.
Text: Annette Plank