
Ein Tag zum Auftanken, zum Sammeln und Austauschen neuer Ideen für den Religionsunterricht und zum Erleben von Gemeinschaft – das war der Lehrertag 2022 für staatliche und kirchliche Religionslehrkräfte aller Schularten aus dem Bistum.

Dass im Haus Spectrum Kirche am Mittwoch ab 8.30 Uhr rund 60 Teilnehmer zusammenkommen konnten, war keine Selbstverständlichkeit. Diese Veranstaltung unter dem Motto „Schrift“ wäre ja eigentlich schon für das Jahr 2020 geplant gewesen, musste dann aber Corona-bedingt verschoben werden. Hintergrund war die damals erschienene revidierte Einheitsübersetzung der Bibel.
Nun war es aber endlich soweit – und so fiel die Begrüßung durch Schulamtsdirektorin i.K. Anja Wagner-Hölzl umso herzlicher aus: „Es ist ein freudiger Tag, weil man wieder mit Kollegen und Kolleginnen zusammenkommt, was einfach bereichernd ist. Der Lehrertag soll auch ein Stärkungstag sein, an dem die Kollegen grad jetzt nach der Pandemie-Phase wieder ins Gespräch kommen können.“ Die große Wertschätzung für die Arbeit der Religionslehrer schwang mit im Grußwort von Franz Schneider, Bereichsleiter Schulen an der Regierung von Niederbayern, der den Lehrern ganz besonders für ihre engagierte Arbeit dankte: „‘Der Herr ist mein Hirte – mir wird nichts mangeln…‘ – Ich wünsche Ihnen, dass Ihnen , wie es im Psalm 23 heißt, Gutes und Barmherzigkeit in Fülle zur Verfügung stehen, um unseren Kindern und Jugendlichen (Herzens-)Bildung zu ermöglichen!“
Im Hauptreferat unternahm Prof. Dr. Sandra Huebenthal von der Universität Passau mit den Zuhörern regelrechte „exegetische Spaziergänge im Wandel der Zeiten“. Die revidierte Einheitsübersetzung lasse bei vertrauten Texten wieder neu aufhorchen, so ein Fazit von Prof. Huebenthal: „Es gibt ganz viele Stellen, an denen textnäher übersetzt wird. Eine wunderbare Stelle ist im Galaterbrief, wenn Paulus nicht mehr schreibt ‚Gott, der mir seinen Sohn offenbart hat‘, sondern ‚Gott, der seinen Sohn in mir offenbart hat‘. Das ‚in mir‘ steht im griechischen Text und erschließt uns die Christus-Offenbarung als mystische Erfahrung. Und plötzlich haben wir einen Zugriff zum mystischen Paulus, der sich uns nochmal ganz anders erschließt.“ Die Referentin: „Auch Bibelauslegung hat sich verändert, insbesondere seit dem II. Vatikanischen Konzil. Hier gehen Entwicklungen in der Literatur- und Bibelwissenschaft mit kirchlichen Entwicklungen parallel.“ Zu dem großen Auftrag von Lehrerinnen und Lehrern bei der Erschließung biblischer Texte mit Schülern betonte sie: „Lehrerinnen und Lehrern im Religionsunterricht möchte ich mitgeben, sich des bunten Straußes zu bedienen, miteinander zu experimentieren, Bibel auf unterschiedliche Art und Weisen zu lesen, nicht danach zu fragen ‚Was wollte uns der Autor mit dem Text sagen?‘, sondern ‚Was entdecken wir?‘ Katholische Bibelauslegung ist umfassend, sie ist bunt, hat viele unterschiedliche Möglichkeiten. Das einzige, was sie nicht ist, ist naiv, wortwörtlich. Aus der Bibel lässt sich kein direktes Lebensprogramm ableiten. Die Texte sind Texte. Sie dürfen nicht einfach in die Wirklichkeit hinein verlängert werden!“
Erweitert und vertieft wurde die Thematik im Anschluss bei sechs Workshops. Wie Kinder und Jugendliche kreative Zugänge zur Bibel finden können, wurde zum Beispiel im Workshop „Bible Art Journaling“ untersucht. Dabei brachte das Team von Studierenden der Lernwerkstatt RU rund um Dr. Rudolf Sitzberger den Teilnehmern auf charmante Art und mit unterschiedlichen Sinneseindrücken nahe, bekannte Bibeltexte einmal gestalterisch umzusetzen. Und so ging der Wunsch von Anja Wagner-Hölzl, es möge ein Stärkungstag werden, in Erfüllung. Grundschullehrerin Marion Scharringer von der Grund- und Mittelschule Perlesreut resümierte zum Beispiel: „Für mich ist der Lehrertag wie eine Oase. Im Alltag kommt man ja nicht dazu, inne zu halten, über einen Text ohne Zeitdruck nachzudenken und zu malen.“ Die Religionslehrerin in der 1. und 2. Klasse: „Der Lehrertag ist auf alle Fälle wertvoll, weil man wieder neue Sichtweisen und Anregungen erhält für die praktische Umsetzung!“
Die letzte Stärkung des Lehrertages war eine Eucharistiefeier mit Pfarrer Markus Kirchmeyer, die von Konrad Raischl und Freunden musikalisch gestaltet wurde.
Text: Uschi Friedenberger / pbb