Weltkirche

Marsch für das Leben

BAY am 23.09.2019

Marsch-fuer-das-Leben1 Foto: Bundesverband Lebensrecht e.V.

Am Samstag fand in der Bundeshauptstadt, wie in den vergangenen Jahren zuvor, der Marsch für das Leben statt. Der Bundesverband Lebensrecht e. V. rief dabei zum Schutz menschlichen Lebens von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod auf. Über 8000 Menschen nahmen nach Angaben des Veranstalters an der friedlichen Demonstration teil, unter ihnen zum ersten Mal auch Jugendbischof Stefan Oster.

Statement von Bischof Stefan zur Aktion "Marsch für das Leben"


Lie­be Freun­din­nen und Freun­de des Lebens,

stel­len Sie sich vor, Sie selbst sehen eine Ultra­schall­auf­nah­me vom Innen­le­ben Ihrer eige­nen Mut­ter – zu der Zeit als sie mit Ihnen schwan­ger war. Sie sehen also auf dem Bild sich selbst als Embryo. Und stel­len Sie sich vor, Sie zei­gen die Auf­nah­me einem ande­ren Men­schen. Ist es dann nicht völ­lig selbst­ver­ständ­lich, dass Sie auf den Embryo zei­gen und zu Ihrem Gesprächs­part­ner sagen: Das bin ich“? Und zwar genau­so wie Sie auf ein Kin­der- oder Jugend­fo­to von sich zei­gen und eben­so sagen wür­den: Das bin ich“? Das heißt auch: Im Nor­mal­fall wür­de doch kaum jemand von uns mit Blick auf den Embryo sagen: Das ist ein mensch­li­ches Gewe­be oder so etwas, aus dem dann spä­ter ein­mal Ich gewor­den bin.“

Das heißt, die aller­meis­ten von uns haben ein natür­li­ches Emp­fin­den dafür, dass es für unser eige­nes Leben immer schon eine mensch­li­che Iden­ti­tät gibt, von Anfang an. Wir waren nicht irgend­wann ein­mal etwas“ und wer­den dann jemand“, son­dern wir sind von Anfang an jemand“. Wir gehö­ren von Anfang an zur Gat­tung Men­schen­we­sen und sind damit Per­so­nen. Die Embryo­nen­for­schung sagt uns tat­säch­lich auch, dass das Wachs­tum des Embry­os ein kon­ti­nu­ier­li­ches Wachs­tum ist, ein bruch­lo­ses Wachs­tum ist – weil die befruch­te­te Eizel­le von Anfang an ein ganz selbst­stän­di­ger Orga­nis­mus ist, ein sich inner­halb des Orga­nis­mus der Mut­ter ent­wi­ckeln­der eige­ner, neu­er Orga­nis­mus ist. Und nir­gend­wo lie­ße sich bio­lo­gisch fest­ma­chen, wann der Über­gang erfolgt von etwas zu jemand. Aus mei­ner Sicht bedeu­tet das: Als Ange­hö­ri­ge des Men­schen­ge­schlechts sind wir immer schon jemand, sind wir Per­so­nen von Anfang an, unab­hän­gig von unse­ren Eigen­schaf­ten und Zustän­den. Jedes Wesen der Gat­tung Mensch ist Per­son – und hat damit Anspruch auf die Aner­ken­nung sei­ner Per­son­wür­de – und ist unbe­dingt schüt­zens­wert. Auch jedes unge­bo­re­ne Kind.

Und wir blei­ben auch Per­so­nen, bis wir den letz­ten Atem­zug machen – auch als Men­schen im Koma und auch als Men­schen mit schwers­ten Beein­träch­ti­gun­gen. Und wir sind vor allem auch dann Per­so­nen, wenn wir nicht gesell­schaft­li­chen Nor­men ent­spre­chen. Men­schen mit Behin­de­rung, Men­schen mit nicht ein­deu­ti­ger Geschlechts­zu­ge­hö­rig­keit, Men­schen aller Eth­ni­en, aller Reli­gio­nen, aller geschlecht­li­chen Ori­en­tie­run­gen und ande­re mehr: Alle sind Per­so­nen – und alle haben ein Recht auf Aner­ken­nung ihrer Wür­de, auf Schutz, auf Beglei­tung, auf Integration.

Lie­be Freun­din­nen und Freun­de des Lebens, ich gehe heu­te bei die­sem Marsch mit, weil mir das Leben ins­ge­samt und beson­ders auch das jun­ge Leben am Her­zen liegt. Ich hal­te es als Christ für einen unge­heu­er­li­chen Skan­dal, dass bei uns, in einem der reichs­ten Län­der der Welt, im Jahr über 100 000 Abtrei­bun­gen durch­ge­führt wer­den. Das heißt, am Tag wer­den durch­schnitt­lich knapp 300 unge­bo­re­ne Kin­der getö­tet, das wären zehn gan­ze zukünf­ti­ge Schul­klas­sen — am Tag! Eine unge­heu­re Zahl. Aber über die­sen Tod von knapp 300 unge­bo­re­nen Kin­dern am Tag spricht kaum jemand. Abtrei­bung ist auch welt­weit die häu­figs­te gewalt­sa­me Todes­ur­sa­che, denn nach Anga­ben der Ver­ein­ten Natio­nen wer­den welt­weit jedes Jahr über 50 Mil­lio­nen unge­bo­re­ne Kin­der abge­trie­ben. Es ster­ben dabei also welt­weit jedes Jahr mehr Men­schen als in Krie­gen, durch Seu­chen oder Naturkatastrophen.

Und ein letz­ter Gedan­ke, weil die­ser Marsch auch ger­ne poli­tisch instru­men­ta­li­siert wird, von links und rechts. Von lin­ker Sei­te betont man sehr ger­ne und zurecht, dass es so genann­te grup­pen­be­zo­ge­ne Men­schen­feind­lich­keit nicht geben darf. Also Vor­be­hal­te gegen Men­schen, nur, weil sie zum Bei­spiel Aus­län­der sind oder Flücht­lin­ge oder Behin­der­te oder Men­schen mit gleich­ge­schlecht­li­cher Ori­en­tie­rung. Das ist rich­tig, das darf es nicht geben. Alle sind Men­schen und haben des­halb unver­äu­ßer­li­che Wür­de, gleich zu wel­cher Men­schen­grup­pe sie gehö­ren. Und daher möch­te ich eher in Rich­tung der poli­ti­schen Lin­ken sagen: Die am töd­lichs­ten bedroh­te Grup­pe von Men­schen in unse­rer Gesell­schaft ist heu­te das unge­bo­re­ne Kind mit Behin­de­rung. Rund 90 Pro­zent der unge­bo­re­nen Kin­der mit der Dia­gno­se Down-Syn­drom in unse­rem Land wer­den abge­trie­ben. Und ich mei­ne, man kann es dre­hen und wen­den wie man will, ein Prä­na­tal­test auf Tri­so­mie 21 als Kas­sen­leis­tung wird die­se Quo­te noch ein­mal erhö­hen. Wo bleibt der Pro­test gegen die­se furcht­ba­re grup­pen­be­zo­ge­ne Menschenfeindlichkeit?

Umge­kehrt wün­sche ich mir, dass die­ser Marsch auch nicht von der poli­ti­schen Rech­ten instru­men­ta­li­siert ist. Das heißt aus mei­ner Sicht: Wer für den Schutz des Lebens von Anfang bis zum Ende ist, der muss kon­se­quent auch für den Schutz der ande­ren Mar­gi­na­li­sier­ten sein, zum Bei­spiel der Armen, der Men­schen auf der Flucht, der Men­schen, die im Mit­tel­mehr zu ertrin­ken dro­hen. Es gibt kei­ne kon­se­quen­te Ein­stel­lung zur Men­schen­wür­de, die die einen Schwa­chen schüt­zen und die ande­ren Schwa­chen weg­ha­ben will.

Schließ­lich möch­te ich noch sagen, dass wir als Kir­che an der Sei­te der Frau­en ste­hen, die in psy­chi­scher oder mate­ri­el­ler Not sind, vor allem an der Sei­te derer, die unge­wollt schwan­ger sind. Wir sind jeden­falls bereit zu hel­fen und zu unter­stüt­zen, so gut wir kön­nen. Kom­men Sie zu uns.

Und so dan­ke ich allen, die hier heu­te mit­ge­hen und sich für das Leben ein­set­zen, für das Leben aller Men­schen, von Anfang bis zum Ende, unab­hän­gig von Zustand, Eigen­schaf­ten oder irgend­ei­ner Grup­pen­zu­ge­hö­rig­keit. Got­tes Segen Ihnen allen.

In einem Gruß­wort schreibt der Vor­sit­zen­de der Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz, Kar­di­nal Rein­hard Marx, dass die Teil­neh­mer des Mar­sches für das Leben in Ber­lin öffent­lich der Über­zeu­gung Aus­druck ver­lei­hen, dass die Wür­de des Men­schen unan­tast­bar sei. Dies ist beson­ders dann zu beto­nen, wenn das Lebens­recht eines unge­bo­re­nen oder schwer­kran­ken Men­schen in Fra­ge gestellt wird. Für Ihren beharr­li­chen Ein­satz dan­ke ich Ihnen herz­lich“, so Kar­di­nal Marx. Das Leben sei eine wert­vol­le Gabe Got­tes, die es bis zuletzt anzu­er­ken­nen gel­te. Die­ser Glau­be bewegt uns, soli­da­risch für­ein­an­der Sor­ge zu tra­gen. Er muss aus christ­li­cher Sicht auch Grund­la­ge aller poli­ti­schen Debat­ten und wis­sen­schaft­li­chen For­schun­gen sein. Denn er bewahrt uns davor, schwa­chen, zer­brech­li­chen Men­schen ihren Lebens­wert abzu­spre­chen“, schreibt Kar­di­nal Marx.

Auch wenn Men­schen im Ster­ben lägen, sei es wich­tig, dass wir sie für­sorg­lich in all ihren Bedürf­nis­sen beglei­ten. In den gegen­wär­ti­gen Her­aus­for­de­run­gen – ich den­ke etwa an die erneu­te Debat­te um den assis­tier­ten Sui­zid – kommt es dar­auf an, noch kon­se­quen­ter als bis­her eine pal­lia­ti­ve Kul­tur des Lebens zu ent­wi­ckeln“, so Kar­di­nal Marx.

Am dies­jäh­ri­gen Marsch für das Leben neh­men in Ber­lin Bischof Dr. Rudolf Voder­hol­zer (Regens­burg), Bischof Dr. Ste­fan Oster SDB (Pas­sau), Weih­bi­schof Flo­ri­an Wör­ner (Augs­burg) und Weih­bi­schof Dr. Mat­thi­as Hein­rich (Ber­lin) teil.

Text: dbk

Hin­wei­se:
Das Gruß­wort von Kar­di­nal Marx ist als pdf-Datei im Anhang sowie unter www​.dbk​.de ver­füg­bar. Wei­te­re Infor­ma­tio­nen zum Marsch für das Leben gibt es unter www​.marsch​-fuer​-das​-leben​.de.
Die nächs­te öku­me­ni­sche Woche für das Leben wird sich erneut dem Schutz des mensch­li­chen Lebens anneh­men und die christ­li­che Sor­ge um die Ster­ben­den in den Vor­der­grund stel­len. Sie fin­det vom 25. April bis 2. Mai 2020 statt.

Grußwort von Kardinal Marx zum Marsch für das Leben

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