"Der Dreieine Gott - Vater, Sohn und Heiliger Geist" – so lautete das Motto der ersten Nacht der Orgelimprovisationsnacht in St. Nikola in Passau. Zahlreiche Organisten und auch Besucher waren am Samstag zu dieser außergewöhnlichen Veranstaltung von weit her angereist.
Die erste Nacht der Orgelimprovisationsnacht in St. Nikola, Passau stand thematisch unter dem Motto “Der Dreieine Gott — Vater, Sohn und Heiliger Geist”. Demgemäß teilte sich der Abend in drei Abschnitte auf. Der erste Part “Gott, der treuen und schützende Vater” wurde mit barocken Orgelimprovisationen, die innerhalb einer Vesper erklangen ausgefüllt. Stilsicher und abwechslungsreich überzeugte hierbei der erste Organist des Abends Regionalkantor Christian Müller. Desweiteren musizierten drei seiner Regionalkantorkollegen und drei Kantoren der KSG als Schola unter der Leitung von Regionalkantor Robert Pernpeintner klar und klangschön die liturgischen Gesänge. Durch die Liturgie selbst führte Diözesankirchenmusikdirektor und Diakon Dr. Marius Schwemmer.
Zum ersten Konzert kam es dann nach einer halbstündigen Pause in der sich die Zuhörer bei Sekt und Häppchen begegnen konnten. Die international angesehene Koryphäe Prof. Wolfgang Seifen (Berlin/Kevelear) improvisierte im romantischen und symphonischen Stil über Christuslieder. Das er zurecht als “Paganini der Orgel” bezeichnet wird, bewies er gleich zu Beginn mit seiner ersten Improvisation im deutsch-romantischen Stil über den Choral “Gelobt seist du, Herr Jesu Christ”. Seine Improvisationsstrategie lebte von schier unerschöpflicher Kreativität, traumhaft sicher geführten Modulationen, beeindruckende kontrapunktische Fähigkeiten und faszinierender Spieltechnik. Ein restlos begeisterndes Publikum lauschte nach einer himmlisch vorgetragenen lyrischen Choralbearbeitung über das Lied “ich will dich lieben, meine Stärke” auch danach staunend der viersätzigen Symphonie für große Orgel, in der gregorianische Hymnen, die vorher durch die Schola gesanglich vorgestellt wurden. Nach dem ersten Höhepunkt schien eine Steigerung unmöglich, doch die dargebotene Improvisation im französisch-romantischen Stil brachte Wolfgang Seifen mit so viel Spannkraft (im Allegro), Anmut (im Andante Cantabile), so viel schwebende Leichtigkeit (im Scherzo) und eine alles übertreffende Klangentfaltung (im Finale) dar, dass am Ende dem Publikum nichts anderes als brausende Beifallsbekundung übrig blieb.
Nach einer weiteren Begegnungspause griff Prof. Thierry Escaich in die Tasten. Er widmete sich der letzten thematischen Einheit “Der Heilige Geist, Quell des Heils”. Man war gespannt, wie sich der Pariser Titularorganist an Saint-Étienne-du-Mont präsentierte, der als Improvisator als einer der wichtigsten Vertreter der Schule der französischen Orgelimprovisatoren unserer Zeit gilt. Im seinem rhythmisch, pulsierenden und farbenreichen Personalstil entführte er die Zuhörerenden in eine ganz andere Klangwelten. Über pfingstliche Texte und Bilder improvisierte er gleichermaßen virtuos wie sein Vorgänger. Unglaublich klanggewaltig eröffnete er mit “Ouverture improvisée” sein Konzert. In der darauffolgenden Textimprovisation bewies er, welche schöpferische Kraft und musikalische Ausdrucksmöglichkeiten in ihm stecken. Verständlich und überzeugend übersetze er ein Gedicht in Musik, was ihm ebenso auch bei der Improvisation über ein Bild mehr als gelang. Er zauberte unerwartete Klänge und Stimmungen in den Raum und reizte die klanglichen Seiten der Orgel bis aufs Letzte aus. Nach zwei spannenden und abwechslungsreichen Darbietungen über die Choräle “Veni, creator Spiritus” sowie “Der Geist des Herrn erfüllt das All” schloss er mit “Danses Symphoniques improvisées” sein Konzert.
Hier zeigte er nochmals klanggewaltig, virtuos und vor allem rhythmisch überraschend sein meisterhaftes Können. Nachdem der hier begeisternde Applaus verhallt war, wurde der Abend mit einem kurzen “Segen zur Nacht” beschlossen. Diakon Dr. Marius Schwemmer rundete mit seinem geistlichen Tagesrückblick, der musikalisch von Regionalkantor Christian Müller stimmungsvoll umrahmt wurde, die beeindruckende Improvisationsnacht ab und erteile allen Anwesenden den Segen Gottes.
Text: Christian Müller
Fotos: Toni Scholz