Diese Nacht ist anders als andere Nächte. Auch wenn es in Passau bereits dunkel war, machten sich viele Menschen auf den Weg in Richtung Domplatz. Dort brannte vor dem Stephansdom ein Feuer. Diese Nacht ist anders als andere Nächte. Es ist die Nacht der Nächte – die Osternacht. Sie zeigt immer wieder neu: Der Tod hat nicht das letzte Wort! In dieser Nacht hat Christus den Tod überwunden. Mit einer feierlichen Vigil und der Feier der Osternacht gedachten die Christen in Passau der Auferstehung Jesu.
„Lumen Christi“
Das Feuer vor dem Dom loderte hell und warm. Viele der alten Palmzweige und Palmbuschen verbrannten dort, als Bischof Stefan Oster das Feuer segnete und dann feierlich die Osterkerze entzündete, ein Symbol für den Auferstandenen, der das Licht der Welt ist. Der Ruf „Lumen Christi“ erhallte laut, als Bischof Stefan mit dem liturgischen Dienst in das Gotteshaus einzog. Nach und nach wurde es erleuchtet, da die Kerzen der Gläubigen mit dem Osterfeuer entzündet wurden. Wie ergreifend ist der Moment, wenn der Stephansdom lichtdurchflutet erstrahlt, allein durch das Licht der hunderten Kerzen, das sehr deutlich zum Ausdruck bringt: Das Licht durchdringt die Dunkelheit. Dreimal erklang der Ruf „Lumen Christi“.
Die Lesungen aus dem Alten Testament erzählten von der Geschichte Gottes mit seinem Volk Israel. Daran schloss sich das feierliche Gloria an, das zum ersten Mal seit dem Gründonnerstag wieder mit Orgel und lautem Glockengeläut ertönte — worauf der Stephansdom wieder voll erleuchtet wurde. Feierlich wurde das Evangelium vorgetragen.
Die größte Geschichte der Welt
In seiner Predigt stellte Bischof Stefan die Frage, ob man nur Zuschauer oder Teilnehmer bei der größten Geschichte der Welt – die Heilsgeschichte – sein wolle. Diese finde, nach dem anglikanischen Theologen N. T. Wright in fünf Akten statt. Im ersten Akt, der Schöpfung, betitelte Gott alles als gut – oder, wie es im hebräischen auch heißen könne – als schön.
Doch bald darauf folgte der zweite Akt, der unter dem Begriff „Sündenfall“ bekannt ist: „Der Mensch, der die Schöpfung in die Vollendung führt, fällt aus dem Paradies und zieht die Schöpfung mit sich“, so der Bischof. „Und seitdem gibt es alles, was schön und gut widerspricht auch in dieser Welt.“ Auch wenn es noch Spuren dieses Schönen gebe, sei der Mensch aus dem Bund herausgefallen. Doch betonte Oster: „Gottes Sehnsucht ist, den Menschen nach Hause zu holen.“ Exemplarisch habe Gott immer wieder Einzelne berufen, die sein Volk sammeln sollten – und dies sei in Form eines Bundes zum Ausdruck gekommen.
„Wer wirklich an Christus glaubt, der darf erleben, dass dem, was angsteinflößend ist und sich machtvoll in meinem Inneren aufbaut, der letzte Stachel gezogen ist.”
Die Geschichte Gottes mit dem seinem auserwählten Volk Israel stelle daher den dritten Akt dar. „Die große Berufung dieses Volk war, allen Völkern zu zeigen, wie ein Volk lebt, in dessen Mitte Gott wohnt und gegenwärtig ist.“ Doch habe sich Israel immer wieder durch eigene Schuld von Gott entfernt und in Knechtschaft begeben – doch Gott habe es immer wieder in die Freiheit geführt, so Oster. Durch den Propheten Ezechiel habe Gott Israel jedoch verheißen, dass er sie wieder zusammenführe, zu Gottes Volk machen und ihnen ein neues Herz geben werde. Das läge daran, dass „das Ziel Gottes immer mehr der persönliche Bund, die Freundschaft mit ihm ist. Es gehe nicht darum, dass er befehle und das Volk gehorche, sondern um eine Liebesgemeinschaft, eine Freundschafts-Gemeinschaft mit Gott. Danach sehne sich Gott.
Der vierte Akt greife genau diese Erwartung Israels auf, als Jesus in Israel auftrat. Sein Herz war erfüllt von Gott und seiner Gegenwart, sodass jeder, der Jesus nahegekommen ist, automatisch vor die Entscheidung gestellt wurde, ihn abzulehnen oder anzunehmen. „Denn wenn er wirklich auferstanden ist, dann hat er für die ganze Menschheit eine neue Perspektive eröffnet und dann bestätigt sich durch die Auferstehung der unglaubliche Anspruch, den er hatte“, so Oster.

Er sei nicht einfach ein netter Weisheitslehrer, sondern er habe sich angemaßt, das Gesetz Israel so auszulegen, als würde er im Namen Gottes sprechen. Und das stelle uns wieder neu vor die Entscheidung. Denn: „Alles, was wir als Christen glauben, baut da auf, dass Christus auferstanden ist.“ Er ändere das Leben der Menschen, die wirklich mit ihm gehen, dramatisch und gebe ihnen ein neues Herz. Weiter betonte Bischof Stefan: „Wer wirklich an Christus glaubt, der darf erleben, dass dem, was angsteinflößend ist und sich machtvoll in meinem Inneren aufbaut, der letzte Stachel gezogen ist. Diese Welt hat nicht das ganze Sagen. Diese Welt ist nicht das Ganze. Und wir sind geschaffen für das Ganze. Unser Herz kann von nichts in dieser Welt gestillt werden. Auch wenn sie es uns manchmal vorgaukelt. Aber das Ganze ist die Beziehung zu ihm.“ Durch die Taufe sei der Mensch hineingenommen worden in das Volk Gottes, in die größte Geschichte von Anfang an, die der Mensch je erlebt hat: „Die Geschichte, die dahinführt, dass die Tür aufgeht und wir verbunden werden mit einer größeren Wirklichkeit.“
Der fünfte Akt verweise auf die Vollendung, wenn er wiederkommt – in Freude und als Kinder des Vaters. „Dadurch sind wir nicht nur Zuschauer, Teilnehmer an der größten Geschichte, die die Menschheit je erlebt hat“, so Oster.
Die Predigt als Podcast auf SoundCloud
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Wasserweihe
Groß war die Freude, dass auch in diesem Jahr in der Osternacht eine junge Frau das Sakrament der Taufe empfing. Nach der Weihe des Osterwassers und dem Bekenntnis zum Herrn wurde sie durch das Gießen des Wassers über ihren Kopf in die Gemeinschaft der katholischen Kirche aufgenommen.

Musikalische Gestaltung
Musikalisch wurde der Gottesdienst von der Schola unter der Leitung von Domkapellmeister Andreas Unterguggenberger gestaltet. Dabei erklangen Psalmen und Gesänge zur Osternacht in Begleitung von Domorganist Ludwig Ruckdeschel.
risus paschalis
Am Ende der Osternacht folgte ein von vielen erwarteter Brauch: Der risus paschalis – das Osterlachen. Bischof Oster sorgte mit einem lustigen Osterwitz in diesem Jahr für ein herzliches Lachen in der Messe — hier auf SoundCloud zum Nachhören (und Mitlachen):