Synodalität – Ein vielschichtiges Wort mit Konsequenzen für die Kirche
Rund 60 in der Pastoral tätige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren gekommen. Als Referenten waren Prof. Dr. Thomas Söding, Vizepräsident des Zentralkomitees der Katholiken (ZdK) und Professor für Neues Testament an der Ruhr-Universität Bochum, und Bischof Dr. Stefan Oster eingeladen.
Zu Beginn der Tagung gab Thomas Söding einen Überblick über den aktuellen Stand des Weltsynodalen Prozesses vor dem Hintergrund der erst kürzlich beendeten Weltsynode in Rom. An dieser hatten sowohl Söding als theologischer Berater ohne Stimmrecht als auch Bischof Stefan teilgenommen. „Die römische Weltkirche ist mitten in einem Prozess, sich selbst neu zu entdecken, und dazu gehört in erster Linie – dazu war sie in Rom in der Lage – Probleme zu benennen, die es in unterschiedlichen Formen weltweit gibt“, beschrieb Söding die aktuelle Situation. So stellte er in seinem Vortrag zunächst die These auf, „dass die Betonung des Bischofsamtes einen tiefen Schatten auf die katholische Kirche wirft“. Diese „entscheidende Frage“ nach dem Amt des Bischofs und dem des Pfarrers habe sich auch in Rom gestellt. Zentrale Probleme seien darüber hinaus die Aufarbeitung von Missbrauch, mangelnde Kontrolle, Klerikalismus sowie Entscheidungsprozesse. In den vier Wochen der Weltsynode habe man gemeinsam nach Möglichkeiten und Lösungen für die katholische Kirche gesucht, konkrete Antworten aber seien noch nicht gefunden worden. „Es gibt keinen vorgegebenen Plan für eine synodale Kirche“, so der Vizepräsident des ZdK. Selbst Papst Franziskus habe zum jetzigen Zeitpunkt noch keine genaue Vorstellung davon, wie eine synodale Kirche aussehen könne. Für Entscheidungen sei es jetzt noch zu früh. Aktuell stecke man mitten in der Bestandsaufnahme.
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Im Anschluss an den Kurzvortrag von Prof. Dr. Thomas Söding sprach Bischof Oster über die Methode des „Gesprächs im Heiligen Geist“, mit dem auf der Weltsynode gearbeitet wurde: In kleinen Gruppen und hierarchiefrei und insbesondere mit dem Schwerpunkt: „Einander zuhören“ haben die Teilnehmer fortwährend entlang den Texten gearbeitet, die in den vergangenen beiden Jahren aus der ganzen Welt eingegangen waren.
Drei Schlagworte waren grundlegend für die Versammlung: Gemeinschaft, Sendung (Mission) und Teilhabe. Das Interessante bei der Weltsynode sei gewesen, dass das Thema Mission ein echter Schwerpunkt, gleichsam die Mitte geworden sei, weil es zur eigentlichen Identität des Kirche-seins gehöre: „Gott hat eine Mission und dafür hat er eine Kirche“, so der Bischof. Daraus folge, dass nicht nur jeder Christ eine Mission habe, sondern eigentlich müsse man mit Papst Franziskus sagen: „Du bist eine Mission“. Auch „Partizipation“ sei anders angegangen und neu umgesetzt worden: „Viele Gläubige in der Welt waren überrascht, dass sie als Laien in der katholischen Kirche überhaupt gefragt wurden“, berichtete Bischof Oster über die Teilnehmer der Weltsynode. Einen der Kernpunkte, der auch dem Papst selbst ein besonderes Anliegen sei, fasste der Bischof letztlich so zusammen: „Wir müssen auf einer tieferen, einer geistlichen Ebene zusammenkommen, einander verstehen und zuhören – und so bestehende Polarisierungen überwinden.“ Der Protagonist der Synode sei der Heilige Geist selbst, so habe Papst Franziskus immer wieder betont.
Hinsichtlich des Ablaufs der Synode sei Papst Franziskus zudem wichtig gewesen, dass die Weltsynode in einem geschützten Raum stattgefunden habe, so Bischof Oster. Hierzu merkte Thomas Söding jedoch an, er sei sich nicht sicher, ob diese Methode auch im weiteren Verlauf des Weltsynodalen Wegs passen werde oder ob es „nicht andere Methoden braucht“. „Viele haben nach dieser Weltsynode gesagt, sie war menschlich und geistlich eine der besten und theologisch eine der dünnsten. Viele haben sie als unglaublich weltkirchliches Erlebnis erlebt“, rekapitulierte Bischof Oster abschließend. Es handele sich um ein Ereignis, bei dem jedoch keine Entscheidungen getroffen worden seien und es kein Ergebnispapier gegeben habe. Stattdessen gebe es ein Dokument, das eine Synthese sei: „40 dichte Seiten, 20 Unterthemen“, beschrieb Bischof Oster, „aufgegliedert in die großen Fragen: Kirche als synodale Gemeinschaft, Kirche als Mission und Kirche in Partizipation.“ Die Gemeinden und Kirchen vor Ort seien nun erst einmal eingeladen, sich diese Themen anzueignen und zu bestimmen, was für sie vor Ort wichtig sei. Im Anschluss an die Beiträge der beiden Referenten hatten die Teilnehmer der Pastoraltagung die Gelegenheit, im gemeinsamen Gespräch Fragen zu entwickeln, die nach der Mittagspause im Plenum beantwortet und diskutiert wurden.
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Der Nachmittag hatte dann insbesondere Synodalität in Deutschland und im Bistum Passau zum Thema. Dazu stellten zunächst Thomas Weggartner als Ansprechperson des Bistums für die Synodalen Wege und Markus Biber als Diözesanratsvorsitzender die bisherigen Schritte im Bistum seit 2020 vor, angefangen bei der Arbeit der AG „Synodaler Weg Passau“ bis hin zu den Synodalgesprächen in diesem Sommer zur „Segnung homosexueller Paare“ und der „Laienpredigt“.
„Die weltkirchliche und die Bundesebene sind ja sehr eng miteinander verbunden“, so Thomas Söding zur Verknüpfung des Weltsynodalen Wegs mit der Kirche vor Ort. So sei etwa auf weltkirchlicher Ebene bereits deutlich gemacht worden, dass es eine Stärkung der Regionen brauche und auf der Ebene der Diözesen, Länder oder auch Kontinente dezentrale Partizipationsstrukturen aufgebaut werden müssten. Gleichzeitig habe der synodale Weg in Deutschland besondere Voraussetzungen, aus denen er spezifische Konsequenzen ziehen müsse. Gegründet worden sei jetzt der Synodale Ausschuss, eine Fortsetzung des synodalen Weges mit dem Ziel, eine Art Synodalen Rat auf Bundesebene für die katholische Kirche in Deutschland zu etablieren. „Die Lage ist schon spannungsreich, weil der Papst ja deutlich gemacht hat, dass er diesen synodalen Ausschuss als einen Schritt weg von der gemeinsamen Bewegung der Weltkirche sieht“, so Bischof Oster zum Synodalen Ausschuss. „Meine persönliche Erfahrung ist: Ich möchte gemeinsam mit der Weltkirche gehen und ich hoffe trotzdem, dass die Wege noch irgendwie zusammenfinden. Wie das gehen kann, kann ich jetzt noch nicht sagen.“
Auch Thomas Söding betonte, dass das Modell, das der Synodale Ausschuss entwickeln werde, mit Rom abgesprochen werden müsse. Aktuell sehe er, dass die Beschlüsse hinsichtlich eines Synodalen Rates in Rom in anderer Weise verstanden worden sei als vom Synodalen Weg in Deutschland intendiert. So sei es auch eine der Aufgaben des Ausschusses, Synodalität und, was das für Deutschland heiße, noch einmal „auszubuchstabieren“ – aber nicht unabhängig vom weltsynodalen Weg. Letztlich befinde man sich aktuell in einem Prozess, beschrieb Bischof Oster seine Eindrücke — vor allem mit Blick auf das Bistum Passau: „Ich habe die Texte, die der synodale Weg in Frankfurt beschlossen hat, in mehreren Gremien diskutiert und werde sie auch noch weiter diskutieren. Und wir werden versuchen zu sondieren, wo wir auf der einen Seite im Einklang mit der Weltkirche sein können, und auf der anderen Seite Spielraum haben, uns zu entwickeln.“ Schließlich werde auch der Papst noch einmal etwas schreiben, was autoritativ für die Kirche gelte, so der Bischof, „und wir sind gespannt, wie das konkretisiert wird, was da jetzt breit entfaltet ist.“
In einem „intensiven Zwiegespräch“, bei denen auch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer Rückfragen stellen konnten, hätten Thomas Söding und Bischof Stefan die unterschiedlichen Positionen gut darstellen „und auch in einem guten Sinn miteinander streiten können“, so das Resümee des Bischofs. „Im gegenseitigen persönlichen Wohlwollen füreinander konnten auch die strittigen Punkte klar zur Sprache kommen.“ Auch einige Teilnehmer hätten rückgemeldet, dass eben dieses Aufeinandertreffen verschiedener Perspektiven zu einem tieferen Verständnis für die Materie beigetragen habe. Der Bischof zeigte sich sehr dankbar, dass Thomas Söding dieses dialogische Format möglich gemacht habe.