Die Pastoraltagungen in Passau und Burghausen stehen heuer unter dem Thema Sakramente und Sakramentalität. „Sakramentalität: verlorene Dimension oder Zentrum einer erneuerten Pastoral?“ – Zu dieser Frage referierte der Theologe Prof. Dr. em. Jürgen Werbick als diesjähriger Gastredner. Bei der gut besuchten Tagung am 4. November war auch Bischof Stefan Oster dabei.
Mit rund einhundert Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Pastoral war die Pastoraltagung am Montag, 4. November in Spectrum Kirche Mariahilf dieses Jahr sehr gut besucht. Überhaupt sind die Verantwortlichen um Dr. Veronika Augustin, Referentin für theologische Fortbildung und Leitungskultur, mit den rund 200 Teilnehmenden insgesamt an den drei Tagen in Passau und Burghausen sehr zufrieden. Thematisiert wurde auch ein hochaktuelles Thema, das vielen in der Kirche von Passau – zuvorderst Bischof Stefan Oster SDB – ein großes Anliegen ist: Sakramente und Sakramentalität – das „Kernthema des christlichen Glaubens“, wie der Bischof bei seinem Grußwort betonte: „Sakramentalität macht die Kirche in ihrem Innersten aus!“ Er hatte es nach dem letztjährigen Thema Synodalität angeregt. „Sakramentalität bedeutet im Grunde das Ineinander von göttlicher und endlicher Wirklichkeit. Wir haben unsere sieben Sakramente. Und die Kirche als Ganzes ist auch eine Art Sakrament, weil Gott in der Kirche gegenwärtig ist.“ Gerade in den „Einführungssakramenten“ Taufe, Erstkommunion und Firmung gehe es darum, diese Wirklichkeit tiefer zu verstehen als nur „Es ist ein schönes Familienfest“, so der Bischof. „Es ist wirklich so, dass Gott an uns handelt! Menschen in heutiger Weise darauf vorzubereiten, ist die Herausforderung.“ Aber eine, die man im Bistum Passau meistern kann, zeigt er sich zuversichtlich. „Wir haben viele, sehr kreative Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich Wege einfallen lassen.“
Als Gastredner dieses Jahr war der Theologe Prof. Dr. em. Jürgen Werbick eingeladen. In seinen beiden Vorträgen hinterfragte er: Sakramentalität: verlorene Dimension oder Zentrum einer erneuerten Pastoral? In seinem ersten Vortrag am Vormittag ging er dabei auf Sakramentalität als „die Lebensform des christlichen Glaubens“ ein. Und in seinem zweiten am Nachmittag hinterfragte er: „Die Eucharistie – ein Opfer?“
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Sakramentalität – die Lebensform des christlichen Glaubens
„Die Nachfrage nach Sakramenten ist bei uns in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern zurückgegangen“, betonte er zu Beginn seines ersten Vortrags und führte beispielhaft Beichte und Firmung an, wo dieser Rückgang besonders ausgeprägt sei. Doch nicht nur hier, erklärte Werbick: „Die sakramentale Praxis hat auch bei kirchenaffinen Menschen an Bedeutung verloren. Sie ist an Orte abgewandert, die wir noch nicht erschlossen haben.“ Er stellte die Frage in den Raum, ob es einer Orts- und auch Sinnveränderung der sakramentalen Praxis bedarf, die er grundsätzlich nicht in der Krise sehe: „Ich glaube das nicht. Das ist eine verkürzte Wahrnehmung unserer Lebenswelt.“ Sakramente seien Zeichen der Gottesherrschaft und gingen auf Gottes Hineinwirken in den Menschen zurück. „Es sind die Sakramente, in denen die Menschen die Realpräsenz Gottes wahrnehmen und feiern“, betonte er. In ihnen sei Gottes Heil erfahrbar, der sich uns im Leib Christi schenke. Gottes Liebe zu den Menschen zeige sich gerade in der Eucharistie, dem „Ursakrament“ schlechthin, in dem wir Gottes Realpräsenz in Jesus Christus feiern würden, so der Theologe. „Die Einzelsakramente sind kirchlich gehandeltes Vergegenwärtigen des Ursakraments in Lebensvollzügen, in denen sich das Geheimnis des Menschseins manifestiert. Gott teilt sich hier in Christus durch den Heiligen Geist dem Leib Christi mit.“ Zusammen mit den sechs weiteren Sakramente Taufe, Buße, Erstkommunion, Firmung und Weihe, Ehebund und Krankensalbung sei die Eucharistie ein Zeichen der Zuwendung Gottes zu den Menschen. „Sakramente sind Gottes eigenes Handeln!“ An diesem sakramentalen Handeln Christi mitzuwirken, dazu sei jede Christin und jeder Christ beauftragt, und nicht nur Geweihte, betonte Werbick. Er ermutigte zur Öffnung des sakramentalen Partizipationsraums für die Gläubigen. „Die sollen sich hier einbringen und dazu gestärkt werden können, ihr Leben als Gottes Geschenk anzunehmen, es miteinander und im Leib Christi mit Gott zu teilen.“ Am Ende seines Vortrags lud er zur Diskussion darüber ein, inwiefern sich die sakramentale Praxis im Laufe der Zeit verändert hat und bei welchem Sakrament diese Veränderung besonders ausgeprägt ist.
Nach dem gemeinsamen Gottesdienst in der Hauskapelle, der musikalisch vom Mitarbeiterchor des Bistums Passau gestaltet wurde, ging es in das Nachmittagsprogramm. Hier rückte die Eucharistie als das Ursakrament in den Fokus. Werbick konfrontierte die Teilnehmenden in seinem zweiten Vortrag mit der Fragestellung: Die Eucharistie – Ein Opfer? „Dass Sakramente als sichtbare Zeichen der Liebe Gottes zuallererst auch bei uns etwas bewegen und verändern wollen, ist ein zentraler Gedanke, der uns dieses Jahr neu erschlossen und mit auf den Weg gegeben wurde“, freute sich schließlich Fortbildungsreferentin Dr. Veronika Augustin über den Erfolg der Tagung, die gefüllt war mit neuen Impulsen zum Thema Sakramente und Sakramentalität.
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Papst Franziskus zu Sakramentalität
In seinem programmatischen Schreiben „Evangelii Gaudium“ ruft Papst Franziskus zu „einer neuen Etappe der Evangelisierung“ auf. Er schreibt hier: „Jeder Christ ist in dem Maß Missionar, in dem er der Liebe Gottes in Jesus Christus begegnet ist“. Die Kirche lebe aus dieser Begegnung und sei der „Ermöglichungsraum“ für die Begegnung des Menschen mit der Liebe Gottes in Jesus Christus – in den Sakramenten. In der Eucharistie, dem „Ursakrament“, feiern wir die Realpräsenz Jesu Christi, in der sich Gott in Christus durch den Heiligen Geist im Leib Christi mitteilt.
Stichwort Sakramente
In der katholischen Kirche gibt es sieben Sakramente: die Taufe, die Firmung, die Eucharistie, die Buße, die Krankensalbung, die Weihe und die Ehe. Diese sieben stellen gleichsam Knotenpunkte im Leben eines Christen dar, zumal sie wichtige Erfahrungen und Einschnitte im Leben betreffen. Sakramente sind erfahrbare Zeichen der Nähe und Liebe Gottes. Sie sind in Jesus Christus begründet, der selbst das Zeichen schlechthin ist, in dem wir Gott erkennen und was er für uns bedeutet. Sakramente, insbesondere Taufe, Firmung und Eucharistie, bilden die Basis eines christlichen Lebens. Sie lassen im persönlichen Glaubensleben wachsen und sind maßgeblich für Heilung und Sendung. Die Kirche, die die Sakramente spendet, ist selbst quasi Sakrament und ein Zeichen für die Zuwendung Gottes in der Welt. Mehr zu den sieben Sakramenten finden Sie hier auf folgender Seite: