
Jesus kommt nicht in einem kriegerischen Streitwagen - Er kommt auf einer Eselin geritten und zieht so in Jerusalem ein. Und er will nicht mit Macht und Gewalt erobern, sondern friedlich in unsere Herzen einziehen. Die Liebe ist seine Waffe und siegt letztendlich, sogar über den Tod. Gedanken dazu von Dompropst Dr. Michael Bär in seiner Predigt zum Palmsonntag am 10. April 2022.
Das kriegerische Machtsymbol der Antike war der Streitwagen. Zwei oder gar vier Pferde zogen einen leichten, einachsigen Wagen mit einem Lenker und einem Krieger. Diese „Panzer des Altertums“ dienten den Herrschern auch als Statussymbol bei Paraden durch die Städte. Ihre uneingeschränkte Macht sollte dadurch zum Ausdruck kommen.
„Bringt mir eine Eselin“, fordert hingegen Jesus seine Jünger auf. Sie soll ihm als Reittier dienen beim Einzug in die Stadt Jerusalem. Was für ein Gegenentwurf zur Machtentfaltung der Herrscher damals in der Antike und heute in den Hauptstädten der Erde.
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Hier kommt einer, dem es nicht um kriegerische Machtentfaltung geht. Sein Symbol ist aus der friedlichen Welt des Alltags genommen. Ein Esel, der die Lasten der Menschen trägt. Wer auf diese Weise eine Stadt erobert, vor dem braucht niemand sich zu fürchten. Deshalb jubeln die Menschen und winken ihm zu. Vor den Streitrossen wären sie ängstlich und ehrfürchtig zurückgeschreckt, die Eselin kennen sie, hier können sie furchtlos auf Tuchfühlung gehen mit ihrem König. Dieses Bild soll die Menschen anlocken, eine Werbung für Christus den König, einen sanftmütigen, einen demütigen, einen friedfertigen Herrscher.
Mir fällt eine Kritzelei aus dem antiken Rom ein, das den Gekreuzigten in Gestalt eines Esels abbildet. Der Spott der Ungläubigen zeigt sich in dieser Zeichnung. Was muss das für ein Esel sein, der sich als Gott für die Menschen kreuzigen lässt. Doch das Hohnbild birgt Wahrheit. Wie ein Esel hat er die Last unserer Sünden auf sich genommen und bis zum bitteren Ende getragen. Nicht störrisch, sondern bereitwillig, ein Diener. Alle Gewalt, alle kriegerische Macht sollte mit dieser Tat ein Ende finden. Doch soweit sind wir leider noch nicht, selbst nach 2000 Jahren. Der unselige Krieg tobt in der Ukraine. Und auch wir kommen nicht umhin, dorthin schwere Waffen zu liefern.
An Palmsonntag nehmen wir einen neuerlichen Anlauf zum Frieden. Unser König kommt auf einer Eselin geritten. Wer ihm zujubelt, der versteht die Botschaft. Nicht mit Macht will er uns erobern, sondern friedlich in unsere Herzen einziehen. Die Liebe ist seine Waffe.
Übrigens. Papst Franziskus steigt bei Staatsbesuchen gerne in einen kleinen Fiat anstelle einer großen Limousine. Ich habe den Eindruck, er hat Jesus verstanden.
Dr. Michael Bär
Dompropst