
Als Christen dürfen wir uns nicht auf den "Berg der Verklärung" zurückziehen, wie im Sonntagsevangelium geschrieben steht. Gott hat uns in die Welt hinein gesandt, damit wir offen sind für die Nöte der Welt - aktuell die der Menschen der Ukraine. Mehr dazu von Diakon Konrad Niederländer, Bischöflicher Beauftragter Diözesan-Caritasverband Passau, in seiner Predigt zum Caritassonntag am 13. März 2022.
Wir haben in den letzten Jahren und Jahrzehnten eine Zeit erlebt, die immer mehr Fortschritt und Wohlstand gebracht hat, immer mehr Umsatz, immer mehr Gewinne, alles immer größer, schneller, besser und erfolgreicher…
Vor zwei Jahren hat uns ein kleines, unscheinbares Virus gezeigt, wie anfällig und zerbrechlich das alles ist. Die Corona-Pandemie hat zu vielen Einschränkungen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Problemen und gesundheitlichen Schäden geführt, mit deren Folgen wir noch lange zu kämpfen haben. Seit wenigen Tagen erleben wir einen unvorstellbaren Krieg in Europa, direkt vor unserer Haustür. Menschen sterben, fliehen, haben Angst. Auch wir spüren die Folgen, auch wir haben Angst.
Im Evangelium vom 2. Fastensonntag hören wir, dass Petrus drei Hütten bauen will. Er will diesen göttlichen Moment der Verklärung festhalten. Er will sich einnisten oben auf dem Berg der Verklärung, auf dem Berg der Seligkeit. Und ich kann ihn ganz gut verstehen. Denn wer will nicht abgehoben und frei sein von diesen Sorgen und dem Leid der Welt mit all ihren Problemen, vom persönlichen und privaten beginnend bis hin zu diesen globalen Krisen unserer Zeit.
Ihnen entgeht ein toller Beitrag!
Wer will nicht Gottes Nähe erfahren und spüren? Doch zugleich ruft die göttliche Stimme mahnend aus der Wolke: auf meinen auserwählten Sohn sollt ihr hören! Also kein Hüttenbau und Rückzug aus der Welt, sondern runter vom Berg der Verklärung. Dieser von Gott geschenkte österliche Blick über Not, Leid und das Kreuz hinweg in den Himmel hinein war für die Jünger eine Erfahrung, die ihren Glauben und ihre Hoffnung stärken sollte. Aber nun geht es wieder hinab ins Tal: in die Niederungen des Lebens, in den Alltag der Menschen, auch ins Tal der Krisen und Tränen.
Als Christinnen und Christen können und dürfen wir nicht wegschauen, uns zurückziehen aus den Problemen und Nöten der Welt. Wenn wir im Evangelium des Sonntags auf Jesus hören, dürfen wir uns nicht auf einen Berg der Verklärung in eine „spirituelle Kuschelecke“ zurückziehen. Nein, so geht christliches Leben und Kirche sein nicht! Als Christen und als Kirche sind wir in die Welt hinein gesandt. Wir dürfen Menschen in ihrer Not nicht ausweichen, dürfen nicht wegschauen. Wir sollen hinschauen, auch wenn es schwer fällt, manchmal auch weh tut. Wie schmerzlich ist in diesen Tagen der Blick in die Ukraine oder zu den geflüchteten Menschen. Als Christen sind wir mit ihnen, mit den vielen Helfern und Spendern verbunden – in Gedanken, im Gebet. Papst Franziskus weiß, dass das gar nicht so selbstverständlich ist. Er fordert uns alle auf: Geht an die Ränder der Gesellschaft, an die Ränder der menschlichen Existenz.
In vielen unserer Pfarreien wird diese Herausforderung angenommen, es werden Helferkreise gebildet, kirchliche Gruppierungen und die Caritas organisieren Hilfe und Unterstützung. Immer, wo diese Hilfe Hand in Hand geht, zeigt sich, wie gut die Caritas verwurzelt ist. Immer, wo das gelingt, bekommt die christliche Nächstenliebe ein Profil, ein Gesicht, Hände und Füße durch die beruflichen und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unserer Caritas.
Ich danke allen, die in der Caritas arbeiten, beraten, pflegen, trösten und stärken, die unseren Glauben als gelebte Caritas immer wieder tatkräftig bezeugen. Ich danke den Sammlerinnen und Sammlern, allen Spendern und allen, die auf ihre Weise anderen diesen österlichen Blick über alle Not und alle Sorgen hinweg in den Himmel hinein erspüren lassen und auch uns dadurch stärken in Glaube und Hoffnung.
Diakon Konrad Niederländer
Bischöflich Beauftragter
Vorstand im Caritasverband für die Diözese Passau e.V.