
"Ja, dann möchte ich auch dabei sein!" So heißt es in einem bekannten Gospel, in dem es um den Himmelreich Gottes geht. Wer schon möchte nicht auf ewig befreit sein von Leid und Trauer, Mühsal und Angst? Das Gute dabei: Jeder entscheidet sich selbst im Leben für oder gegen Gott. Mehr dazu von Domvikar Bernhard Kirchgessner, Leiter des Exerzitien- und Bildungshauses Spectrum Kirche Passau-Mariahilf in seiner Predigt zum 5. Sonntag der Osterzeit am 15. Mai 2022.
Geht es Ihnen auch so wie mir? Was derzeit auf der Welt passiert, die Massaker in der Ukraine, das Niederbrennen christlicher Dörfer in Myanmar, die grausame Missachtung der Menschenrechte in vielen Ländern dieser Erde schreien nach Gerechtigkeit. Eines muss bei allen Demokraten common sense sein. Wenn der Spuk in der Ukraine vorbei ist, müssen die Verantwortlichen vor Ort, aber auch der Schlächter aus dem Kreml und sein serviler Adjutant, der Patriarch, wie damals in Nürnberg vor das Tribunal.
Man kann nun fragen: Warum greift Gott da nicht ein? Aber der Gott und Vater Jesu Christi ist kein Deus ex machina, der vom Himmel Blitze zucken lässt und alles Böse sofort rächt. Doch wer meint, er würde ungeschoren davonkommen, wird beim Jüngsten Gericht ein böses Erwachen erleben. Dann schlägt die Stunde göttlicher Gerechtigkeit. Spätestens dann, das sagt uns die heutige Lesung aus der Offenbarung des Johannes, wird das Gute über das Böse siegen.
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Gottes Mühlen mögen langsam malen, aber treffsicher. Johannes kleidet dies in die wunderbare Metapher des neuen Jerusalem, einer heiligen Stadt, die sich in Pracht und Herrlichkeit vor unseren Augen entfalten wird — und wir mitten drin. Die Wohnung Gottes unter den Menschen, so verkündet die Stimme vom Himmel. ER wird für immer in unserer Mitte zelten, wir werden sein Volk sein und er, GOTT, wird für immer mit uns sein. Tränen, Trauer, Klage und Mühsal gehören dann ein für alle Mal der Vergangenheit an, denn Gott macht alles neu.
In einem Gospel heißt es: „ja, dann möchte ich auch dabei sein!“. Ganz ehrlich: ich auch. Doch wie komme ich an diesen Punkt? Was muss ich tun, um auf der Seite jener zu stehen, die dabei sein dürfen? Auf diese Frage gibt uns das heutige Evangelium eine knappe und klare Antwort: „Liebt einander, wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben.“ Eine dreifache Liebe führt uns also ans Ziel: Die Liebe zu uns selbst, die Akzeptanz meiner selbst mit der Verpflichtung, stets an den eigenen Fehlern zu arbeiten; die Liebe zum Nächsten und natürlich die Liebe zu Gott. Dazu geben wir selbst im Lauf des Lebens den Startschuss.
Es geht also um etwas in diesem Leben, wie Bischof Stefan zurecht immer wieder betont. Es geht nicht nur um etwas, es geht um alles oder nichts: Laufe ich nach dem Startschuss dem Gott und Vater Jesu entgegen, lande ich am Ende in seinen weit geöffneten, sich mir entgegenstreckenden Armen, oder laufe ich von ihm weg ins Dunkel, ins Verderben, dorthin, wo Hass statt Liebe herrscht?
Damit Sie mich nicht missverstehen: Ich muss vor Gott nichts leisten um mein Ziel zu erlangen, ich kann mir den Himmel auch nicht erkaufen, ich darf ihn mir vielmehr schenken lassen. Aber einmal im Leben muss ich mich entscheiden, wie, wofür und mit wem ich leben möchte: mit oder gegen Gott, für oder gegen die Liebe. Wer sich für Gott entscheidet, steht auf der Seite der Sieger, auf der Seite der Liebe, auf der Seite des Friedens.
Bernhard Kirchgessner
Leiter Exerzitien- und Bildungshaus Spectrum Kirche Passau