
Wir tragen die Melodie Gottes nicht mehr in die Welt hinein und beschäftigen uns zu sehr mit uns selbst mit der Folge, dass die Welt nur noch uns wahrnimmt, aber nicht mehr Gott. Als Lösung schlägt Bernhard Kirchgessner, Leiter des Exerzitien- und Bildungshauses Spectrum Kirche Passau, vor, den Schalter umzulegen und uns wieder auf Gott hin auszurichten. Mehr dazu in seiner Predigt zum 28. Sonntag im Jahreskreis am 15. Oktober 2023.
Welch eine Blamage! Der König lädt zur Hochzeit seines Sohnes, lässt die Feierlichkeiten akribisch vorbereiten, sorgt für eine reich gedeckte Tafel und edle Weine – und keiner kommt. Die Gäste bleiben einfach unentschuldigt weg. Welche Verachtung, welche Undankbarkeit gegenüber dem Herrn des Landes, dem König!
Welch ein Affront! Unser König, Christus, lädt Sonntag für Sonntag mit den Worten „Tut dies zu meinem Gedächtnis“ zu seinem Hochzeitsmahl, zur Feier der Eucharistie, und es kommen – wenige, immer weniger. Vielen Getauften ist seine Einladung völlig gleichgültig. Was geht das mich an… und überhaupt, Kirche. Ich war sechs Jahr in einer Klosterschule. Was ich da an Spießigkeit und Bigotterie erlebt habe… mit Kirche bin ich fertig, so hörte ich erst diese Woche wieder. ** Zum einen hat Kirche selbst nicht wenig zu diesem Meinungsbild vorgetragen – und nicht erst seit der Aufdeckung des Missbrauchsskandals -, zum anderen darf und muss man klar sagen: es geht in der Tat nicht um die Kirche. Es darf auch der Kirche nicht exklusiv um Kirche gehen, sondern, um im Bilde zu bleiben, um den einladenden König, Christus. Das versucht gerade die Synode in Rom.
Ihnen entgeht ein toller Beitrag!
Die Kirche ist, um eine andere Metapher zu bemühen, das Instrument, durch welches Gottes Stimme ertönt, aber eben nur das Instrument. Im Zentrum eines Konzertes stehen ja nicht einzelne Instrumente, nicht die Frage, wo sie erworben wurden, ob sie billig oder teuer waren, alt oder neu sind, nein bei einem Konzert geht es um die getreue Wiedergabe der Komposition des Tonschöpfers. Die Symphonie ist sein Werk, die Musiker sind die Ausführenden seines Werkes.
Die katholische Kirche gedenkt heute der Weihe all jener Gotteshäuser, deren Weihedatum nicht bekannt ist. Sie feiert damit aber kein Haus aus Stein, Holz und Glas, sondern denjenigen, um dessentwillen dieses Haus gebaut wurde: Ihm danken wir in der Sonntagsmesse, weil er aus unbegreiflicher Liebe zu uns Menschen sein Leben am Kreuz hingab. Um ihn geht es, nicht um uns. Kirche und wir, ihre Diener, ihre Instrumentalisten, sind nur Werkzeuge, denen es aufgetragen ist, Gottes Melodie in diese Welt hineinzutragen. Das gelingt uns derzeit schlecht. Ursache? Wir beschäftigen uns zu sehr mit uns selbst, mit Strukturen, Verwaltung, wir huldigen dem goldenen Kalb der Bürokratie zu Lasten der Seelsorge. Wir tragen die Melodie Gottes nicht mehr in die Welt hinein. Diagnose: Die Welt nimmt uns wahr, aber nicht mehr Gott.
Therapie: Legen wir den Schalter um! Weg von uns, hin zu ihm: zu seiner Melodie, zu seinem Evangelium. Öffnen wir uns für Gott, für seinen Anruf, für seine Liebe. ER wartet sehnsüchtig, uns diese Liebe schenken zu können – und durch uns den Menschen einer krisengeschüttelten Zeit. Lassen wir uns von ihm infizieren und ergreifen. Wenn die Menschen spüren, dass er uns betört hat, dann wird diese unsere Begeisterung auch andere ergreifen und animieren eine neue Wegrichtung einzuschlagen: hin zu GOTT.
Bernhard Kirchgessner
Leiter Exerzitien- und Bildungshaus Spectrum Kirche Passau