
Am 26. Juli feiern wir den Festtag der heiligen Anna, Mutter von Maria, Großmutter von Jesus. Christen vertrauen auf sie als "moderne Oma", die ihre Lebens- und Glaubensweisheiten weiterschenkt. Mehr dazu von Dompropst Michael Bär in seiner Predigt zum 17. Sonntag im kirchlichen Jahreskreis am 26. Juli 2020.
Omas Weisheit!
Wir feiern den Festtag der Heiligen Anna. Anna war eine Großmutter, die Oma von Jesus, die Mutter von Maria. Wir verehren Anna aber nicht als alte Oma von gestern, an der die Zeit längst vorübergezogen ist. Wir vertrauen auf Anna als moderne Oma, die ihre Lebens- und Glaubensweisheit weiterschenkt an die Enkelinnen und Urenkelinnen. Nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern mit geballter Erfahrung, behutsam, glaubwürdig.
Sie kann wie König Salomo aus dem Schatz ihrer Weisheit schöpfen, mit ihrem hörenden Herzen hat sie die Erfahrungen eines reichen Lebens gesammelt und kann sie weitergeben.
Ihnen entgeht ein toller Beitrag!
Die Oma geht am Sonntag in die Kirche. Das gehört selbstverständlich zu ihrem Leben. Ausschlafen ist für sie keine Alternative. Wie schade wäre es in ihren Augen, die Messe links liegen zu lassen. Es wäre kein Sonntag. Diese Botschaft lebt Oma Anna. Die Oma betet das Tischgebet, den Rosenkranz. Das wissen alle im Mehrgenerationenhaus. Vielleicht klingt es manchmal ein bisschen geleiert. Aber es beruhigt. Das Gebet ist ein Gespräch mit Gott und viele werden und vieles wird ihm dabei anvertraut. Der Gesprächsfaden reißt nicht ab. Die Sprache des Himmels, die Sprache der Gläubigen ist das Gebet.
Für Enkelinnen und Enkel sind Omas ganz liebe Menschen aus einer anderen Zeit. Aber sie hören und beobachten aufmerksam, was die Oma so alt hat werden lassen. Was sie trägt bis in hohe Jahre. Wovor sie Respekt hat, welche Kontakte sie pflegt – sogar ohne Smartphone und Handy. Die Oma hat ihren Schatz, ihre Perle gefunden und erzählt, was im Leben das Wertvollste ist. Der Empfang der Heiligen Kommunion bedeutet ihr sehr viel. Es mag etwas Kleines sein, ein Stückchen Brot in die Hand gelegt. Aber sie schätzt ja auch das Kleine, das Unscheinbare in ihrem Leben, die Oma und weiß, wie wertvoll gerade das ist.
Die Oma hat ja selbst meist ein kleines Geschenk parat. Meine Omas kannte ich kaum, früh sie sind gestorben. Aber nie vergessen werde ich die Mutter meiner Mutter. Schwer krank lag sie im Bett, mich Kleinen aber lächelte sie an, reichte mir ein Gutl und sprach dabei das alte, bairische Wort: Sä. Da. Nimm! Und ich hab’s gern genommen und allein schon durch diese kleine Geste so viel von ihr gelernt.
Dr. Michael Bär,
Dompropst