„Der Narr hält sich für weise, aber der Weise weiß, dass er ein Narr ist“, so philosophierte einst der Hoffnarr Touchstone in der Komödie „Wie es euch gefällt“ des englischen Dichters William Shakespear. Mehr zum Thema Weisheit gibt es von Dompropst Dr. Michael Bär in seiner Predigt zum 20. Sonntag im Jahreskreis.
Im Buch der Sprichwörter lesen wir: 1Die Weisheit hat ihr Haus gebaut, ihre sieben Säulen behauen. 2Sie hat ihr Vieh geschlachtet, ihren Wein gemischt und schon ihren Tisch gedeckt. 3Sie hat ihre Mägde ausgesandt und lädt ein auf der Höhe der Stadtburg: 4Wer unerfahren ist, kehre hier ein. Zum Unwissenden sagt sie: 5Kommt, esst von meinem Mahl, und trinkt vom Wein, den ich mischte. 6Lasst ab von der Torheit, dann bleibt ihr am Leben, und geht auf dem Weg der Einsicht!
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Die Weisheit lädt ein, bei ihr einzukehren und an ihrem Mahl teilzunehmen, die Weisheit sozusagen mit Löffeln zu essen. Das lateinische Wort für Weisheit „sapientia“ leitet sich ab vom Verb sapere, was so viel bedeutet wie schmecken. Im Evangelium des heutigen Sonntags ist die Rede vom lebendigen Brot, das vom Himmel herabgekommen ist und das Jesus den Seinen zu Essen gibt. Er selbst ist dieses Brot. Erstkommu-nionkinder frage ich nach dem Gottesdienst gerne, wie der Leib Christi ihnen geschmeckt hat. Und sie beteuern immer, sehr gut. Weisheit ist ein Bildungsziel, ein Erziehungsziel. In der Familie und in der Schule soll es vermittelt werden. Freilich braucht es das ganze Leben, um Weisheit zu erwerben. Aufschluss darüber gibt das Märchen vom Nürnberger Trichter.
Ein junger Bursche namens Hans Wurst machte sich auf den Weg nach Nürnberg, um den Trichter zu finden und sich ganz einfach und ohne Mühe die Weisheit eintrichtern zu lassen. Er suchte bei den Eisengießern, fand ihn aber nicht. Ein Feuersalamander erzählte ihm, der König von Utopien habe ihn erworben. Doch Hans fand ihn auch dort nicht. Immer wieder traf er Menschen und Tiere, die ihm vom Trichter erzählten. Wie einem Phantom jagte er ihm viele Jahre nach, bis er schließlich wieder heimkehrte. Und siehe da. Auf seiner langen Wanderung hatte er so viel erfahren und gesehen, soviel an Wissen und Weisheit erworben, dass er den Trichter gar nicht mehr brauchte. Und wenn er nicht gestorben ist, dann lebt er heute noch, wie wir.
Und wir lernen von seinen Abenteuern, auf den Wegen und Wanderungen unseres Lebens gut hinzuschauen und hinzuhören und Weisheit für das ewige Leben zu sammeln. Unser christlicher Glaube, Jesus selber lädt uns ein zum Mahl der himmlischen Weisheit, Sonntag für Sonntag. Ein Leben lang. Greifen wir zu. Es gibt die schmackhafte Speise für das ewige Leben. Guten Appetit!
Dompropst Dr. Michael Bär