"Ite, missa est" ("Gehet hin in Frieden") heißt es am Ende einer jeden heiligen Messe, leider schlecht übersetzt, meint Dr. Bernhard Kirchgessner, Leiter Exerzitien- und Bildungshaus Spectrum Kirche Passau. Eigentlich müsste es lauten: "Geht, ihr seid jetzt gesendet!" Mehr zu unserem Sendungsauftrag als Christen erfahren Sie hier in seiner Predigt zum zum 11. Sonntag im Jahreskreis am 18. Juni 2023.
Unsere Wirtschaft kämpft mit einem großen Problem: Arbeitskräftemangel. Deshalb reisen unsere Minister, natürlich auch der Bayerische Ministerpräsident, ins Ausland, um dort Kräfte an- bzw. abzuwerben. Ist es christlich und ethisch verantwortbar, in wirtschaftlich schwachen Ländern Menschen anzuheuern, um unsere Lücken zu schließen und dort neue zu reißen? Wir baden jetzt die Folgen jener verfehlten Familienpolitik aus, die ein deutscher Kanzler mal „Gedöhns“ nannte. Wer Arbeitskräfte will, muss Familien und Kinder fördern, sonst wird aus dem Gedöhns eine Generation später ein Wehgeschrei. Wir baden auch die Folgen jener verfehlten Politik aus, in der einst alle, die nur halbwegs lesen und schreiben konnten, unbedingt das Gymnasium besuchen mussten, weil ein solider Hauptschulabschluss und ein Handwerksberuf als minderwertig galten.
Was tönst Du denn so laut!, so kann man mir entgegenhalten. Die Kirche tut doch desgleichen! Stimmt! Ihr werbt Priester aus Indien und Afrika nach Europa, in eine völlig andere kirchliche Welt, in ungewohnte Klima- und Lebensbedingungen! Ganz ehrlich: Im Vorgehen von Politik und Kirche kann ich keine Problemlösung entdecken. Im Fall der Kirche kann man ja noch sagen: Braucht es überhaupt noch viele Priester, wo doch aus den einst vielen Gläubigen deutlich weniger geworden sind? Braucht es überhaupt noch den Priester?
Ihnen entgeht ein toller Beitrag!
Schauen wir ins Evangelium dieses Sonntags. Jesus hatte Mitleid mit den vielen müden, erschöpften Menschen, die er sah und daher berief er Zwölf. Und heute hat er Mitleid mit den vielen, die er nicht mehr sieht, die Kirche und Glaube den Rücken gekehrt haben, die an burnout leiden, unter Druck stehen, keinen Sinn im Leben erkennen usw. Wir sehen: Nach wie vor ist die Ernte groß. Diesmal eher auf der anderen Seite des Flusses.
Den Erntearbeitern gilt: Geht! Nicht aufs Sofa, sondern hinaus, zu den sozial Schwachen und all jenen, deren Seele schwach und lahm geworden ist. „Ite, missa est“, leider schlecht übersetzt mit „Gehet hin in Frieden“, muss lauten „Ihr seid gesendet!“ Verkündet! Verkündet die schönste Botschaft, die jemals Menschenohren erreicht hat: Gott liebt Dich! Egal, woher Du kommst, unter welchen Umständen Du lebst, ob Du glaubst oder nicht. Gott liebt Dich so sehr, dass er in Christus für Dich stirbt, damit Du auf immer, sprich ewig, bei ihm, mit ihm, ja in ihm lebst. Heilt Kranke! Helft die Wunden zu heilen, die das Leben in den Menschen geschlagen hat. Weckt Tote auf! Bemüht Euch, was in den Menschen an Glaube, Hoffnung und Liebe abgestorben ist, zu neuem Leben zu erwecken. Macht Aussätzige rein! Sprecht denen, die von Schuld belastet durchs Leben gehen, Vergebung zu, so sie dies wünschen. Treibt Dämonen aus! Schafft Platz für das Gute, bekämpft das Böse.
Nochmal: Braucht es heute noch Priester? Ich denke, die Frage hat sich erübrigt und wir sehen: Die Ernte ist groß. „Missa est – Ihr seid gesendet!“ Es gibt wahrlich viel zu tun. Packen wir´s an!
Dr. Bernhard Kirchgessner
Leiter Exerzitien- und Bildungshaus Spectrum Kirche Passau